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Appell anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25.11.2020 (Seminar: „Gender und Gewalt in Westpapua“ der Uni Hamburg)

Das Seminar „Gender und Gewalt in Westpapua“  der Südostasien-Abteilung des Asien Afrika Instituts der Universität Hamburg hat anlässlich des „Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ am 25. 11. 2020 gemeinschaftlich ein Positionspapier verfasst, das auf die schwierige und dramatische Situation der Frauen und Mädchen in Westpapua aufmerksam macht.

Von der seit über 50 Jahren andauernden Gewalt und den Menschenrechtsverletzungen im östlichsten Teil Indonesiens erfahren wir wenig. Noch weniger ist über die vielfältigen Formen von Gewalt, der die Frauen dieses Gebiets ausgesetzt sind, bekannt. Mit diesem Appell wollen wir eine Tür aufstoßen und öffentliches Interesse wecken, in dem Bewusstsein, dass erst, wenn alle Frauen dieser Welt frei und gleich sind, Geschlechtergleichheit möglich ist.

Marion Struck-Garbe

(Lehrbeauftragte Südostasien-Abteilung und Beiratsmitglied des Westpapua-Netzwerkes)

 

 

Appell anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25.11.2020

Das Seminar „Gender und Gewalt in Westpapua“ möchte anlässlich des Inter­nationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen auf die dramatische Situation der Frauen in Indonesiens östlichen Provinzen Papua und West-Papua aufmerksam machen.

Dort herrscht seit 1969 ein gewalttätiger Konflikt zwischen der Zentral-Regierung und der lokalen Bevölkerung. Die Regierung versucht das Streben der einheimischen Bevölkerung nach Selbstbestimmung mit zumeist brutaler Polizei- und Militärgewalt zu unterdrü­cken. Im Zusammenhang mit diesen politischen Konflikten erleben Frauen vielfältige Formen von staatlicher Gewalt.

Wenn ihre Ehemänner oder andere Mitglieder der Familie als der Widerstands­bewegung zugehörig verdächtigt werden, müssen sie bei Befragungen oftmals schwere Folterungen, Inhaftierung, Vergewaltigung und sexuellen Missbrauch aus­halten. Zudem werden sie gezwungen, mit anzusehen, wie Mitglieder ihrer Familie getötet werden oder wie ihr Eigentum in Flammen aufgeht. Meist fliehen sie dann mit ihren Kindern in den angrenzenden Urwald, wo sie unter entbehrungsreichen Bedingungen ausharren. Bis heute gibt es für sie weder  Aussicht auf Gerechtigkeit noch soziale oder medizinische Unterstützung, ganz zu schweigen von Traumaheilung.

Auch wenn Frauen Opfer von häuslicher Gewalt werden, haben sie Schwierigkeiten beim Zugang zu Justiz und Gesundheitsdiensten. Versuche, Gerichtsverfahren gegen die Täter einzuleiten, sind häufig durch das Fehlen persönlicher Dokumente erschwert, zudem werden Täter sehr selten verurteilt. Aus Scham und Angst sprechen viele Opfer nicht über die an ihnen ausgeübte Gewalt. Sie haben oft kein Vertrauen gegenüber dem Staat und der Polizei.

Strukturelle Gewalt in Form von ökonomischer und sozialer Marginalisierung verhindert die Umsetzung der per Gesetz geregelten Gleichheit zwischen Männern und Frauen. Die meisten Gemeinden sind patriarchalisch organisiert und Frauen verfügen generell nur über einen niedrigen sozialen Status. Ihre Lebenserwartung ist niedriger als die der Männer; sie müssen eine übermäßige Arbeitslast tragen, sind schlecht ernährt und haben eine schlechtere Schul­bildung. Sie bestellen das Land für die Ernährung ihrer Familien, sind aber vom Recht auf Land ausgeschlossen.

Kirchliche Frauengruppen, NGOs wie Papua Women Working Group, Asia Justice and Rights (AJAR),  Elsham (Menschenrechtsorganisation) oder Women Working Group of Papuan People‘s Assembly sammeln Daten und versuchen, mit Schmerzverarbeitungs- und Empowerment-Programmen den Frauen zu Gerechtigkeit und Selbstvertrauen zu verhelfen. Das ist jedoch ein langer und schwieriger Weg in dem unzugänglichen Land.

Das Seminar will mit diesem Aufruf am internationalen Gedenktag das öffentliche Interesse auf die Gewalt gegen Frauen in Westpapua lenken, die weit davon entfernt sind, in den vollen Genuss ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten zu kommen. Zu wenig wissen wir darüber, zu wenig wird darüber berichtet und damit ändert sich zu wenig für sie. Wir wollen spezifisch und exemplarisch das Leid von Frauen öffentlich machen und zugleich den Kampf um die Rechte der Frauen voranbringen. Unser Einsatz für die Demokratisierung der Geschlechterbeziehungen, die Selbstbe­stimmung und das Wohlergehen von Frauen ist universell und noch längst nicht zu Ende.