Die Entwicklungen der letzten Wochen und Tage zeigen eine fortschreitende Eskalation des bewaffneten Konflikts und der damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen im Landkreis Puncak, Provinz Papua.
Sicherheitskräfte haben am 27. April 2021 eine massive Militäroperation im Landkreis Puncak, Provinz Papua, gestartet. Die Operation folgte auf die Ermordung des papuanischen Geheimdienstchefs und der anschließenden Rede von Präsident Joko Widodo, in der er der nationalen Polizei und dem Militär den Befehl gab, alle Mitglieder bewaffneter krimineller Gruppen in Westpapua zu finden und zu verhaften. Die Operation der Sicherheitskräfte veranlasste Dorfbewohner aus vier Bezirken in Puncak aus ihren Häusern zu fliehen und in nahe gelegenen Kirchen Schutz zu suchen. Unterdessen verlegt das indonesische Militär zusätzliche Truppen in die Konfliktherde im zentralen Hochland Papuas. Es wird angenommen, dass sich der bewaffnete Konflikt in den Landkreisen Puncak und Intan Jaya in den kommenden Wochen verschärfen wird. Menschenrechtsgruppen befürchten weitere Menschenrechtsverletzungen in den Kampfgebieten.
Nach Angaben lokaler Informanten setzte das Militär bei dem Einsatz drei Hubschrauber ein. Eine auf sozialen Medien hochgeladene Aufnahme zeigt, wie Soldaten während der Razzia aus einem Hubschrauber heraus ein automatisches Gewehr abfeuern (siehe Foto). Hunderte Bewohner aus 19 Dörfern in den Distrikten Ilaga (Dörfer Tagaloa, Wuloni & Tuwunikime), Ilaga Utara (Dörfer Maki, Akonobak, Paluga, Palumbur, Olenki, Duagi & Mayuberi), Gome (Dörfer Upaga, Efesus, Tegelobak & Misimaga) und Gome Utara (Dörfer Tobenggi I, Tobenggi II, Mundidok I, Mundidok II & Welenggaru) flohen Berichten zufolge aus ihren Häusern und versteckten sich in nahegelegenen Kirchen. Binnenvertriebene (IDPs) aus den Distrikten Ilaga Utara und Ilaga flohen in die größte Stadt des Landkreises Puncak, Kimak, und die Dörfer Kimak, Kago 1, Kago 2, Wilembur und Jenggerbaga, während IDPs aus Gome und Gome Utara in der Stadt Gome und dem Dorf Tanah Merah Schutz suchten. Nach Angaben des Sozialministeriums in Puncak suchen derzeit 653 Binnenflüchtlinge (IDPs) im lokalen Regierungskomplex in Puncaks größter Stadt Kimak Schutz. Es wird vermutet, dass sich tausende indigene Dorfbewohner aus den Distrikten Mabugi und Ilaga Utara in Kirchen und den Wäldern verstecken.
Regierungsmitarbeiter sagen, dass die IDPs in Kimak angeblich aus den Distrikten Mabugi, Ilaga Utara und Ilaga (Dörfer Wuloni, Tagaloa, Kalebut & Kimak) stammen. Die lokale Regierung hat angeblich sieben Zelte im Regierungskomplex in Kimak aufgestellt und Reis und Instantnudeln für die Binnenvertriebenen bereitgestellt. Sie benötigen weitere humanitäre Hilfsgüter, da nicht klar ist, wann die Konfliktsituation im Landkreis Puncak es den Binnenvertriebenen erlaubt, in ihre Dörfer zurückzukehren.
In der Zwischenzeit sind Berichten zufolge die meisten Bewohner der Distrikte Mabugi und Ilaga Utara aus ihren Häusern geflohen. Nach Angaben der Regierung leben etwa 3.000 Menschen im Bezirk Mabugi und 3.000 im Bezirk Ilaga Utara. Die Gesamtzahl der Bewohner in den Dörfern Tagaloa und Kimak, Distrikt Ilaga, wurde auf 800 bis 900 Bewohner in jedem Dorf geschätzt.
Das Sozialamt in Puncak geht davon aus, dass sich nur Einheimische mit Geld für die Flucht nach Kimak entschieden haben. Gleichzeitig wird vermutet, dass sich die Mehrheit der Binnenvertriebenen in Kirchen und im Wald versteckt. Viele Bewohner aus Mabugi und den Dörfern Paluga und Akonobak (Distrikt Ilaga Utara) haben Berichten zufolge Schutz in einer örtlichen Kirche im Dorf Bologobak gesucht. Diejenigen Binnenvertriebenen, die sich ein Flugticket leisten konnten, flohen in die Bezirke Mimika und Nabire.
Die Situation in den meisten Teilen des Landkreises Puncak ist angespannt und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt, da sowohl die TNI als auch die TPN PB in Alarmbereitschaft sind, um sich bewaffnete Kämpfe zu liefern. Die jüngsten Zusammenstöße wurden am 13., 12. und 11. Mai 2021 gemeldet. Ein Mitglied der TPN PB wurde Berichten zufolge bei Zusammenstößen im Dorf Wuloni am 13. Mai 2021 getötet. Am selben Tag kam es auch zu Feuergefechten in den Dörfern Tegelobak und Upaga im Distrikt Gome. Weitere bewaffnete Zusammenstöße fanden am 11. Mai im Dorf Tagaloa, Distrikt Ilaga, und am 12. Mai 2021 im Dorf Gome, Distrikt Gome, statt.
Die TPNPB-OPM berichtet von weiteren Militäroperationen aus dem Distrikt Ilaga im Landkreis Puncak am 15. und 16. Mai 2021. Von diesen sollen laut Berichten mehrere Dörfer betroffen gewesen sein. Hierbei soll es erneut bei einem Luftangriff zu dem Einsatz von drei Militärhubschraubern gekommen worden sein. Desweiteren berichtet die TPNPB-OPM von Brand- und Bombenanschlägen auf das TPNPB-OPM Hauptquartier sowie von der mutmaßlichen Zerstörung von Häusern und Kirchen durch indonesische Militärangehörige.
Das indonesische Militär verlegt derzeit zusätzliche Truppen in das zentrale Hochland Papuas, um die TPN PB zu bekämpfen. Nationale Medienquellen berichteten, dass mehr als 400 Soldaten des Militärkommandos KODAM XIII Merdeka von Nordsulawesi für neun Monate in den Landkreis Nduga entsandt werden. Vierhundert Soldaten des Militärbataillons 521 in Ost-Java werden Mitte Mai 2021 in Paniai, Dogoyai, Deiyai, Intan Jaya und Puncak Jaya eingesetzt. Bereits am 14. April 2021 sind 450 Kämpfer des Infanteriebataillons Raider 316 Raja Alam nach Westpapua aufgebrochen. Sie werden die Grenze zu Papua-Neuguinea bewachen und in dem Landkreis Puncak Jaya dienen.