Westpapua ist die östlichste Region Indonesiens bestehend aus den Provinzen Papua, Hochland-Papua, Zentral-Papua, Süd-Papua und Papua Barat. 1962 wurde die Region nicht wie von der lokalen Bevölkerung erhofft nach der Phase der niederländischen Kolonialzeit unabhängig, sondern wurde Indonesien angegliedert. Die folgenden Jahrzehnte waren von Widerstand der indigenen Bevölkerung gegen die indonesische Verwaltung und Repression durch indonesische Sicherheitskräfte geprägt. Seit 1970 kommt es zu massiver Transmigration von Indonesiern anderer Landesteile nach Westpapua, die die Zusammensetzung der Bevölkerung deutlich verändert hat. Indigene Papuas, die sich als Teil des pazifischen Kulturraums der Melanesier sehen, machen heute nur noch geschätzte 40% der ca. 4.3 Millionen Einwohner aus.[1]
Trotz der Vielfältigkeit der Bevölkerung Westpapuas mit über 250 indigenen Bevölkerungsgruppen mit eigenen Sprachen und Traditionen eint die Papuas ihre Erfahrungen mit Diskriminierung und Ungleichbehandlung.
Die 1945 in Kraft getretene Verfassung von Indonesien orientiert sich an dem Staatsmotto „Einheit in Vielfalt“ und verankert den Schutz der Menschenrechte in der nationalen Verfassung. Auch in dem Gesetz 21/2001 über die Sonderautonomie Westpapuas finden die Menschenrechte bereits an zweiter Stelle Erwähnung und den Papuas werden „Menschenrechte, religiöse Werte, Demokratie, Recht, kulturelle Werte (…) und das Recht (…), die Ergebnisse der Entwicklung gerecht zu genießen“ zugesprochen. Die mangelhafte Umsetzung dieser rechtlich national geförderten Menschenrechte hin zu national geschützten Menschenrechten in Westpapua wird von den Papuas seit Jahren kritisiert. Sie fordern den Schutz ihrer bürgerlichen und politischen Rechte, wie das Recht auf Gesundheit, Gleichheit vor dem Gesetz und Meinungs- und Versammlungfreiheit.
Westpapua ist innerhalb Indonesiens wie auch weltweit eine der an Bodenschätzen reichsten Regionen. Gold, Kupfer und andere Erze, Gasvorkommen, tropische Hölzer und das Potential für große Agrarflächen machen den Standort für nationale und internationale Bergbau- und Agrarkonzerne besonders reizvoll und verstärken das starke wirtschaftliche und damit einhergehende politische Interesse an Westpapua. Die Papuas kritisieren den wirtschaftspolitischen Ansatz in Westpapua, von dessen Vorteile sie selbst meist am wenigsten profitieren und fordern eine Entwicklung, die sie mit einbezieht.
Diese gegensätzlichen Bestrebungen prallen seit 60 Jahren in Form eines bewaffneten Konflikts[2] in Westpapua zusammen, auf deren gegenüberliegenden Seiten die indonesische Regierung und die Freiheits- und Unabhängigkeitskämpfer in Westpapua (TPNPB-OPM) stehen. Dieser bewaffnete Konflikt führt seit Jahren zu einer Vielzahl an Menschenrechtsverletzungen – mit Opfern auf beiden Seiten – , der anhaltenden Stationierung von Militär in Westpapua und Binnenflüchtlingen, die im eigenen Land auf der Flucht vor dem bewaffneten Konflikt sind.
Der Zugang nach Westpapua ist seit Jahren für Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen eingeschränkt und eine unabhängige Dokumentation der Situation vor Ort durch Vertreter der UN derzeit nicht möglich. So steht z.B. seit längerer Zeit ein verbindlicher Termin für einen Besuch des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Westpapua aus.
Ein friedlicher Konfliktlösungsprozess wird seit Jahren von unterschiedlichen nationalen und internationalen Akteuren gefordert. Hier äußern insbesondere die Papuas immer wieder den Wunsch, dass dieser Dialog von einer neutralen dritten Partei wie der UN geleitet werden sollte.
[1] Eine Volkszählung im Jahr 1971 zählte 923.000 Einwohner. 96% davon waren indigene Papuas und nur knapp 4% nicht-papuanischer Abstammung.
[2] Definition: Erscheinungsformen zwischenstaatlicher Anwendung von Waffengewalt, bei dem eine der Konfliktparteien oder beide Konfliktparteien keine Völkerrechtssubjekte sind.