Jugendlicher von Brimob Polizisten erschossen
Ein Schüler der Oberstufe wurde am Morgen des 27. August in Sugapa im Landkreis Intan Jaya im Hochland Papuas von Brimob Mitgliedern (mobile Brigade der Polizei) getötet. Otinus Sondegau hatte mit Freunden auf der Straße Alkohol konsumiert als die Brimob Polizisten gerufen wurden. Sie jagten ihn und andere durch die Straßen und erschossen Sondegau vor seiner Haustür. Ein anderer Jugendlicher erlitt Berichten zufolge eine Schussverletzung an der Hand. Andere konnten den Kugeln knapp entkommen. Bewohner brannten als Reaktion auf die Tat die örtliche Polizeistation nieder.
Dies ist der schwerwiegendste Fall in einer Reihe von Ereignissen in der Brimob Polizisten verwickelt waren, seit diese vor einigen Jahren vor Ort stationiert wurden. Berichten zufolge würden junge papuanische Männer mehrfach Opfer von Schlägen und Schüssen. Dies geschehe meist nicht wegen etwaiger Mitwirkung in politischen Bewegungen, sondern aufgrund von willkürlicher Aggression der Polizei oder wegen kleiner, alltäglicher Vergehen wie öffentliche Trunkenheit oder Bettelei. Für rassistisch-motivierte Gewalt werden Polizisten selten zur Rechenschaft gezogen.
Der Bericht eines örtlichen Menschenrechtsaktivisten vom 28. August beinhaltet folgenden Tathergang:
Am 27. August um 10 Uhr saßen vier Schüler der Oberstufe, Noverianus Belau, Luter Japugau, Hans Belau und Otinus Sondegau neben der Trans-Papua Straße in Sugapa. Ein Motorradtaxi hielt in der Nähe, um einen Passagier abzusetzen. Die Jugendlichen waren angetrunken und baten den Fahrer um eine Zigarette. Dieser fand ihr Verhalten inakzeptabel und holte die Polizei. Fünf Brimob Beamte kamen sofort zum Aufenthaltsort der Jugendlichen. Ein hitziges Wortgefecht entwickelte sich und als Reaktion auf die Wut der Jugendlichen holten die Polizisten ihre Waffen hervor und drohten, die Männer zu erschießen. Zwei konnten sich in Sicherheit bringen. Nope Belau rannte Richtung Jalae, wurde aber an der Hand getroffen. Er wurde bis zum Zeitpunkt des Berichts vermisst.
Otinus Sondegau rannte zu seinem Haus, angeblich, um Pfeil und Bogen zu holen. Die Brimob Beamten verfolgten ihn und fingen an, in seine Richtung zu schießen. Vor seiner Haustür wurde er vier Mal getroffen: die erste Kugel traf ihn im Rücken und durchdrang seine Brust. Die zweite Kugel trat durch seine Brust ein, dann wurde er weitere zwei Male im Rücken getroffen. Er erlag auf seiner Türschwelle seinen Verletzungen.
Die Familie und Nachbarn des Opfers reagierten indem sie die Polizeistation Sugapas komplett niederbrannten. Einige Frauen brachten den Leichnam von Otinus Sondegau zum Wohnsitz des Landrats und forderten, dass dieser und der Polizeichef von Intan Jaya die Verantwortung für die Tat übernehmen.
Zum Zeitpunkt des Berichts war die Situation in Sugapa noch immer sehr angespannt.
Ein anderer Bericht basiert auf Aussagen von Familienmitgliedern des Opfers und wurde auf der Nachrichtenseite suarapapua.com veröffentlicht. In den Hauptpunkten stimmt er mit der Beschreibung des anderen Berichts überein. Jedoch wird hier berichtet, dass zwei Brimob Beamte zuerst zum Aufenthaltsort der Jugendlichen kamen und sofort anfingen, diese anzugreifen. Die Schüler reagierten, indem sie Steine nach den Polizisten warfen. Die Polizisten feuerten ihre Waffen in die Richtung der Jugendlichen, trafen jedoch nicht. Ein örtlicher (nicht-Brimob) Polizist versuchte zu schlichten indem er sagte “Wir kennen diese Jungs. Wir werden das Problem lösen, lasst die Polizei das machen“. Diese Bitte wurde anscheinend ignoriert. Die Brimob Beamte fuhren zu ihrer Unterkunft um Verstärkung zu holen, kamen zu acht, voll bewaffnet auf vier Motorrädern zurück und verfolgten die Jugendlichen.
Nachdem Otinus Sondegau niedergeschossen worden war, schossen die Brimob Beamten weiter wild um sich und trafen dabei beinahe unbeteiligte Umstehende. Sie gingen erst fort, als der Militärrepresentant des Dorfes (Babinsa) sie bat aufzuhören und anbot, eine Lösung zu finden.
Diese Art von Vorfällen ist alltäglich in Westpapua. Polizisten und Soldaten reagieren auf belanglose Verstöße gegen die öffentliche Ordnung häufig mit unverhältnismäßig extremer Gewalt. Meistens sind die Opfer Jugendliche und junge Männer. In Sugapa hatte ein ähnlicher Vorfall zwei Tage zuvor stattgefunden: Am 25. August versuchten zwei Männer Brennholz an Arbeiter der Straßenbaufirma PT Tigi Jaya Permain zu verkaufen. Die Arbeiter wollten das Brennholz nicht, ein Streit fing an und Brimob Polizisten wurden gerufen. Als diese ankamen, feuerten sie drei Schüsse auf die zwei Männer, die jedoch nicht verletzt wurden und sich in Sicherheit bringen konnten.
Melianus Duwitau, ein örtlicher Menschenrechtsaktivist sagte in einem Interview mit suarapapua.com: “Bevor die Brimob hierhin kam, lebten die Menschen viel sicherer. Es gab selten Fälle bei denen die Sicherheitskräfte von der Schusswaffe Gebrauch machten. Im Großen und Ganzen hatten sowohl die Beamten der örtlichen Polizeistation als auch die Soldaten der Militärbasis eine gute Kommunikation mit den Bewohnern aufgebaut. Seit die Brimob Einheit angekommen ist, gibt es immer mehr Fälle unmenschlicher Gewalt.“
So erschossen am 29. September 2014 Brimob Beamte den 22-jährigen Seprianus Jupugau. Benyamin Agimbau (30) wurde an diesem Tag schwer verletzt, als er mit Gewehrkolben zusammengeschlagen wurde. Bei diesem Vorfall auf dem Yokatapa Fußballfeld wurden auch zwei Brimob Beamte verletzt. Die Täter wurden nie vor Gericht gestellt.
Am 16. März 2014 versuchten Brimob Polizisten, die das Haus des Landrats in Tigamajigi bewachten, Studenten einzuschüchtern, die eine friedliche Demonstration gegen den langsamen Fortschritt der örtlichen Politik veranstalteten. Dabei wurden vierzehn Studenten verletzt. Die Brimob Wachen eröffneten auch das Feuer aber keiner der Studenten wurden von den Gewehrkugeln getroffen.
Am 7. März 2015 waren zwei Brimob Beamte auf einem Motorrad bei Dunkelheit ohne Scheinwerfer unterwegs, nachdem sie nahe dem Sugapa Flughafen Alkohol konsumiert hatten. Als drei junge Männer sie deswegen tadelten, griffen die wütenden Brimob Polizisten diese an. Die Opfer trugen Verletzungen an den Lippen und den Augen, sowie gebrochene Zähne davon.
Am 1. Juli 2015 wurde Missael Maisini von Brimob Offizieren zusammen geschlagen. Auch Maksimus Magizimijau wurde Mitte 2015 von Brimob Beamten gefoltert und mit Gewehrkolben geschlagen.
Foto: Der Leichnam von Otinus Sondegau (Quelle: Örtlicher Aktivist)