Geschichte: 1998 bis 2010

6.6.1998 Nach einer Flaggenhissung auf dem Wasserturm in Biak richten aus Ambon eingeflogene Einheiten der Mobilen Brigade der Polizei in Biak ein Blutbad an. Danach Gründung des FORERI, eines Forums aller führenden Papua, um die Basis für einen Dialog mit der ind. Regierung zu schaffen.
26.2.1999 Empfang von 100 Papua-Vertretern durch Präsident Habibie in Jakarta. Tom Beanal fordert in einer Erklärung, die von allen 100 unterschrieben wurde, die Unabhängigkeit West Papuas. Die Begegnung zählt als der Beginn eines „Nationalen Dialogs“, der aber nie fortgesetzt wurde.
1999/2000 Lockerung der Situation und Gewährung mancherlei Freiheiten unter Präsident Abdurrahman Wahid, unter anderem Erlaubnis zur Hissung der Morgensternflagge zusammen mit der indonesischen Flagge. Die Erlaubnis wird schon im September 2000 zurückgezogen. Im Oktober muss Präsident Wahid zurücktreten. Die Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri übernimmt das Amt.
29.5.2000 Kongress der Papua in Jayapura. Wahl eines Papuarates und seines Präsidiums. Der Rat besteht aus ca. 500 Mitgliedern, die regional sog. „Panel“ bilden. Der Kongress beauftragt das Präsidium, auf friedlichem Wege durch nationalen und internationalen Dialog auf eine Unabhängigkeit Papuas von Indonesien hinzuarbeiten.
Aug.-Dez.2000 Schwere Unruhen in Sorong, Wamena und Abepura und an anderen Orten, oft anlässlich einer Flaggenhissung. Im ganzen Land werden mindestens 80 Personen von Polizei und Militär erschossen.
Okt. 2000 Megawati Sukarnoputri, die Tochter des Staatsgründers Sukarno, löst Präsident Abdurrahman Wahid ab. Für Papua beginnt damit nach dem politischen Frühling wieder eine Eiszeit.
13.6.2001 Mord an fünf Polizisten und einem Mitarbeiter einer Holzfirma in Wondiboi (bei Wasior) an der Wandamenküste. Der Fall löste eine große Militäraktion aus, bei der es zu vielen Toten kam und zahlreiche Dörfer niedergebrannt wurden. Die ind. Menschenrechtskommission (Komnas Ham) ließ diesen Fall untersuchen.
10.11.2001 Ermordung des Vorsitzenden des Präsidiums, Theys H. Eluay, und seines Fahrers durch Kopassus-Soldaten.
2001 Der Polizeipräsident von West Papua, der Balinese I Made M. Pastika stößt eine Polizeireform an, nach der vorwiegend einheimische Papua ausgebildet und eingesetzt werden sollen. Wegen seiner Versetzung im Jahr 2002 bleibt die Reform stecken.
Juni 2001 Geiselnahme von zwei belgischen Touristen/Fotografen in Ilaga.
1.1.2001 Inkrafttreten eines Gesetzes Sonderautonomie für West Papua (Gesetz Nr. 21/2001) Die Bestimmungen des Gesetzes werden nur halbherzig umgesetzt.
Feb. 2002 Gründung eines Adatrates. Tom Beanal wird zum Vorsitzenden gewählt. Mitglieder des Adarates und des früheren Präsidiums sind identisch.
31.8.2002 Überfall einer bewaffneten Gruppe auf zwei Kleinbusse des Bergbauunternehmens Freeport in der Nähe der Minenstadt Tembagapura. Zwei amerikanische und ein indonesischer Lehrer der internationalen Schule sterben, 10 Personen werden verletzt, unter ihnen Amerikaner und Indonesier. Die Polizei stößt auf Indizien dafür, dass die berüchtigten Sondereinheiten Kopassus hinter dem Überfall stehen. Schwere Belastung des Verhältnisses Indonesien – USA.
21.9.2002 Internationaler Friedenstag: Erster Friedensmarsch aller Religionen in Jayapura (Protestanten, Katholiken Muslime, Hindu Buddhisten).
27.1.2003 Präsidentenerlass (Inpres) Nr. 1 / 2003 zur Beschleunigung der Aufteilung Papuas in drei Provinzen. Heftige Debatten in den Zeitungen: Die Präsidentin verletzt mit dem Erlass das Gesetz zur Sonderautonomie.
4.4.2003 Einbruch in das Waffenlager des Militärs in Wamena durch Unbekannte. Der Einbruch führt zu einer brutalen Militäraktion gegen die Bevölkerung in der Umgebung von Wamena ( Kurawagi), bei der mindestens 11 Menschen erschossen wurden. Die ind. Menschenrechtskommission (Komnas Ham) ließ diesen Fall untersuchen.
23.-25.8.2003 Straßenschlachten in Timika anlässlich des Versuchs von Regierungsbeamten, die Provinz Mittel-Irian-Jaya auszurufen. Die Unruhen fordern fünf Tote. Die Provinz Mittel-Irian-Jaya kommt vorläufig nicht zustande.
10.12.2003 Die Yale Law School in New Haven /USA legt eine Studie vor, die zu dem Schluss kommt, dass „die ind. Regierung …die Konvention zur Verhinderung und Bestrafung von Genozid von 1948 verletzt hat.“
7.9.2004 Der Menschenrechtler und Begründer der NGO Kontras Munir wird auf einem Flug nach Singapur von einem Mittelsmann des ind. Geheimdienstes vergiftet.
14.9.2004 Der Mord an Pfr. Elias Tabuni durch ind. Sicherheitskräfte löst den Mulia-Konflikt aus, der zu einer Militäroperation der ind. Armee gegen die Bevölkerung führt. 5000 Menschen fliehen in die Wälder.
Sept.2004 Präsident Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) wird in direkter Wahl vom Volk gewählt. Es ist eine Stichwahl, in der er sich gegen Megawati Sukarnoputri, durchsetzt. Der erste Wahlgang, bei dem sich fünf Kandidaten zur Wahl stellten, fand am 5. Juli statt.
26.12.2004 Ein Tsunami überflutet die Küsten von Aceh und Nias, mehr als 200.000 Tote.
Mai 2005 Filep Karma und Yusak Pakage werden zu 15 bzw. 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Sie hatten bei einer Kundgebung in Abepura am 1. Dezember 2004 für wenige Minuten eine Morgensternflagge gehisst. Amnesty International akzeptiert die beiden in der besonderen Liste der politischen Gefangenen.
8.-9.9.2005 Freispruch des Menschenrechtsgerichtshofes Makassar nach seinem ersten Prozess: die Polizeioffiziere Daud Sihombing und Johnny Wainal Usman waren angeklagt als Verantwortliche für Folter an 20 Menschen (z.T. mit 4x Todesfolge) und Mord an drei Menschen durch die ihnen unterstellten Polizeitruppen am 7.12.2000 in Abepura. Das Urteil wirkte in Papua wie ein Schock.
31.10.2005 Einsetzung des Volksrates der Papua (MRP = Majelis Rakyat Papua) entsprechend dem Gesetz zur Sonderautonomie. Trotz massiver Einflussnahme des indonesischen Militärs ist die Mehrheit wohl nicht Jakarta-hörig. Zum Vorsitzenden wird der katholische Theologe Agus Alua gewählt.
28.Okt.2005 Unterschrift des Präsidenten unter die Internationalen Verträge zu Menschenrechten: Zivile und politische Rechte (ICCPR) und Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (ICESCR).
15.11.2005 In Den Haag/Niederlande Übergabe der Studie von Prof. Dr. P.J.Drooglever an die Öffentlichkeit: Drooglever hatte im Auftrag der Niederländischen Regierung die Umstände der Übergabe West-Papuas an Indonesien in den Jahren 1962 bis 1969 historisch untersucht.
10.3.2006 Gouverneurswahl in der „Restprovinz“ Papua. Erstmals wird der Gouverneur direkt vom Volk gewählt.
11.3.2006 Gouverneurswahl in der abgespalteten Provinz „West-Irian-Jaya“, trotz vieler Proteste der Papua und vor allem trotz Protest des MRP. Damit geschieht wieder eine eklatante Verletzung des Autonomiegesetzes.
16.3.2006 Demonstration von Studenten mit der Forderung, die Freeport-Mine zu schließen. Es kommt zu Kämpfen mit der Polizei, vier Polizisten und ein Militär werden von Demonstranten getötet. Zahlreiche Studenten werden von der Polizei gesucht, viele fliehen nach PNG.
März 2006 Die australischen Behörden erteilen 42 West-Papua-Flüchtlingen auf ihren Asylantrag hin eine begrenzte Aufenthaltsgenehmigung. Diese Entscheidung führt zu einer schweren politischen Krise des Verhältnisses der beiden Länder.
Sept. 2006 (Schau)Prozesse gegen die Demonstranten vom 16. März 2006 mit durch Folter erzwungenen Geständnissen.
Juni 2007 Besuch von Hina Jilani, Sonderbeauftragte der UNO für Menschenrechtsverteidiger, in Indonesien (5. bis 12. Juni). Sie besuchte auch Papua.
18.10.2007 Verhaftung des Menschenrechtlers Sabar O. Iwanggin. Er war monatelang inhaftiert. Am 7.1.2008 begann in Jayapura ein Strafprozess gegen ihn, der sich monatelang hinschleppte.
Nov. 2007 Besuch von Manfred Nowack, Sonderbeauftragter der UNO für Folter, in Indonesien vom 10. bis 25. 11. Besuch auch in Papua.
Nov. 2007 Erlass des Präsidenten PP 77/2007 zum Verbot separatistischer Symbole.
Dez. 2007 UN-Klimagipfel in Bali.
2008 Flaggenhissungen in Fakfak, Timika (23.9.), Wamena (9.8.), Manokwari.
April 2008 Choleraepidemie im Kamu-Tal (Distrikt Monimani) mit 300 Toten, hält bis zum Ende des Jahres an.
1.6.2008 Tod von Corinus Berotabui, Präsident der GKI.
August 2008 Verordnung von vier Ministerien zur Abschaffung des Sonntags als Feiertag. Großdemonstration in Jayapura: „Pancasila Yes – Sharia No“, organisiert vom Forum Kommunikasi Kristen Indonesia Prov. Papua.
Okt. 2008 Prozesse in Manokwari gegen Jack Wanggai und 11 weitere Personen, die bei einer Demonstration eine Morgensternflagge gehisst haben sollen.
Januar 2009 Ein Pornographiegesetz in Indonesien erregt Aufsehen.
13.2.2009 Der menschenrechtsbeauftragte der BRD, Günther Nooke, in Indonesien. Die Weiterreise nach Papua wird ihm verweigert. Vor der Botschaft der BRD in Jakrta demonstrieren Papuas.
20.3.2009 Nicolaas Jouwe besucht Papua. Ein jahr später siedelt er endgültig aus den Niederlanden nach Papua über.
9.4.2009 Parlamentswahlen in Indonesien, Unruhen in Papua (Tote in Nabire, Jayapura und Wamena, Brand im Uni-Gebäude).
26.4.2009 Parlamentswahlen in Indonesien, Unruhen in Papua (Tote in Nabire, Jayapura und Wamena, Brand im Uni-Gebäude).
Juni 2009 Schießereien von Unbekannten auf Fahrzeuge von Freeport beginnen und setzen sich fort bis 2010.
8.7.2009 Direkte Wahl des Präsidenten in Indonesien, Susilo Bambang Yudhoyono gwinnt die Wahl mit 61% aller Stimmen. Sein Vizepräsident ist Boedino.
17.5.2009 Dorf und Flugfeld Kapeso am Mamberamo werden von Unbekannten besetzt. Die Morgensternflagge wird gehisst.
Am 6. Juni beenden indonesische Sicherheitskräfte die Besetzung. Es gibt mehrere Tote.
Juli 2009 Zum ersten Mal verlässt ein Tanker mit Flüssiggas die Bintunibucht. Nach sechs Jahren Bauzeit beginnt die Förderung im Tangguh-Projekt von British Petroleum.
16.12.2009 Der Freiheitskämpfer Kelly Kwalik wird von indonesischen Sicherheitskräften ermordet.
17.1.2010 Das große Agrarprojekt MIFEE (Merauke Integrated Food and Energy Estate) wir von Präsident SBY offiziell eröffnet. 1,6 Mill. Hektar Land sollen als Agrobusiness genutzt werden. Das Großunternehmen Rajawali beginnt Verhandlungen mit der Bevölkerung über die Abgabe von traditionellem Land.
Juli 2010 Yusak Pakage wird aus der Haft entlassen. Im Mai 2005 war er zu einer 10-jährigen Haftstrafe wegen des Hissens der Morgensternflagge verurteilt. Mit Filep Karma wurde er von amnesty international als Prisoner of Conscience adoptiert.
8./9.7.2010 Mit einer Großdemonstration in Jayapura geben die Papua symbolisch das Sonderautonomiegesetz zurück.
September 2010 In Genf erscheint der erste Menschenrechtsbericht, herausgegeben vom FBN (Faith Based Network on West Papua), der die einen Überblick über die Situation der Menschenrechte des Jahres 2009 bietet.
Oktober 2010 Über das Videoportal YouTube wird ein Foltervideo verbreitet. Indonesische Militärs foltern zwei gefesselt am Boden liegende Papua mit Messern, brennenden Zigaretten, Gewehrläufen und brennenden Holzscheiten. Im Januar 2011 werden die Täter wegen eines Disziplinarvergehens zu acht- bis zehnmonatigen Haftstrafen verurteilt.
4.10.2010 Flutkatastrophe in Wasior als Folge unkontrollierter Abholzung: Mehr als 230 Tote und über 500 Verletzte.
21./22.11. 2010 Präsident SBY besucht mit einer großen Delegation Papua. Schwerpunkt der Reise war die Stärkung der lokalen Wirtschaft. Die Regierung in Jakarta ist immer noch der Meinung, durch Forcierung der wirtschaftlichen Entwicklung die Probleme der Papuas zu lösen.
März 2011 Die indonesische Regierung kündigt die Errichtung von UP4B an (Unit untuk Percepatan Pembangunan di Papua dan Papua Barat = Unit zur Beschleunigung der Entwicklung in Papua und West Papua). Die Gruppe wird geleitet von General Bambang Darmono. Viele führende Papua lehnen die Gruppe ab.
7.4.2011 Plötzlicher Tod von Agus Alua, dem Vorsitzenden des MRP (Majelis Rakyat Papua = Papua Volksversammlung).
Mai 2011 Die HIV-AIDS-Kommission (Kostan Karma) berichtet über einen dramatischen Anstieg von HIV-Infektionen. 17.000 Menschen sind als Infizierte offiziell erfasst, die Dunkelziffer liegt mindestens 10x höher.
14.7.2011 Friedenskonferenz des Friedensnetzwerks Papua: eine Initiative des katholischen Pastor Neles Tebay. Die Konferenz fordert einen Dialog mit Jakarta und bereitet Kriterien vor.
2.8.2011 Großdemonstration, organisiert von KNPB (Komite Nasional Papua Barat = Nationales Komitee für West Papua), in Jayapura zur Unterstützung der gleichzeitig stattfindenden Tagung der ILPB (International Lawyers for Papua Barat) in Oxford.
15.9.2011 Streik bei Freeport, endet im Dezember mit Versprechen einer stufenweise 37%igen Lohnerhöhung. Zwei Streikende wurden von Sicherheitskräften erschossen.
16.- 19.10.2011 fand der III. Papuakongress mit 4000 Delegierten in Abepura statt. Der Kongress wählte Forkorus Yaboisembut zum Präsidenten und Edison Waromi zum Ministerpräsidenten eines unabhängigen West Papuas (als Übergangsregierung). Nach Ende des Kongresses griffen Sicherheitskräfte gewaltsam ein – mindestens drei Personen wurden getötet und mehr als 100 verhaftet.
16.12.2011 Der PGI ermöglicht ein Treffen von Kirchenführern aus Papua mit Präsident SBY (die Pfarrer Dr. Benny Giay, Jemima Krey, Sofyan Yoman, Martin Luther Wanma und die Juristin Rika Korain nahmen teil) SBY verspricht Abzug der „nicht-organischen“ Truppen (rund 16.000 Soldaten).
Mai 2012 Häufung von brutalen Übergriffen der Sicherheitskräfte auf die Zivilbevölkerung. Mehrere Tote in Jayapura, Nabire und Wamena.

Beim UPR Verfahren der UN in Genf wurde die gesamte Menschenrechtslage in Indonesien diskutiert – dabei wiesen viele Mitglieder des UN Menschenrechtsrats auf Gewalt, Redefreiheit und politische Gefangene in Papua hin. Die indonesische Regierung erkannte das Ausmaß der Lage in der Diskussion nicht an.

14.6.2012 Ermordung von Musa Mako Tabuni, dem stellvertretenden Vorsitzenden der KNPB (Komite Nasional Papua Barat = Nationales Komitee für West Papua), durch indonesische Sicherheitskräfte.