Das indonesische Militär (TNI) baut eine Militärbasis in dem Regierungsbezirk Tambrauw in der Provinz Papua Barat. Anwohner behaupten, dass Militärangehörige sie unter Druck gesetzt haben, fünf Hektar gewohnheitsrechtliches Land für den Bau eines Militärbezirkskommandos (KODIM) und eines Militärunterbezirkskommandos (KORAMIL) im Bezirk Kwoor freizugeben. Sie forderten die örtliche Regierung auf, anstelle der militärischen Einrichtungen angemessene Gesundheits- und Bildungseinrichtungen zu bauen. Die Anwohner befürchten, dass die Anwesenheit des Militärs in dem Regierungsbezirk zu Fällen militärischer Gewalt gegen die Anwohner führen werde. Besonders die ältere Generation der indigenen Papuas in Tambrauw hat noch die gewalttätigen Militäroperationen unter Indonesiens ehemaligem Präsidenten Suharto erlebt, die von groben Menschenrechtsverletzungen gegen die indigene Bevölkerung West-Papuas begleitet waren.
Nach Angaben lokaler Informanten begann das Militär im September 2019 mit dem Bau der Basis, ohne die indigenen Landrechtsinhaber zu konsultieren. Im Oktober 2018 versuchten Vertreter des Militärs, die indigenen Landrechtsinhaber mit Geld zu beeinflussen. Die Landbesitzer gaben das Geld jedoch mit der Erklärung zurück, dass sie keinen Militärstützpunkt in der Nähe ihrer Dörfer wollen. Ende Januar 2020 zog das Militär in ein ehemaliges Bürogebäude der Regierung in Wembru Sausapor ein, das der Regierungschef von Tambrauw, Gabriel Asem, dem Militär übergeben hatte. Im Februar 2020 begannen die Militärangehörigen bereits mit dem Bau einer KORAMIL im Distrikt Kwoor ohne vorherige Absprache oder Vereinbarung mit den indigenen Landrechtsinhabern.
Nach den erhaltenen Informationen schrieben die gewohnheitsrechtlichen Führer am 26. April 2020 einen Brief an die Nationale Menschenrechtskommission (Komnas HAM), in dem sie ihre Ablehnung für den Militärstützpunkt in Tambrauw zum Ausdruck brachten. Am folgenden Tag stattete ein militärischer Vertreter namens Major Yoyo dem Oberhaupt des Stammesbrauchsrates (DAS), Abun Melky Yekwam, einen Besuch ab, um ihn zu dem Brief zu befragen und über den weiteren Bau der Militärbasis zu verhandeln. Berichten zufolge nahmen die Militärangehörigen den Besuch auf Video auf.
Seit dem Treffen besuchten die Militärangehörigen Berichten zufolge die gewohnheitsrechtlichen Landbesitzer in ihren Häusern und Gärten, um sie über den Bau der Militäreinrichtungen zu befragen und sie aufzufordern, ihr Land freizugeben. Die Landbesitzer fühlen sich eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, da die Militärangehörigen die Antworten auf Video aufzeichneten. Die Militärangehörigen scheinen einen Fokus auf indigene Gemeinden in den Bezirken Sausapor und Bikar zu legen. Der Regierungschef wird um einen Dialog über das Land gebeten, das die örtliche Regierung dem Militär für den Bau der KODIM und KORAMIL zur Verfügung gestellt hatte. Am 28. April 2020 starteten Studenten aus Tambrauw friedliche Proteste gegen den Bau der KODIM in Jayapura (siehe Bild rechts).
Aus rechtlicher Sicht sieht das Gesetz Nr. 34/2004 über das indonesische Militär vor, dass die Präsenz des Militärs nur in Gebieten mit bewaffneten Konflikten oder in Gebieten, die an ein Nachbarland grenzen, obligatorisch ist. Der Regierungsbezirk Tambrauw befindet sich weder in der Nähe einer Grenze, noch haben Beobachter in den letzten Jahren über Aktivitäten der Nationalen Befreiungsarmee Westpapuas (TPN PB) berichtet. Das Gesetz Nr. 34/2004 beschränkt die Funktion des Militärs auf die Landesverteidigung im Falle eines bewaffneten Konflikts und den Schutz der Grenzen. Das Militär kann die Polizei unterstützen, um die nationale Sicherheit aufrechtzuerhalten oder humanitäre Hilfe zu leisten.