Erst Ende Juni berichtete das Westpapua-Netzwerk über die damals aktuellen offiziellen Corona-Zahlen in Westpapua. Seitdem hat sich die Situation weiter deutlich verschärft und die Infektionen mit dem Coronavirus steigen in Westpapua so stark an wie noch nie seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Ein Grund dafür ist die Delta-Variante, die nun auch in Westpapua nachgewiesen wurde.
Kapazitäten der Krankenhäuser beinahe ausgeschöpft
Die Krankenhäuser in den Provinzen Papua und Papua Barat sind mit dem verheerenden COVID-19-Ausbruch, der sich über das ganze Land ausbreitet, überfordert.
Bislang waren die Zahlen der Infektionen mit dem Coronavirus in Westpapua im Verhältnis zu denen in anderen indonesischen Provinzen deutlich geringer. Von Ende Juni 2021 bis Ende Juli 2021 stieg die Zahl der Infizierten jedoch allein in der Provinz Papua Barat von 9.725 auf über 17.500. In der Provinz Papua sind 25.778 Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus gezählt worden (ca. 5000 mehr als noch vor einem Monat).
Der indonesische Gesundheitsminister Budi Gunadi Sadikin hat davor gewarnt, dass die Ausbreitung der Delta-Variante auf Regionen wie Papua angesichts des mangelnden Zugangs zur Gesundheitsversorgung besorgniserregend sei.
Da die Zahl der Krankenhausbetten jedoch begrenzt ist, sagte Audryn Karma, eine Mitarbeiterin des Gesundheitswesens im Bezirk Raja Ampat in der Provinz Papua Barat, dass viele der Kranken zu Hause versorgt werden. In Sorong, der größten Stadt in der Provinz Papua Barat, waren bereits Mitte Juli alle Krankenhäuser voll belegt. Um weitere Infektionen zu vermeiden, wurden Mitte Juli die Stadt Sorong und der Bezirk Manokwari für acht Tage abgeriegelt.
In der Hauptstadt der Provinz Papua, Jayapura, berichtet Victor Mambor, Chefredakteur von Jubi, dass die Krankenhäuser unter Druck stehen, weil sie sowohl COVID-19-Tests als auch die Versorgung der Patienten übernehmen müssen. In der gesamten Provinz Papua lag die Bettenbelegungsrate bei 57 Prozent, in der Provinzhauptstadt Jayapura jedoch bei über 96 Prozent, sagte Silwanus Sumule, Sprecher der COVID-19-Taskforce und stellvertretender Direktor des Jayapura General Hospital (RSUD). Zwischenzeitlich warteten 47 Menschen auf den Fluren, die kein Zimmer bekommen konnten, sagte er. „Vielleicht sind 47 Menschen in Orten wie Java nicht viel, aber hier ist es wirklich viel“, sagte er. „Wir haben so etwas noch nie erlebt, dass Patienten in solchen Korridoren untergebracht werden“.
In Erwartung eines möglichen Anstiegs der COVID-19-Infektionen bemühen sich das Jayapura Public Hospital, das Abepura Public Hospital und das Provita Hospital um eine Erhöhung ihrer Betten- und Isolierstationkapazität.
Laut Silwanus Sumule, dem Sprecher der Papua COVID-19 Task Force, hat das Jayapura Public Hospital keine Betten mehr für COVID-19-Patienten, da alle 23 für Covid-Patienten vorgesehenen Betten belegt sind. Das Jayapura Public Hospital nimmt Patienten mit mittelschwerem und schwerem COVID-19 auf, sagte Sumule, der auch stellvertretender Direktor des Krankenhauses ist. Sollte die COVID-19-Welle Jayapura, die Hauptstadt der Provinz Papua, treffen, müssten die neuen Coronavirus-Patienten in denselben Räumen behandelt werden wie die Nicht-COVID-19-Patienten, aber die Behandlungsbereiche würden getrennt sein. Allerdings verfüge das Krankenhaus derzeit nur über drei Beatmungsgeräte, was als unzureichend angesehen werde, so Sumule.
Neben dem Jayapura Public Hospital bemüht sich auch das Provita Hospital, seine Kapazität zu erhöhen, um in Zukunft mehr COVID-19-Patienten aufnehmen zu können.
Geplanter Lockdown im August
Nach Angaben der Papua COVID-19 Task Force haben sich die Coronavirus-Infektionen derzeit in 18 Bezirken und Städten der Provinz Papua ausgebreitet. Sechs der betroffenen Gebiete befinden sich in den Bergregionen Papuas in den Bezirken Jayawijaya, Lanny Jaya, Tolikara, Pegunungan Bintang, Paniai und Puncak Jaya, sagte der Sprecher der Task Force, Silwanus Sumule. Zu den 12 anderen betroffenen Regionen gehören Jayapura City und die Bezirke Jayapura, Merauke, Boven Digul, Asmat, Mappi, Mimika, Biak Numfor, Supiori, Kepulauan Yapen, Nabire und Keerom.
Angesichts des alarmierenden Anstiegs der Infektionen hat die Verwaltung von Papua die Einwohner aufgefordert, sich auf eine einmonatige Abriegelung im August 2021 vorzubereiten. Während der Abriegelung würden alle Einreisepunkte in die Provinz Papua geschlossen, um den exponentiellen Anstieg der COVID-19-Infektionen in den Gemeinden einzudämmen, sagte der Sprecher des Gouverneurs von Papua, Muhammad Rifai Darus, zuvor.
Die detaillierten Regeln des Lockdowns, der die Schließung von Flug- und Seehäfen vom 1. bis 31. August 2021 mit sich bringen würde, wurden auf dem Treffen der Papua COVID-19 Task Force am 21. Juli beraten, informierte er.
Benny Wenda: Doppelte Krise in Westpapua
Benny Wenda spricht von einer derzeit doppelten Krise in Westpapua: Corona und die anhaltenden Militäroperationen gefährden das Leben und die Gesundheit der Papuas. Wenda fordert internationale Hilfe und Unterstützung in der Impfstoffverteilung an die lokalen Regierungen in Westpapua durch die USA, Neuseeland, Australien, Großbritannien, die WHO und das OHCHR. Nach Angaben des indonesischen Gesundheitsministeriums weist Papua eine der niedrigsten Impfraten des Landes auf: weniger als 6 Prozent der Menschen sind vollständig geimpft.
Hohe Sterblichkeitsrate in Indonesien
Indonesien hat seit Beginn der Pandemie mehr als 3,2 Millionen Coronavirus-Fälle und mehr als 86.000 Todesfälle gemeldet (Stand: 28.07.2021), wobei die steigende Zahl der Fälle und die hohe Todesrate das Land zum derzeitigen Epizentrum des Ausbruchs in Asien machen. Nach Ansicht von Gesundheitsexperten ist die tatsächliche Zahl der Infektionen wahrscheinlich um ein Vielfaches höher.
Nach Angaben von Our World in Data war die COVID-19-Todesrate in Indonesien bis zum 20. Juli mehr als dreimal so hoch wie die weltweite Rate.