In den vergangenen Wochen und Monaten haben unterschiedliche Akteur*innen (z.B. Jubi, Human Rights Monitor) über verschiedene Menschenrechtsverletzungen in Westpapua berichtet. Das Westpapua-Netzwerk fasst einige davon hier zusammen:
Tote und Verletzte:
- Anfang Januar kam ein 35-jähriger indigener Papua nach einer Auseinandersetzung mit einem Militärangehörigen zu Tode. Das Opfer soll von dem Militärangehörigen geschlagen worden sein nachdem er und ein weiterer Papua am Neujahrsmorgen Zigaretten in einem Geschäft besorgen wollten. Beide sollen noch von der Silvesterfeier betrunken gewesen sein. Ein Militärangehöriger wies daraufhin beide zurecht. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung, an deren Folgen der 35-jährige Papua starb.
- Bei mehreren Razzien im Landkreis Intan Jaya im Januar kamen zwei junge männliche Papuas zu Tode und eine Frau wurde durch einen Schuss verletzt. Sowohl die TPNPB als auch das indonesische Militär berichteten von getöteten Angehörigen auf beiden Seiten. Es sollen zudem mehrere Gebäude in Brand gesteckt worden sein.
- Am 1. Februar 2024 wurden vier Studenten im Bezirk Sugapa auf dem Weg von Nabire, wo sie studieren, nach Hitadipa verhaftet. Sie waren auf dem Heimweg nach Hitadipa, Intan Jaya, um an den Präsidentschaftswahlen am 14. Februar 2024 teilzunehmen. Die Studenten wurden in der Nähe des Flughafens von Sugapa von Militärangehörigen festgenommen und Berichten zufolge während des Verhörs gefoltert. Anschließend wurden sie auf die Polizeistation von Sugapa gebracht, wo es bei der Durchsuchung ihrer Habseligkeiten zu weiterer Gewalt kam. Bei einem der Studenten wurden neun Patronen Munition und Alkohol gefunden. Das Militär wies die Foltervorwürfe zurück. Auch die Verhaftung sei rechtmäßig abgelaufen.
- Anfang Februar führte das Militär mehrere Razzien in verschiedenen Dörfern in der Provinz Zentral-Papua durch. Ein Bewohner starb an Verletzungen, die er durch die dabei angewendete Folter durch das Militär erlitten haben soll. Drei weitere Papuas wurden verletzt. Das Militär gab an, alle Opfer stünden in Verbindung mit der TPNPB. Die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden selbst wiesen dies zurück.
- Ende Februar sollen Militärangehörige zwei junge männliche Papuas (17 und 15 Jahre) angeschossen haben. Auch dieser Vorfall ereignete sich im Landkreis Intan Jaya, Provinz Zentral-Papua. Das Militär wies diesen Vorfall zurück. Es handele sich laut Militär um Fake-News, die von TPNPB-Sympathisanten verbreitet werden würden.
- Ende Februar kam es zu einem weiteren Angriff auf zwei indigene Papuas. Militärangehörige sollen die beiden Männer auf dem Markt angesprochen haben, wo die zwei Alkohol getrunken haben sollen. Nach einem Streit griffen die Militärangehörigen Berichten zufolge die zwei Männer mit einem Brecheisen, einem Hammer und einem Messer an. Die Täter flohen vom Tatort und ließen die beiden Papuas bewusstlos und schwer verletzt zurück.
- Bei einem weiteren bewaffneten Zusammenstoß in Intan Jaya, Provinz Zentral-Papua kam Anfang März ein 17-jähriger Papua ums Leben. Bei einem Schusswechsel zwischen TPNPB und Militärs stand er in der Nähe des Militärpostens und wurde tödlich getroffen. Auch ein Militärangehöriger soll zu Tode gekommen sein.
- Da sich die Fälle von Gewalt besonders in der Provinz Zentral-Papua in den ersten Monaten des Jahres 2024 häuften, wurde Komnas HAM dazu aufgefordert, diese zu untersuchen.
Binnenflüchtlinge:
- „Die Region Maybrat ist sicher.“ Diese Aussage tätigte ein Regionalpolitiker im Januar in Sorong und forderte die Binnenflüchtlinge aus Maybrat auf, Sorong zu verlassen und in ihre Dörfer zurückzukehren. Nachdem viele Jahre die Region tatsächlich relativ sicher war, hat sich die Situation in den letzten 2 ½ Jahren jedoch verschärft. Nach einem Angriff der TPNPB auf einen Militärposten in Kisor im September 2021 hat die TPNPB weitere Angriffe in der Region auf Sicherheitskräfte verübt. Mehrere Sicherheitskräfte kamen dabei zu Tode. Das Ergebnis: noch mehr Sicherheitskräfte werden in die Region geschickt und mehrere Tausend Papuas sind auf der Flucht. Über 5000 sollen Komnas HAM zufolge davon in Sorong leben. Eine Rückkehr scheint ausgeschlossen. Noch immer besetzt das Militär viele Dörfer in der Region Maybrat und nutzt z.B. Schulgebäude für die Unterbringung des Militärs. Eine Rückkehr in den Alltag scheint so nicht möglich. Eine Traumabewältigung findet nicht statt.