Am diesjährigen Jahrestag des New Yorker Abkommens (15. August 1962) kam es an mehreren Orten in Westpapua zu friedlichen Demonstrationen. Die Demonstranten forderten unter anderem die UN dazu auf, das New Yorker Abkommen von 1962 neu zu bewerten. Die Polizei wendete wiederholt übermäßige Gewalt an, um die Demonstrationen aufzulösen. Mitglieder des KNPB (Nationales Komitee Westpapuas) wurden mit Schlagstöcken verletzt und mit Wasserwerfern auseinander getrieben. Auch soll Tränengas eingesetzt worden sein. Mehr als 20 Personen sollen dabei verletzt worden sein. Viele erlitten Kopfverletzungen.
Emmanuel Gobay vom Papua Legal Aid Institute berichtete, dass mindestens eine Person im Krankenhaus behandelt werden musste. Der KNPB wird von den Behörden immer wieder Separatismus vorgeworfen, dennoch, so Gobay, hätten auch sie ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Zudem seien die Demonstrationen vorab angemeldet worden.
Die indonesische Menschenrechtsanwältin Veronica Koman, die im Exil in Australien lebt, berichtet auf ihrem Account auf der Nachrichtenplattform „X“ über die Gewalt der Sicherheitskräfte gegenüber Demonstranten in Jayapura am gestrigen Tag. Dort sind weitere Video und Fotos zu sehen.
Geschichtlicher Hintergrund:
Unter Druck des damaligen US-Präsidenten Kennedy und unter Mithilfe der UN (Vereinte Nationen) wurde am 15. August 1962 das New Yorker Abkommen zwischen den Niederlanden und Indonesien unterzeichnet. Nach einer Übergangsverwaltung durch die UN sollte Westpapua an Indonesien übertragen werden. Laut diesem Vertrag wurde den Papuas das Recht zugestanden, innerhalb von sieben Jahren in einem Referendum – das unter Aufsicht der UN stattfinden sollte – frei darüber zu entscheiden, ob sie Teil von Indonesien bleiben oder ein unabhängiger Staat werden wollten. Nach der Übergangsverwaltung durch die UN (UNTEA vom 1.10.1962 bis 30.4.1963) zog sich diese aus Westpapua zurück und übergab die Verwaltung an Indonesien. Sukarno und sein Nachfolger Suharto etablierten ihre Militärdiktatur auch in Westpapua. Führende Papuas wurden aus ihren Ämtern entfernt, konnten fliehen oder wurden ermordet. Schriften über die Geschichte Westpapuas sowie niederländische Schulbücher wurden vernichtet, Häuser wurden geplündert und kulturell wichtige Gegenstände aus den Häusern der Papuas geraubt. Es fehlte an Wasser und Elektrizität und an vielem Lebensnotwendigem für die Bevölkerung.
Unter Aufsicht der UN fand das Referendum im Jahr 1969 tatsächlich statt – wurde jedoch unter Androhung und Zwang manipuliert. 1.025 von Indonesien handverlesene Wahlmänner stimmten daher im Ergebnis für den Anschluss an das indonesische Staatsgebiet. Dieser “Act of Free Choice” wird seitdem als „Act of No Choice“ bezeichnet. Trotz der offensichtlichen Manipulation wurde das Referendum von den Vereinten Nationen (UN) anerkannt. Die Vollversammlung nahm es aber nur „zur Kenntnis“. Bis heute fordern die Papuas eine Wiederholung dieser Abstimmung unter internationaler Aufsicht und viele fordern weiter die Unabhängigkeit Westpapuas.