Am 21. November 2021 veröffentlichte der Kirchenrat von Westpapua (WPCC) einen moralischen Aufruf, in dem Kirchenführer aus Papua (siehe Foto, Quelle: Jubi) ihre Besorgnis über die Verschlechterung des bewaffneten Konflikts und der Menschenrechtssituation in Westpapua zum Ausdruck brachten. Der WPCC beobachtet eine Verschärfung des bewaffneten Konflikts in Westpapua, der zur Binnenflucht von mehr als 60.000 Menschen in sechs Regionen geführt hat. Die überwiegende Mehrheit von ihnen sind indigene Papuas. Die Sicherheitsoperationen gegen die Nationale Befreiungsarmee Westpapuas (TPN PB) wurden von Menschenrechtsverletzungen gegen die lokale Bevölkerung und kirchliche Mitarbeiter begleitet. Die Kirchenführer verstehen diese Übergriffe als integralen Bestandteil des systemischen Rassismus, der durch die Politik der Zentralregierung aufgezwungen wird.
Sie kritisierten Jakartas Entscheidung, das Sonderautonomiegesetz zu überarbeiten, ohne die Papuas sowie politische und kulturelle Institutionen in Westpapua zu konsultieren, scharf. Ähnlich wie die Aufrufe zum friedlichen Dialog, um eine nachhaltige Lösung für den Westpapua-Konflikt zu finden, ignoriere die Zentralregierung weiterhin die Stimmen des Papua-Volkes, während sie ihre Interessen in Westpapua sichert.
Nach Ansicht des WPCC wurde das mangelnde Engagement der Regierung durch die jüngsten Besuche von Präsident Joko Widodo und Vizepräsident Ma’ruf Amin im Rahmen der Nationalen Sportspiele und Paralympischen Spiele in Westpapua deutlich. Beide verschlossen die Augen vor dem bewaffneten Konflikt und dem Leid Tausender Binnenvertriebener. Darüber hinaus finden die Sicherheitsoperationen in Westpapua weiterhin ohne Präsidialdekret und ohne die gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung des indonesischen Parlaments statt.
Die Kirchenleiter verurteilten die Kriminalisierung, Bedrohung und Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger*innen in Indonesien, die über Menschenrechtsverletzungen, Militärgeschäfte und Investitionsinteressen von Regierungsbeamten, politischen Eliten und pensionierten TNI/Polizisten in Westpapua sprechen. In diesem Zusammenhang wurden in dem Aufruf die Kriminalisierung von Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti sowie die Angriffe und Drohungen gegen Angehörige der Anwältin und Aktivistin Veronica Koman als Beispiele genannt.
In einem dritten Punkt zeigten die Kirchenführer sich besonders besorgt über die Zerstörung von Kirchen bei Sicherheitsoperationen im Hochland, die Präsenz zahlreicher islamischer Gruppen in Westpapua und die Konvertierung von Papua-Kindern in islamischen Internaten gegen deren freie, vorherige und informierte Zustimmung.
Die Kirchenleiter beendeten die öffentliche Erklärung mit 13 moralischen Aufrufen, die sie an verschiedene Interessenvertreter in dem Konflikt richteten, darunter auch an den UN-Menschenrechtsrat und die indonesische Regierung.
Der Aufruf steht im Einklang mit einer früheren Erklärung von 194 katholischen Pastoren in Westpapua, die zu einem Waffenstillstand zwischen den indonesischen Sicherheitskräften und der TPN PB aufriefen und die internationale Gemeinschaft aufforderten, eine nachhaltige Lösung des Konflikts mit friedlichen Mitteln zu unterstützen.
Der WPCC wird durch die vier größten Kirchen Westpapuas vertreten: die Gemeinschaft Papuanischer Baptistenkirchen (PGBP), die Papuanische Tabernakelkirche (Kingmi Papua), die Evangelische Kirche in Indonesien (GIDI) und die Christliche Evangelische Kirche im Lande Papua (GKI-TP).