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Melianus Duwitau (Mitte) und seine Anwälte während der Untersuchungshaft

Meinungsfreiheit in Westpapua bedroht – Polizei erhebt Anklage gegen Studenten wegen Facebook Beitrag

Beamte der Einheit für Internetkriminalität der Regionalpolizei Papua (Polda Papua) haben einen 28-jährigen Studenten in der Stadt Nabire verhaftet. Melianus Duwitau hatte Medienberichten zu Folge einen Beitrag auf seiner Facebook Seite veröffentlicht.  In dem Beitrag hatte er Aussagen des Polizeichefs, Paulus Waterpauw, als Falschnachrichten bezeichnet. Waterpauw hatte in Medieninterviews behauptet, dass es sich bei dem Todesopfer während einer Schießerei zwischen Militär und der bewaffneten Widerstandsbewegung TPN-PB nicht um einen Zivilisten, sondern einen TPN PB Kämpfer gehandelt haben soll. Melianus Diwitau hatte den Wahrheitsgehalt der Aussage angezweifelt und gefordert den Polizeichef für die Verbreitung falscher Nachrichten zur Rechenschaft zu ziehen.

Duwitaus Anwälte kritisierten das Vorgehen der Polizeibeamten bei der Festnahme. Die Beamten sollen keinen Haftbefehl vorgelegt haben, wie es die Strafgesetzordnung Indonesiens (KUHAP) vorschreibt. Duwitau wurde wegen Verstoßes gegen Artikel 45A (2) in Verbindung mit Artikel 28 (2) des Elektronischen Informations- und Transaktionsgesetz (ITE Gesetz) angeklagt. Die Gesetze behandeln die Straftaten der Rufschädigung sowie die Verbreitung von Hassreden, und können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Jahren Haft geahndet werden.

Der Beitrag auf seiner Facebookseite zeigt ein Foto des Polizeichefs mit den Worten „Regionalpolizeichef Waterpauw soll sofort die Verantwortung für die Verbreitung falscher Nachrichten über Intan Jaya übernehmen“. Dem Beitrag zu Folge hatte Waterpauw in Interviews mit mehreren Medien behauptet, dass Sicherheitsbeamte zwei TPN PB Kämpfer bei einem Schusswechsel am 26. Januar 2020 in Sogapa (Landkreis Intan Jaya) getötet hatten. Waterpauw versuche die Fakten bei dem Ereignis zu ‚verdrehen‘. Zuvor hatten die lokale Online Nachrichtenplattform Suara Papua und Menschenrechtsverteidiger einer lokalen Kirche berichtet, dass Angehörige des indonesischen Militärs einen Motorradtaxifahrer erschossen und zwei weitere Zivilisten verletzt hätten. Unter den Verwundeten befand sich ein achtjähriger Junge.

Hintergrund

Die indonesische Nichtregierungsorganisation SAFEnet publizierte 2019 einen Bericht zur Situation der Medien- und Informationsfreiheit in Indonesien. SAFEnet wies in dem Bericht auf die starke Zunahme von Gerichtsverfahren unter Verwendung des ITE Gesetzes hin. Diese sei ein Indikator für die zunehmende Einschränkung der Meinungsfreiheit. Statistiken des Obersten Gerichtshofs zu Folge gab es im Jahr 2018 292 Gerichtsentscheidungen in Verfahren, bei denen eine Anklage wegen Verletzung des ITE Gesetzes vorlag. Im Jahr 2017 waren es noch 140 solcher Fälle. Darüber hinaus erfasste der Oberste Gerichtshof für 2018 276 Kriminaldelikte bei denen Verstöße gegen das ITE Gesetz vorlagen. In 45% der Fälle wurde Artikel 27 (3) hinsichtlich Beleidigung, und bei 22 % der Fälle Artikel 28 (2) hinsichtlich der Verbreitung von Hassreden verwendet. In 44% der Fälle erstatteten Regierungsvertreter wegen angeblicher Verletzung verschiedener Artikel des ITE Gesetzes Anzeige. Mit 32% der Fälle waren Journalisten und Medienvertreter die Berufsgruppe, gegen die das ITE Gesetz am häufigsten verwendet worden war. Andere gefährdete Berufsgruppen waren Aktivisten, Lehrer und Akademiker.