Berichten von Menschenrechtsaktivisten und Medien zufolge wurden Ende November und Anfang Dezember an mehreren Orten in Westpapua insgesamt 104 Menschen verhaftet. Die Verhaftungen fanden im Zusammenhang mit Gedenkfeiern zum 1. Dezember statt, der von vielen indigenen Papuas als „Unabhängigkeitstag Westpapuas“ bezeichnet wird. Vor 58. Jahren wurde am 1. Dezember zum ersten Mal die Morgensternflagge – damals noch unter niederländischer Kolonialregierung – gehisst. In Jayapura lud die Polizei zwei Anführer der Vereinigten Befreiungsbewegung für Westpapua (ULMWP), Markus Haluk und Edison Waromi, vor. Mindestens zwanzig Festgenommene wurden wegen Hochverrats angeklagt.
Acht Papuas in Manokwari verhaftet
Am 27. November 2019 verhaftete die örtliche Polizei acht indigene Papuas auf ihrem Weg zum Borasi-Feld in der Stadt Manokwari, wo sie an einer friedlichen politischen Demonstration teilnehmen wollten. Sie wurden inhaftiert und wurden auf der Kreispolizeiwache Manokwari (Polres Manokwari) untersucht. Laut der Nachrichtenplattform Jubi beschlagnahmte die Polizei 29 Morgenstern-Flaggen, Poster, Flugblätter und zwei Autos. Die Häftlinge gaben an, dass sie Flugblätter erhalten hätten, in denen zu einer friedlichen Demonstration auf dem Borasi-Feld aufgerufen wurde.
Vorladung der ULMWP Anführer
Der ULMWP-Exekutivdirektor Markus Haluk und der ULMWP-Exekutivvorsitzenden Edison Waromi erhielten wegen eines Flugblatts eine polizeiliche Vorladung. Das Flugblatt einhielt eine Einladung zu einem Gottesdienst zum Gedenken anlässlich des 1. Dezember. Haluk und Waromi kamen zusammen mit einem Team von Anwälten am 30. November zur Polizeistation der Bezirks Jayapura (Polresta Jayapura), wo sie mehrere Stunden lang befragt wurden. Die Broschüre enthielt die Namen und elektronischen Unterschriften der beiden ULMWP-Leiter. Markus Haluk und Edison Waromi behaupten jedoch, dass sie die Flugblätter weder gemacht noch mit ihren Unterschriften genehmigt haben. Die Polizei forderte Markus Haluk auf, am 1. Dezember 2019 zur weiteren Befragung auf die Polizeistation zurückzukehren. Bislang hat die Polizei keine Anklage gegen die ULMWP-Führer erhoben.
Vier Studenten in Jayapura verhaftet
Polizeibeamte verhafteten am 1. Dezember 2019 die vier papuanischen Studenten Marvin Yobe, Desepianus Dumupa, Paul Halapok und Devion Tekege in der Freikirche „Gembala Baik“ in Abepura, Stadt Jayapura. Die Studenten hatten eine Morgenstern-Flagge zum Sonntagsgottesdienst mitgebracht und trugen traditionelle Kleidung sowie Gesichtsschminke in den Farben der Morgenstern-Flagge. Polizeibeamte in zivil verhafteten die vier Männer während des Gottesdienstes und brachten sie anschließend zur örtlichen Polizeistation in Abepura und später zur Polizeistation der Gemeinde Jayapura, wo sie verhört wurden. Sie wurden am 2. Dezember 2019 um 1.00 Uhr freigelassen. Die Polizei rief auch den Pfarrer der Gemeinde Gembala Baik als Zeugen herbei.
34 Papuas in Sentani verhaftet – 20 wegen Verrats angeklagt
Am 30. November 2019 verhafteten Polizeibeamte 34 indigene Papuas in Sentani, einem Stadtteil von Jayapura, auf ihrem Weg zum Trikora-Feld, wo sie laut Angaben der Polizei die Morgensternflagge hissen wollten. Vierzehn von ihnen wurden freigelassen, weil die Polizei keine ausreichenden Beweise für eine Anklage hatte. Die restlichen 20 Verdächtigen wurden inhaftiert. Sie wurden wegen Verrats aufgrund von Artikel 106 jo 87 und/oder 110 jo 88 des indonesischen Strafgesetzbuches (KUHP) angeklagt. Sechs von ihnen wurden zusätzlich in Bezug auf Artikel 2 Absatz 1 des Notstandsgesetzes12/1951 über den illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen angeklagt (siehe Tabelle unten). Die Polizei behauptet, dass die 20 Verdächtigen Mitgliedskarten der „Nationalen Befreiungsarmee Westpapuas“ bei sich getragen hatten.
Tabelle: Verhaftungen in Sentani
Nr |
Name |
Alter |
Anklage aufgrund von |
1 |
Jemmy Mansowai |
28 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des indonesischen Strafgesetzbuches (KUHP) zu Verrat |
2 |
Soni Genjau |
23 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
3 |
Josep Tare |
27 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
4 |
Nikodus Wamansio |
33 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
5 |
Stevanus Jarona |
24 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
6 |
Yohan Bay |
51 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
7 |
Hanok Bilisa |
20 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
8 |
Rendi Taniau |
22 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
9 |
Maleaki Bairi |
27 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
10 |
Markus Yappun |
28 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
11 |
Maksi Sewanso |
43 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
12 |
Lazarus Bua Kimiak |
50 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
13 |
Ismael Bairi |
22 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat |
14 |
Abiram Inam |
30 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
15 |
Yosias Walianggen |
31 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
16 |
Welem Weraso |
31 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
17 |
Pilipus Mamawiso |
52 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
18 |
Kornelius Akyewi |
50 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
19 |
Seppi Sewanso |
49 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
20 |
Aser Sewanso |
26 Jahre |
Artikel 106 jo 87 und/ oder 110 jo 88 des KUHP zu Verrat und Artikel 2 (1) des Notstandsgesetzes 12/1951 zum illegalen Besitz von Schlag- oder Stichwaffen |
54 Papuas in Fakfak verhaftet
Am 1. Dezember 2019 nahmen Mitglieder der mobilen Brigade der Polizei (Brimob) und des Militärkommandos des Bezirks Fakfak 54 einheimische Papuas in den Bezirken Kayauni und Kramonmongga im Landkreis Fakfak fest. Nach den erhaltenen Informationen wandten die gemeinsamen Sicherheitskräfte Gewalt gegen 23 Dorfbewohner im Dorf Warpa an. Der Leiter der Bezirkspolizei Fakfak behauptete in einem öffentlichen Interview, dass die Dorfbewohner sich angeblich mit traditionellen Waffen wie Speeren, Bögen und Pfeilen der Verhaftung zu widersetzen versucht hätten. Er warf den Verdächtigen ferner vor, die Morgenstern-Flagge vor dem Büro des Landrats hissen zu wollen. Es ist derzeit nicht bekannt, welche Verletzungen die Festgenommenen während der Festnahme erlitten haben. Die Dorfbewohner hatten gegen 15.00 Uhr in ihrem Dorf die Morgenstern-Flagge gehisst. Anschließend verhafteten die Sicherheitskräfte eine Person im Dorf Kramongga und weitere Verdächtige in den Dörfern Pikpik und Mambuni-buni. Die Polizei beschlagnahmte Morgensternflaggen, 12 Millionen Rupien (ca. 850 €) sowie Macheten und andere traditionelle Waffen. Alle 54 Papuas wurden inhaftiert und von der Polizei untersucht.