Landraub hat viele Gesichter. In Indonesien, wie auch in anderen Ländern des globalen Südens, werden ganze Dörfer entwurzelt und vertrieben, um den Plänen in- und ausländischer Investoren Platz zu machen.
Was das für die Einzelnen bedeutet, haben 35 Delegierte von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen bei einer Reise nach Papua und Sumatra vom 2. bis 13. Mai erfahren. Der Workshop unter dem Titel „Peace with the Earth“ kam auf Einladung der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) unter Beteiligung von Brot für die Welt und seinen Partnern (Lentera, Bakumsu, KSPPM) zustande. Indonesien besitzt einen der artenreichsten und größten Regenwälder der Welt.
Doch die Hälfte des Areals ist bereits zerstört; Prognosen des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) zufolge werden bis zum Jahr 2022 bereits 98 Prozent der Wälder degradiert oder verschwunden sein, wenn die Abholzung im derzeitigen Tempo weitergeht. Bei Besuchen in zerstörte Waldgebiete und einer Zellstoff-Fabrik, in Palmölplantagen und bei lokalen Gemeinschaften, bei Grubenarbeitern und einem Bergbaukonzern wurde den Teilnehmern deutlich, wie ein Geflecht gesellschaftspolitischer Interessen zur Bildung von Monopolen und Monokulturen führt. Der ehemalige Umweltminister Sonny Keraf brachte es auf eine knappe Formel: „Politische Führer brauchen Geld für ihren nächsten Wahlkampf, Unternehmer helfen ihnen aus und im Gegenzug revanchieren sich die Politiker mit Konzessionen von Landflächen.“
Aus Sicht der Regierung gehört das Land dem Staat – es sei denn, jemand kann durch einen Grundbrief beweisen, dass er der rechtmäßige Besitzer ist. Doch dies kommt so gut wie nie vor, da solche Dokumente in der Vergangenheit kaum ausgestellt wurden und die Landbehörden sich heute meist weigern, nachträglich Grundbriefe auf der Basis des Gewohnheitsrechts auszustellen. Somit kann die Regierung das Land nach Gutdünken an den meistbietenden Investor verpachten. Eigentlich stünde einem solchen Vorgehen die UN-Erklärung zum Schutz indigener Völker im Weg, nach der Indigene ihre „freie, informierte und vorhergehende Zustimmung“ (FPIC = free, prior and informed consent) geben müssen, ehe ihr Land verkauft wird. Doch die Regierung erkennt die indonesischen Ureinwohner schlichtweg nicht als Indigene an. Da lokale und regionale Gesetze jedoch von der Jakarta-Doktrin abweichen können, schließen viele Investoren zusätzlich Verträge mit den Bewohnern vor Ort ab. Matius´ Dorf ist erst der Anfang.
In zehn bis zwanzig Jahren werde es in Papua ebenso aussehen wie jetzt schon in Nord-Sumatra, befürchtet Kristina Neubauer, Koordinatorin des West Papua Netzwerkes (WPN) und des Faith-based Network on West Papua (FBN).
Im August 2010 initiierte das indonesische Landwirtschaftsministerium das Agro-Megaprojekt MIFEE (Merauke Integrated Food and Energy Estate), bei dem 1,2 Millionen Hektar Land rund um die Stadt Merauke in Großplantagen umgewandelt werden sollen. Die meisten Dörfer stehen mit der Entscheidung alleine da und sind auf die Tricks der Unternehmen nicht vorbereitet. „Die Kirchen sollten in ihren Gemeinden darüber aufklären, wie die Firmen vorgehen”, empfiehlt das Papua-Team.
Die Dorfbewohner sind mit den Entscheidungen oft überfordert; sie haben weder Erfahrung mit Landverträgen noch eine Vorstellung davon, wie die Plantagenwirtschaft ihr Leben und ihr Land verändern wird. Matius hat von einem leichteren Leben, einem Kontakt zur Außenwelt geträumt. Jetzt hat er ein Handy – aber telefonieren kann er deshalb noch lange nicht. Denn für ein Handynetz haben die Investoren nicht gesorgt.
In ihrer Abschlusserklärung emutigten die Delegierten die Kirchen zu mehr politischer Verantwortung. Sie appellierten an Kirchen auf der ganzen Welt, sich an die Seite derer zu stellen, die von Landraub und Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen bedroht sind. „Wenn unsere Brüder und Schwestern unter einer ungerechten Wirtschaftslage leiden, sind wir aufgefordert sie zu befreien und zu stärken”, sagte Bischof Stephen Ismail Munga aus Tansania in seiner Abschlusspredigt.
Das Ende der Apartheid habe gezeigt, dass eine kritische Masse die Welt verändern kann.
Quelle: VEM / Bild: VEM (Christina Felschen)
Landraub hat viele Gesichter. In Indonesien, wie auch in anderen Ländern des globalen Südens, werden ganze Dörfer entwurzelt und vertrieben, um den Plänen in- und ausländischer Investoren Platz zu machen.
Was das für die Einzelnen bedeutet, haben 35 Delegierte von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen bei einer Reise nach Papua und Sumatra vom 2. bis 13. Mai erfahren. Der Workshop unter dem Titel „Peace with the Earth“ kam auf Einladung der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) unter Beteiligung von Brot für die Welt und seinen Partnern (Lentera, Bakumsu, KSPPM) zustande. Indonesien besitzt einen der artenreichsten und größten Regenwälder der Welt.
Doch die Hälfte des Areals ist bereits zerstört; Prognosen des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) zufolge werden bis zum Jahr 2022 bereits 98 Prozent der Wälder degradiert oder verschwunden sein, wenn die Abholzung im derzeitigen Tempo weitergeht. Bei Besuchen in zerstörte Waldgebiete und einer Zellstoff-Fabrik, in Palmölplantagen und bei lokalen Gemeinschaften, bei Grubenarbeitern und einem Bergbaukonzern wurde den Teilnehmern deutlich, wie ein Geflecht gesellschaftspolitischer Interessen zur Bildung von Monopolen und Monokulturen führt. Der ehemalige Umweltminister Sonny Keraf brachte es auf eine knappe Formel: „Politische Führer brauchen Geld für ihren nächsten Wahlkampf, Unternehmer helfen ihnen aus und im Gegenzug revanchieren sich die Politiker mit Konzessionen von Landflächen.“
Aus Sicht der Regierung gehört das Land dem Staat – es sei denn, jemand kann durch einen Grundbrief beweisen, dass er der rechtmäßige Besitzer ist. Doch dies kommt so gut wie nie vor, da solche Dokumente in der Vergangenheit kaum ausgestellt wurden und die Landbehörden sich heute meist weigern, nachträglich Grundbriefe auf der Basis des Gewohnheitsrechts auszustellen. Somit kann die Regierung das Land nach Gutdünken an den meistbietenden Investor verpachten. Eigentlich stünde einem solchen Vorgehen die UN-Erklärung zum Schutz indigener Völker im Weg, nach der Indigene ihre „freie, informierte und vorhergehende Zustimmung“ (FPIC = free, prior and informed consent) geben müssen, ehe ihr Land verkauft wird. Doch die Regierung erkennt die indonesischen Ureinwohner schlichtweg nicht als Indigene an. Da lokale und regionale Gesetze jedoch von der Jakarta-Doktrin abweichen können, schließen viele Investoren zusätzlich Verträge mit den Bewohnern vor Ort ab. Matius´ Dorf ist erst der Anfang.
In zehn bis zwanzig Jahren werde es in Papua ebenso aussehen wie jetzt schon in Nord-Sumatra, befürchtet Kristina Neubauer, Koordinatorin des West Papua Netzwerkes (WPN) und des Faith-based Network on West Papua (FBN).
Im August 2010 initiierte das indonesische Landwirtschaftsministerium das Agro-Megaprojekt MIFEE (Merauke Integrated Food and Energy Estate), bei dem 1,2 Millionen Hektar Land rund um die Stadt Merauke in Großplantagen umgewandelt werden sollen. Die meisten Dörfer stehen mit der Entscheidung alleine da und sind auf die Tricks der Unternehmen nicht vorbereitet. „Die Kirchen sollten in ihren Gemeinden darüber aufklären, wie die Firmen vorgehen”, empfiehlt das Papua-Team.
Die Dorfbewohner sind mit den Entscheidungen oft überfordert; sie haben weder Erfahrung mit Landverträgen noch eine Vorstellung davon, wie die Plantagenwirtschaft ihr Leben und ihr Land verändern wird. Matius hat von einem leichteren Leben, einem Kontakt zur Außenwelt geträumt. Jetzt hat er ein Handy – aber telefonieren kann er deshalb noch lange nicht. Denn für ein Handynetz haben die Investoren nicht gesorgt.
In ihrer Abschlusserklärung emutigten die Delegierten die Kirchen zu mehr politischer Verantwortung. Sie appellierten an Kirchen auf der ganzen Welt, sich an die Seite derer zu stellen, die von Landraub und Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen bedroht sind. „Wenn unsere Brüder und Schwestern unter einer ungerechten Wirtschaftslage leiden, sind wir aufgefordert sie zu befreien und zu stärken”, sagte Bischof Stephen Ismail Munga aus Tansania in seiner Abschlusspredigt.
Das Ende der Apartheid habe gezeigt, dass eine kritische Masse die Welt verändern kann.
Quelle: VEM / Bild: VEM (Christina Felschen)