Ende Mai berichtete unter anderem CNN Indonesia über einen Besuch von papuanischen Politikern in Jakarta, die sich bei Jokowi für die drei geplanten neuen Provinzen in Westpapua ausgesprochen haben sollen und sie als lang gehegten Wunsch der Papuas bezeichnet haben, für den die Papuas lange gekämpft hätten und der den Wohlstand nach Papua bringen werde.
Vertreter des MRP (Volksrat der Provinz Papua) kritisierten diesen Besuch und die Aussagen und machten deutlich, dass die Besucher aus Papua nicht den MRP repräsentierten. Timotius Murib, der Vorsitzende des MRP, sagte CNN Indonesia: „Diese fünf Mitglieder repräsentieren nicht den MPR, sondern sind abtrünnige Gestalten, die eingeladen wurden und sich auf den Weg gemacht haben, um [ihre] Bestrebungen zu übermitteln und [neue] Provinzen zu akzeptieren.“ Laut Murib sei es normal, wenn es innerhalb der MPR Meinungsverschiedenheiten über die DOB gebe, aber der Besuch der fünf Mitglieder beim Präsidenten in Bogor erfolgte nicht im Rahmen der offiziellen MPR-Mechanismen. „Sie hatten auch nie ein Mandat von der MPR-Führung, sich mit dem Präsidenten zu treffen. Wir vermuten, dass dies von einer bestimmten Partei arrangiert wurde“, erklärte er. „Es gab keine offizielle Reise der MPR als Institution. Sie repräsentieren also nicht die Institution. [Es gab weder ein Auftragsschreiben (SPT) noch einen offiziellen Reiseauftrag (SPPD). Vielleicht haben sie nur ihre eigene Gruppe vertreten“, sagte Murib.
Mehrere Menschenrechtsakteur*innen und Aktivist*innen aus Papua kritisierten den Besuch der fünf Personen in Jakarta und den daraus entstandenen Eindruck, dass die neuen Provinzen in Papua politisch umfassend unterstützt würden.
Die Humanitarian Coalition for Papua fordert die Regierung auf, die indigene Bevölkerung Papuas bei der Novellierung des Sonderautonomiegesetzes und dem Plan der Regierung, drei neue Provinzen in Papua zu bilden, tatsächlich und sinnvoll zu beteiligen. Die Humanitarian Coalition for Papua ist der Ansicht, dass Jokowis Treffen mit bestimmten MRP-Mitgliedern eine „Pseudo-Beteiligung“ darstelle, d.h. eine Beteiligung, die alles andere als sinnvoll sei und zu Manipulationen neige.
Die Direktorin der Democracy for Papua Alliance (ALDP), Anum Siregar, betrachtete Jokowis jüngstes Treffen als einen politischen Schritt, um die Haltung des papuanischen Volkes zu spalten. „Jakarta hat zum x-ten Mal versucht, unser eigenes Volk gegeneinander aufzubringen. Aber wir wollen uns nicht in eine Falle locken lassen, geschweige denn die internen Spannungen zwischen den MRP-Mitgliedern verschärfen, denn das ist es, was die Parteien, die das Treffen organisiert haben, wollten. Wir lehnen es ab, bei der Politik der Eliten des „divide et impera“ [teile und herrsche] mitzumachen. Der Präsident hat sein Versprechen vom letzten Treffen gebrochen, er hatte dem MRP versprochen, jede Entscheidung des Verfassungsgerichts zu respektieren“, so Anum.
Der Aktivist des Institute for Community Studies and Advocacy (ELSAM), Muhammad Azka Fahriza, betrachtete das Treffen im Bogor-Palast als eine Form der manipulativen Beteiligung an der Politikgestaltung. „Das ist eindeutig manipulativ. Der Vorsitzende des MRP hat klargestellt, dass es nicht stimmt, dass der MRP das neue Sonderautonomiegesetz und die neuen Provinzen unterstützt. Die MRP-Delegation bei dem Treffen war eindeutig illegal. Schande über diejenigen, die gekommen sind, um das Land und die Menschen in Papua zu einem niedrigen Preis zu verkaufen. Die Öffentlichkeit und die Medien müssen das kritisch sehen“, sagte Azka.
Nurina Savitri, Kampagnenleiterin von Amnesty International Indonesien, sagte, dass der Plan der neuen autonomen Region auf breite Proteste der Papuas stieß, wie am 10. Mai 2022, als Papuas friedliche Proteste in verschiedenen Gebieten in Papua und außerhalb Papuas abhielten.
„Als Reaktion auf diese Proteste gingen das Militär und die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen die Demonstranten vor. Sieben Aktivisten, die sich vor dem Büro von KontraS Papua versammelt hatten, wurden sogar verhaftet. Auch wenn sie später wieder freigelassen wurden, zeigt der Vorfall, dass der Staat nicht auf die Menschen hört, die die neuen autonomen Regionen ablehnen. Dieses Vorgehen verstößt gegen die Meinungsfreiheit“, sagte Nurina.
Der Plan, Papua in weitere Provinzen aufzuteilen, müsse unter Beteiligung der Papuas besprochen werden, so die Aktivist*innen. Hierfür müsse eine sinnvolle Beteiligung fünf Bedingungen erfüllen. Erstens beginnt sie bereits in der Phase der Projektplanung und -vorbereitung und wird während des gesamten Projekts kontinuierlich durchgeführt. Zweitens muss der Projektträger relevante und angemessene Informationen rechtzeitig offenlegen, die für die betroffene Bevölkerung leicht verständlich und leicht zugänglich sind. Drittens müssen alle Prozesse in einer Atmosphäre stattfinden, die frei von Einschüchterung oder Zwang ist. Viertens müssen sie inklusiv, geschlechtersensibel und für gefährdete Gruppen geeignet sein. Fünftens müssen alle Menschen, die von dem Projekt betroffen sind, und andere Interessengruppen in die Projektplanung, die Abhilfemaßnahmen, die Weitergabe von Fortschritten und Möglichkeiten sowie in Fragen der Umsetzung einbezogen werden können.