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Regenwald in Westpapua - der drittgrößte noch zusammenhängende Regenwald weltweit (Foto: Mensen met een Missie)

Wirtschaftliche Interessen gefährden Rechte Indigener

Wie in den anderen Regionen Indonesiens setzt sich besonders in Westpapua der Trend fort, Menschenrechte dem Wirtschaftswachstum unterzuordnen. Gold, Kupfer und andere Erze, Gasvorkommen, tropische Hölzer und das Potenzial für große Agrarflächen machen Westpapua für nationale und internationale Bergbau- und Agrarkonzerne besonders reizvoll und erklären das starke wirtschaftliche und damit einhergehende politische Interesse an der Region. Die in Westpapua erwirtschafteten Gewinne fließen oft ins Ausland oder in andere Teile Indonesiens.

Monokulturen, wo früher einmal Regenwald war (Foto: Magda K.)

Der seit Jahren von der indonesischen Zentralregierung präferierte Entwicklungsansatz in Westpapua fokussiert sich auf Infrastrukturmaßnahmen und der Lizenzvergabe an ausländische Investoren. Korruption sowie Manipulation und Einschüchterung der indigenen Bevölkerung im Zusammenhang mit der Landrechtenutzung nehmen dabei weiter zu. Regelmäßig berichten Betroffene über Unstimmigkeiten in den Genehmigungsverfahren. Umweltverträglichkeitsanalysen werden nicht korrekt durchgeführt und Genehmigungen nachträglich umgewidmet, um die Flächen für andere Agrarprojekte zu nutzen, die wirtschaftlich ertragreicher sind. Indigene Papuas verlieren durch diese Landnahmen ihre Lebensgrundlagen, Traditionen und Kultur. Vorgaben der Corporate Social Responsibility, die Unternehmen für die Auswirkungen ihres Handelns auf die Gesellschaft in die Pflicht nehmen, werden nicht erfüllt. Die Umsetzung einer gerechten Entwicklungspolitik scheitert.

Verlust indigener Landrechte befürchtet

Derzeit befinden sich zwei Clans, die Awyu als auch die Moi, in verschiedenen Rechtsstreitigkeiten zur Verteidigung ihrer Landrechte. Bestand der Verfahren sind Genehmigungen an Palmölunternehmen, die den Verlust der indigen Landrechte der Awyu und Moi zur Folge haben.

Im März 2023 reichte ein Vertreter der Awyu bei einem Gericht in Jayapura, der Hauptstadt der Provinz Papua, eine Klage gegen PT IAL (PT Indo Asiana Lestari) ein, um die Umweltgenehmigung (erfolgt auf Umweltverträglichkeitsanalyse) des Unternehmens aufzuheben. Das Unternehmen verfügt über eine Umweltgenehmigung für eine Fläche von 36.094 Hektar, was mehr als der Hälfte der Fläche von Jakarta City entspricht, und befindet sich im traditionellen Wald des Woro-Clans, der zum Stamm der Awyu gehört. Sie argumentierten, dass sie bei der Erteilung der Genehmigung nicht konsultiert worden seien, obwohl sie von den Arbeiten des Unternehmens betroffen sein könnten – ein Verstoß gegen ein Gesetz aus dem Jahr 2021 über die Sonderautonomie Papuas, das die Regierung verpflichtet, indigene Völker bei der Erteilung von Genehmigungen einzubeziehen. Im November 2023 wies das Gericht in Jayapura die Klage trotz einer Fülle von Beweisen und Expertenaussagen ab, die alle auf Unregelmäßigkeiten bei der Erteilung der Genehmigungen für PT IAL hinwiesen. Das Urteil gab PT IAL im Wesentlichen grünes Licht für die Abholzung von 26.326 Hektar Primärwald innerhalb der Konzession des Unternehmens. Die Awyu legten Berufung bei einem höheren Gericht in Manado, der Hauptstadt der Provinz Nordsulawesi, ein, das die Berufung jedoch aus formalen Gründen zurückwies. Der Stamm brachte seinen Fall daraufhin im März 2024 vor den Obersten Gerichtshof.

Sorge, dass durch die Abholzung des Regenwaldes in Westpapua viele Millionen Tonnen CO2 freigesetzt werden (Foto: Antoine Lemaire)

Auch die Moi, ein indigener Stamm aus dem Raum Sorong, klagen direkt gegen ein weiteres Palmölunternehmen, PT Sorong Agro Sawitindo (SAS). SAS besaß früher Lizenzen für eine 40.000 Hektar große Konzession im Distrikt Sorong. Im Jahr 2021 widerrief der Landrat von Sorong jedoch zwei dieser Genehmigungen: die Standortgenehmigung und die Umweltgenehmigung. Man begründete die Entscheidung damit, dass die Konzession jahrelang unbewirtschaftet und verlassen war, nachdem SAS es versäumt hatte, eine Bewirtschaftungsgenehmigung (HGU) zu erhalten, die letzte in einer Reihe von Lizenzen, die Ölpalmenunternehmen erhalten müssen, bevor sie mit der Bepflanzung beginnen dürfen. Der Entscheidung des Landrats folgte 2022 die Zentralregierung, die SAS zwei weitere Genehmigungen entzog: eine Waldumwandlungsgenehmigung, die es dem Unternehmen erlaubt hätte, Regenwald abzuholzen, und eine Geschäftsgenehmigung. SAS focht diese Widerrufe im Jahr 2023 vor einem Gericht in Jakarta an und erhielt im Januar 2024 ein Urteil zu seinen Gunsten.

Im Mai 2024 legte der Stamm der Moi beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen dieses Urteil ein, da sie befürchten, dass SAS mit der Abholzung ihrer Wälder fortfahren wird, nachdem die Genehmigung zur Waldumwandlung wieder erteilt wurde.

Wenn PT SAS und PT IAL mit ihren jeweiligen Expansionsplänen fortfahren, könnte die damit verbundene Abholzung nach Schätzungen von Experten 25 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre freisetzen. In einem Apell richteten sich Vertreter der Moi und Awyu direkt an den Obersten Gerichtshof: „Ich fordere den Obersten Gerichtshof auf, uns indigenen Völkern rechtliches Gehör zu verschaffen. Der Wald ist der Ort, an dem wir jagen und Sago sammeln. Der Wald ist eine Apotheke für uns. Unsere Bedürfnisse sind alle im Wald zu finden. Wenn unsere traditionellen Wälder verschwinden, wohin sollen wir dann noch gehen?“

Der Wald in Westpapua ist auch ein Lebensraum für die endemische Flora und Fauna Papuas und speichert große Kohlenstoffreserven. Es wird befürchtet, dass durch die Abholzung des Regenwaldes in Westpapua viele Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt werden und damit die Auswirkungen der Klimakrise verschärft werden.

Kritik an Plänen für neues Zucker-Bioethanol-Projekt in der Provinz Süd-Papua

Indonesien plant die Umwandlung von Millionen von Hektar Land in der Provinz Süd-Papua. Gigantische Zuckerrohrplantagen sollen die Selbstversorgung der Region mit Zucker sichern und die Herstellung des damit verbundenen flüssigen Kraftstoff Bioethanol ermöglichen.

Angesichts des steigenden Zuckerkonsums in Indonesien und der damit einhergehenden Zunahme der Importe kündigte Präsident Joko „Jokowi“ Widodo im Jahr 2020 einen Plan an, wonach das Land innerhalb eines Jahrzehnts Selbstversorger bei diesem Rohstoff werden soll. Dazu sollen Anbauflächen und Fabriken im ganzen Land verteilt werden. Prabowo Subianto, der zukünftige Präsident Indonesiens, setzte in seinem Wahlkampf auch auf das Versprechen, in der Zukunft vermehrt auf Biokraftstoffe zu setzen und die Abhängigkeit Indonesiens von Kohle zu reduzieren.

Das Zucker-Bioethanol Projekt in Merauke soll eine riesige Fläche umfassen (bis zu 2 Millionen Hektar) und mehrere Milliarden US Dollar an Investitionen anziehen.

Die Provinz Süd-Papua und besonders der Landkreis Merauke sind Standorte vieler sogenannter Entwicklungsprogramme (Karte: WPN)

Indigene Gemeinschaften und Umweltschützer*innen befürchten jedoch, dass das Projekt in dem Landkreis Merauke, Provinz Süd-Papua, zu Landraub, Umweltschäden und der Zerstörung traditioneller Lebensgrundlagen führen wird. Sie sind durch frühere gescheiterte Projekte in dieser weitläufigen Region gezeichnet, insbesondere durch das Merauke Integrated Food and Energy Estate (MIFEE), von dem sie sagen, dass es sie um Zahlungen betrogen, Versprechen gebrochen und lokale Perspektiven missachtet hat. Wälder wurden abgeholzt, Sago als traditionelle Ernährungsgrundlage verschwand, Flüsse verschmutzten und Fische starben. Dies führte zu Unterernährung, besonders bei Kindern, dem Anstieg von Treibhausgasemissionen und dem Verlust von Landrechten. Umweltschützer*innen kritisierten die mangelnde Transparenz in der Projektplanung. Sollte dieses tatsächlich so umgesetzt werden, würde es fast die Hälfte der Fläche von Merauke umfassen. Indigene Gemeinden müssten daher unbedingt im Voraus einbezogen werden. Wenn dies nicht geschehe, sei dieses Projekt ein weiteres Beispiel für den mangelnden Respekt indigener Rechte und Gemeinden in Westpapua und ein Beweis für eine indonesische Entwicklungspolitik, die von „oben nach unten“ durchgeführt werde.