Nato Tekege (16) wollte zur Schule gehen. Aber er hatte keinen Zugang zu formaler Bildung, und als eine katholische Nonne, Mariecen Kuayo DSY, ihn bat, in ihrem „Lernstudio“ zu lernen, nahm er gerne an.
„Ich wollte zur Schule gehen und als die Schwester mich einlud, sagte ich ja“, erzählte Tekege kürzlich in einem Telefoninterview mit Jubi.
Tekege ist eines von 115 Kindern, die in dem von Schwester Mariecen Kuayo und ihren Kolleg*innen geleiteten „Lernstudio“ in Enarotali, Landkreis Paniai in Papua, lernen.
Die Kinder haben zuvor aus verschiedenen Gründen keinen Zugang zu formaler Bildung erhalten. Sie sind zum Teil Waisen oder litten unter der Scheidung ihrer Eltern und mangelnder Fürsorge.
Schwester Kuayo eröffnete im Juli letzten Jahres das Lernstudio, um solche Kinder aufzunehmen und ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen. Sie sah sie auf der Straße, als andere Kinder zur Schule gingen. Also fragte sie sie, ob sie lernen wollten. Einige von ihnen sagten nicht sofort ja, aber die Schwester sah dennoch Interesse in ihren Gesichtern. Sie bat sie daher, am nächsten Tag das Kloster zu besuchen. „Sie wollten lernen, aber sie waren zu schüchtern, um ja zu sagen. Ich sah in ihren Gesichtern, dass sie zur Schule gehen wollten, also sagte ich ihnen, sie sollten am nächsten Tag das Kloster besuchen“, erzählte Kuayo.
Am Anfang waren es sechs Kinder, die dort lernten. Aber am folgenden Nachmittag kamen sieben weitere ins Kloster. Sie begann mit dem Unterricht am 13. Juli 2020. Später erweiterte sie die Einladung nicht nur auf Straßenkinder, sondern auch auf diejenigen, die zu Hause blieben und nicht zur Schule gingen. Jetzt, nicht einmal ein Jahr später, hat das Lernstudio bereits 115 Schüler*innen im Alter von 5 bis 22 Jahren aufgenommen. Mariecen Kuayo stellte weitere Lehrer*innen ein. Derzeit hat das Studio insgesamt sieben Lehrer*innen: drei Schwestern, zwei Vertragslehrer, einen Priester und einen Berufsschüler. „Jeden Tag kommen die Kinder und wir lernen gemeinsam“, sagte Kuayo.
Im ersten Monat lief der Unterricht nur von 9 bis 10 Uhr morgens. „Aber die Kinder kamen schon um 7 Uhr morgens“, sagte sie. Jetzt führte das Studio vier Klassen für die Kinder und sie weiteten den Unterricht auf 7 Uhr bis 10:30 Uhr aus. Sechs Monate lang lernten die Schüler*innen die Buchstaben des Alphabets, einschließlich des Schreibens. Seit Januar 2021 begannen sie, das Lesen zu lernen.
Die Schüler*innen lernen vier Tage in der Woche in der Klasse, von Montag bis Donnerstag. Jeden Freitag lernen sie praktisches Wissen darüber, wie man die Umwelt sauber halten kann. Jeden Freitag essen sie gemeinsam nahrhaftes Essen, daher nannte das Studio das Freitagsprogramm „Healthy Friday“.
„Ihr guter Geist gibt mir den Grund, sie zu unterrichten. Sie kommen, auch wenn es regnet. Ich glaube, sie sehnen sich wirklich nach einer Ausbildung“, so Schwester Kuayo.
Das Lernstudio hat vier Klassenstufen: Früherziehung (4 bis 6), Grundschule (7-11), Junior High (12-15) und High School (16 und älter).
Der Unterricht und die Gemeinschaft half einigen Kindern auch dabei, Süchte wie Klebstoffschnüffeln zu überwinden. Kuayo wandte ein Peer-Monitoring-System an, bei dem sich die Freunde gegenseitig darauf hinwiesen, wenn sie sahen, dass jemand Klebstoff kaufte oder andere Übertretungen beging. „Sie haben sich verändert und haben ihr Problem überwunden“, sagte sie.
Schwester Kuayo sagte dem Nachrichtenmagazin Jubi, dass sie die Bildungsbehörde in Paniai kontaktiert habe, um ihren Schülern die Möglichkeit zu geben, an einer staatlichen Prüfung teilzunehmen, die dem formalen Bildungsniveau entspreche. Noch habe sie keine Antwort von der Verwaltung erhalten.