Folter im Gefängnis Abepura in Papua/ Indonesien

WPN 26. Oktober 2008.
Am 22. September 2008 wurde Ferdinand Pakage im Gefängnis Abepura bei einem Verhör bewusstlos geschlagen. Sein rechtes Auge wurde zertrümmert. Er bleibt sein Leben lang auf dem rechten Auge blind. Es gibt in Indonesien kein Gesetz, das Folter bei Verhören unter Strafe stellt. Manfred Nowak, der Sonderberichterstatter der UNO für Folter, fordert dies seit seinem Besuch in West Papua. FerdinandPackageFolteropfer Ferdinand Pakage im Krankenhaus Ferdinand Pakage hatte einen Hafturlaub überzogen, wurde gesucht und am 21. September in einem Sammeltaxi in Abepura festgenommen. Bei der Festnahme führte er eine Machete bei sich, ließ sich aber widerstandslos ins Gefängnis zurückbringen. Am nächsten Morgen um 7 Uhr wurde er verhört. Ihm wurde vorgeworfen, er habe versucht, den Beamten, der ihn festnahm, mit der Machete zu schlagen. Bei diesem Verhör wurde er zunächst von Hebert Toam mit der Faust, in der dieser absichtlich einen Schlüssel hielt, geschlagen und mit diesem Schlüssel ins Auge getroffen. Er wurde sofort bewusstlos, dann wurde er in einem anderen Raum von einem Beamten namens Gustaf Rumakewi mit einem Gummiknüppel geschlagen und mit Stiefeln getreten und wieder in seine Zelle gebracht. Gegen 9 Uhr war sein Zustand so schlecht, das Auge blutete, so dass seine Mitgefangenen dies meldeten. Er wurde dann ins Krankenhaus Jayapura gebracht, wo er drei Tage blieb. Für eine Augenoperation war es nach Aussagen der Ärzte zu spät. Er bleibe sein Leben lang blind auf diesem Auge. Seither klagt er über heftige Kopfschmerzen, aus dem Auge kommt noch immer Flüssigkeit. Der Täter Hebert Toam war schon in einem Gefängnis für Drogensüchtige durch Schlägerei aufgefallen und deshalb in das Gefängnis Abepura versetzt worden. Ferdinand Pakage verbüßt eine Strafe von 15 Jahren Gefängnis wegen der Teilnahme an einer Demonstration am 16. März 2006. Der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Folter, Prof. Dr. Manfred Nowak konnte auf Einladung der indonesischen Regierung vom 10. bis 25. November 2007 Indonesien besuchen. Er war auch einige Tage in Papua „Es gibt zwar Fortschritte, doch Folter wird nach wie vor praktiziert. Sie muss offiziell als Verbrechen gebrandmarkt werden, welches strafrechtlich verfolgt wird.“ Das war das Fazit seines Berichts. Dort schreibt er: Die Regierung habe zwar behauptet, dass Folter als Verbrechen in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden soll. Doch Manfred Nowak bedauerte, dass dies nicht schon längst geschehen ist, „trotz vieler Empfehlungen in dieser Sache sowohl von nationalen wie internationalen Beobachtern.“ Er forderte, dass Folter sofort unter Strafe gestellt werden muss, mit einer Mindeststrafe von mehreren Jahren. „Nur so kann Indonesien konkret zeigen, dass es willig ist, dies Problem anzugehen.“ Er betonte, dass es „das deutlichste Signal für die Ächtung von Folter ist, wenn Täter vor Gericht gebracht werden.“ Die indonesische Regierung hätte ihm nicht einen einzige Fall nennen können, bei dem ein Beamter des Sicherheitsapparates wegen Folter oder Misshandlung verurteilt wurde. Er sagte: „Praktisch existiert kein gesetzlicher Schutz für Verhaftete, insbesondere während der Untersuchungshaft. Damit verletzt Indonesien internationale Normen und Standards, zu denen es sich verpflichtet hat.“ (sz)

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Seit einem Monat streiken Lehrer und Schüler im Bezirk Paniai (Enarotali)

WPN 3. November 2008
Seit über einem Monat sind viele Schulen im westlichen Hochland Papuas geschlossen. Heute demonstrierten Lehrer und Schüler in Enarotali, dem Hauptort des Bezirks (Kabupaten) Paniai. Sie fordern seit Wochen die Auszahlung der ihnen zustehenden Gehälter, doch offensichtlich kümmert sich die Bezirksverwaltung nicht um ihre Sorgen. Der Bezirkschef (Bupati) sei in all den Wochen noch nicht auf die Lehrer zugekommen, um ihre Klagen zu hören. An einer geordneten Ausbildung der Jugend scheint die Bezirksverwaltung kein Interesse zu haben. Seit dem Jahr 2002 wurde – gemäß dem Sonderautonomiegesetz – viel Geld für die Verbesserung des Schulwesens in die Provinz Papua transferiert. Doch in der Lehrerschaft herrscht weithin große Unzufriedenheit, weil man inzwischen erkennt, dass die Gelder nicht in den Schulen ankommen, sondern in den Taschen unfähiger, korrupter Beamten verschwinden. Insbesondere die Schulen in den ländlichen Bezirken sind völlig verwahrlost. Die Lehrer werden an weit entfernt liegenden einsamen Orten eingesetzt, ohne dass ihnen Materialien und Schulbücher zur Verfügung gestellt werden. Sie haben oft hohe Fahrtkosten, wenn sie in die Kreisstadt reisen müssen, um z.B ihr Gehalt abzuholen. Dort werden sie dann von der Bürokratie wie Bittsteller behandelt. Da die indonesische Regierung in den letzten Jahren in einem überhasteten Tempo Regierungsbezirke in kleine Einheiten aufgeteilt hat, mussten neue Verwaltungen geschaffen werden, ohne dass qualifiziertes Personal dafür vorhanden war. Viele neu ernannte Beamte gerade in ländlichen Gebieten sind völlig inkompetent und überfordert. Die wichtigen Aufgaben der Verbesserung von Bildung- und Gesundheitswesen bleiben auf der Strecke. Vor einigen Monaten gab es schon einmal einen Schüler- und Lehrerstreik in Nabire, über den wir berichteten. Leider ist in den Medien über diese Problematik West-Papuas wenigzu erfahren. Der Grund für die Misere im Bildungs- und Gesundheitswesen ist letztlich die laissez-faire-Haltung der indonesischen Regierung, die die Missstände zwar sieht, aber keine Anstrengungen unternimmt, sie zu beseitigen (sz).

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Papua-Kirchen dokumentieren dreizehn Fälle von schwerer Folter durch indonesische Sicherheitskräfte.

WPN 14. November 2008.
In einem Schreiben vom 29. Oktober 2008 wenden sich Kirchen und Menschenrechtsorganisationen aus Papua an den Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Folter, Prof. Dr. Manfred Nowak. Sie schildern 13 Fälle von schwerer Folter, verübt von indonesischem Militär, Polizei sowie Gefängnispersonal. Alle Fälle ereigneten sich während der letzten sechs Monate. Das Schreiben ist mitunterzeichnet von sieben internationalen Menschenrechtsorganisationen. FerdinandPackageFolteropfer Ferdinand Pakage Ein Gefängnisaufseher zertrümmerte sein rechtes Auge Am 18. Mai 2008 zwangen acht Marinesoldaten einen jungen Papua und seine Freundin, sich am Strand von Hamadi – ganz in der Nähe der Marinebasis – auszuziehen und Geschlechtsverkehr zu haben. Sie wurden geschlagen, getreten und bedroht, bis sie den Forderungen der Soldaten nachkamen. Die Soldaten schlugen sie nicht nur, sondern berührten auch die Brüste und Genitalien der jungen Frau. Nachdem man die beiden frei gelassen hatte, meldeten diese den Vorfall der Wache. Doch diese wollte den Fall gar nicht zu Kenntnis nehmen und sagte: „Ihr werdet schon etwas verbrochen haben, wenn man euch so bestraft…“ Am nächsten Tag meldeten die beiden den Vorfall der Militärpolizei. Sie konnten auch den Anführer der Gruppe, der sich selbst als Dayak bezeichnet hatte, identifizieren. Von einer Bestrafung der Täter ist nichts bekannt geworden. Mit der Schilderung dieses Falles beginnt der Bericht. Er endet mit dem Bericht über die Misshandlung des Inhaftierten Ferdinand Pakage. Ihm wurde am 22. September 2008 von einem Gefängnisaufseher in Abepura ein Auge zertrümmert. Das Auge ist für immer verloren. Ferdinand Pakage verbüßt eine Haftstrafe von 15 Jahren, weil ihm Gewalt und Widerstand gegen Sicherheitskräfte während einer Demonstration am 16. März 2006 vorgeworfen wurde. Manfred Nowak besuchte im November 2007 West-Papua. Er hatte schon in seinem Bericht für den Menschenrechtsrat dringend gefordert, dass Indonesien Folter seitens der Sicherheitskräfte unter Strafe stellen soll. (sz)

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Greenpeace fordert Moratorium gegen weitere Zerstörung von Wäldern in Indonesien, Unilever, der größte Palmölkäufer der Welt, unterstützt die Forderung

WPN 24. November 2008
Indonesien will seine Palmölproduktion immens ausweiten in der Hoffnung, dass die Quotenregeln von Biokraftstoffen in Industrieländern neue Exportmärkte schaffen. Infolge der harschen Kritik von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen fordern viele EU-Staaten allerdings nun eine Zertifizierung von Palmöl, das einen nachhaltigen Anbau bescheinigt. Der Roundtable on Sustainable Palm Oil, eine Industrie-geführte Initiative, hat in diesem Jahr mit dem Zertifizierungsprozess begonnen. Mehrere EU-Staaten arbeiten an eigenen Systemen. Umweltgruppen kritisieren, dass ein Zertifikat lediglich ein „Greenwashing“ für eine zerstörerische Industrie bedeute und fordern weitergehende Strukturänderungen, wie etwa Investitionen in andere alternative Energien. Lesen Sie mehr über die Hintergründe der aktuellen Ereignisse im Kurzbericht der Friedrich-Ebert-Stiftung „Biodiesel aus Palmöl und nachhaltige Produktion in Indonesien – ein Widerspruch in sich?“ von Christina Schott, Südostasienkorrespondentin weltreporter.net, Jakarta. (sz)

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Der 1. Dezember – Tag der Erinnerung in Papua

WPN 1. Dezember 2008.
Der 1. Dezember ist nicht nur Welt-Aids-Tag, für die Papua ist er auch ein Tag der Erinnerung an ein freies, unabhängiges West-Papua. Am 1. Dezember 1961 erklärte der damalige West-Papua-Rat, die legitime Vertretung der Bevölkerung, seine Absicht, in wenigen Jahren einen unabhängigen Staat West-Papua zu gründen. Die Niederlande, die damals Niederländisch Neuguinea noch als Kolonie verwalteten, setzten 1970 als Termin für die Unabhängigkeit fest. Am 1. Dezember 1961 wurde bereits ein Beschluss gefasst über die nationalen Symbole, Flagge und Wappen, der jungen Republik. Der damalige indonesische Präsident Sukarno verhinderte alle Pläne durch eine militärische Intervention und annektierte West-Papua. Bis heute ist der 1. Dezember für die Papua ein Tag der Erinnerung. In vielen Städten und Dörfern finden Gottesdienste und Gedenkfeiern statt. Man gedenkt auch der vielen Opfer, die durch die indonesische Besetzung seit 1963 ums Leben gekommen sind. Nichtregierungsorganisationen schätzen ihre Zahl auf 100.000. Wir erhielten heute Berichte von Gedenkfeiern in Manokwari, Nabire und Jayapura. In Manokwari zog ein Demonstrationszug durch die Stadt, Ausgangspunkt war das Büro des Adatrates. Manokwari wurde streng durch viele zusätzlich eingeflogene Militärs bewacht. Dort soll am 20. Dezember der Präsident S.B. Yudhoyono einen Weihnachtsbesuch machen. In Nabire fand ein Gottesdienst unter freiem Himmel statt. In der Predigt hieß es: „Papua ist ein freies Land; frei von jeglicher Abhängigkeit, frei von Alkoholmissbrauch, frei von illegalem Holzeinschlag, frei von illegalem Bergbau, frei von HIV und AIDS frei von jeglicher Art von Mord. Diese Freiheit können uns müssen wir selbst schaffen. Papua ist nicht frei von immer neuer Aufteilung in kleinere Landkreise, nicht frei vom Zustrom vieler Migranten, nicht frei von immer neuen Militäreinheiten, nicht frei von immer neuem Töten und Erschießen.“ Ein Oberschüler las einige Gedichte vor, dabei kam es zu hysterischen Tränenausbrüchen. Anschließend zogen viele Teilnehmer/innen an die Gräber der Opfer des „blutigen Nabire“ vom Jahr 2001 und legten dort Blumen nieder. In Jayapura wollte der Adatrat eine Gedenkfeier am Grab von Theys Eluai in Sentani abhalten. Theys Eluai, charismatischer Vorsitzender des Papua-Adatrates, wurde 2001 zusammen mit seinem Chauffeur auf Anweisung hoher Regierungsstellen in Jakarta von Militärs ermordet. Im Vorfeld der Gedenkfeiern hatte der Polizeipräsident von Papua darauf hingewiesen, dass das Hissen der Morgensternflagge durch den Präsidialerlass 77/2007 verboten ist. Polizei und Militär waren an diesem Tag überall in Alarmbereitschaft. (sz)

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Indonesische Polizei reagiert mit Verhaftungen

WPN 6.Dezember 2008
Nach dem 1. Dezember, dem 47. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung West-Papuas, reagiert die Polizei in Papua nervös. Es kam zu Verhaftungen, Einschüchterungen und Drohungen. 2008-10-21buchtar-tabuni-da Buchtar Tabuni und seine Anwältin Anum Siregar bei der Festnahme am 16.10.2008 Am 3. Dezember wurde in Jayapura der Aktivist Buchtar Tabuni ohne Haftbefehl festgenommen. Sein Anwalt erklärte, dass er zwar nicht geschlagen, aber beschimpft wurde. Buchtar Tabuni ist der Vorsitzende einer Gruppe, die sich die Forderungen der International Parlamentarians for West Papua zu eigen gemacht hat. Die Gruppe fordert eine Überprüfung des Referendums von 1969 – des sog. Act of Free Choice – und ein neues Referendum. Sie vertritt das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung entsprechend den Grundsätzen der internationalen Gemeinschaft. Buchtar Tabuni hatte am 16. Oktober eine genehmigte Demonstration organisiert, mit der die Gründungsveranstaltung der International Parlamentarians for West Papua in London unterstützt werden sollte. Er wurde schon am 18. Oktober verhaftet und verhört, aber wieder freigelassen. Seine erneute Verhaftung unmittelbar nach den Veranstaltungen zum 1. Dezember soll alle die einschüchtern, die eine Selbstbestimmung der Papua wünschen oder fordern. Etwa 100 Anhänger Buchtars demonstrierten vor dem Polizeigebäude und forderten seine bedingungslose Freilassung. Am 5. Dezember durchsuchte die Polizei ein Haus in Sentani, in dem das sog. Büro zur Feier des 1. Dezember untergebracht ist. Es wurden Papiere und Bücher beschlagnahmt. Am 1. Dezember hatten in Manokwari auf den Straßen sog. sweeping, Polizeikontrollen, stattgefunden. Dabei wurde Edison Baransano verhaftet und den ganzen Tag festgehalten, weil man in seiner Tasche ein Transparent mit dem Symbol der Morgensternflagge gefunden hatte. Bei der Verhaftung wurde er mit Gewehrkolben geschlagen, auf den Boden geworfen und mit Stiefeln getreten. Seither erhält er über sein Mobiltelefon anonyme Kurznachrichten, in denen er und seine Ehefrau bedroht werden. Am 6.12. wurden Barnabas Mandacan, der Vorsitzende des Adatrates (DAP) von Manokwari, und John Warijo, der Vorsitzende des nationalen Komitees der Jugend von Papua (KNPP), von der Polizei vorgeladen und verhört. Sie hatten am 1. Dezember einen Demonstrationszug organisiert, an dem bis zu 2000 Personen teilgenommen hatten. An einer Brücke war eine Morgensternflagge von Unbekannten aufgehängt worden. Schon am 30. November fand am späten Abend im Gefängnis von Abepura eine Durchsuchung statt, die von einer 60 köpfigen externen Truppe von Polizei und Militär durchgeführt wurde. Man fand lediglich eine Jacke mit einem aufgenähten Symbol der Morgensternflagge und zwei Mobiltelefone. Selbst das Gefängnispersonal war überrascht von dieser unverhältnismäßigen Aktion. Während diese Aktionen die Nervosität der indonesischen Polizei in West-Papua zeigen, ließ man im Zentrum der Hauptstadt Jakarta eine Demonstration zum 1. Dezember ungestört stattfinden. Dazu hatte sich ca. 300 Personen, vorwiegend Studenten, versammelt. Die britische Europaabgeordnete Dr. Caroline Lucas betonte in einer Presseerklärung zum 1. Dezember das Recht der Papua auf Selbstbestimmung. Dr. Lucas gehört der Grünen Partei – Green Party – an und ist Mitglied der International Parlamentarians for West Papua. (sz)

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7. Dezember 2000: Sie spielten Pingpong mit dem Kopf des Opfers…

Die Gemeinschaft der Opfer vom 7. Dezember 2000 gab zum heutigen Jahrestag der Tragödie eine Presseerklärung heraus. Darin heißt es unter anderem: „Obwohl die Ereignisse nun acht Jahre zurückliegen, kämpfen wir noch immer für Gerechtigkeit und erinnern an unser eigenes Schicksal und die Schicksale vieler anderer Opfer von Menschenrechtsverletzungen im ganzen Lande Papua, die Opfer der Fälle Wasior, Wamena, Biak, an die Ermordung von Theys Hiyo Eluay und seines Fahrers Aristoteles Masoka und an viele andere Opfer von Gewalt seitens des Staates. Immer wurden die Täter dieser brutalen und menschenverachtenden Aktionen vom Staat als Helden hingestellt. Sie erhielten Ehrungen und wurden befördert. Wo ist die Professionalität im Rechtswesen dieses Staates? Es gibt viele Opfer, aber es gibt keine Täter. Gewalt wird mit Lüge zugedeckt, und die Lüge wird mit Gewalt als Wahrheit gepriesen.” Viele Papua können es noch immer nicht verwinden, dass die Verantwotlichen für diese Brutalität, der von Oswald Iten genannte Polizeichef Daud Sihombing und der Chef der mobilen Brigade Johny Usman vom Menschenrechtsgerichtshof in Makassar im September 2005 freigesprochen wurden. (sz)

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West Papua befreien

Von Thomas Wagner In: junge Welt, 10.11.2006 / Feuilleton / Seite 12

Es war einmal ein kleines Mädchen aus Deutschland. Das ging mit seinen Eltern in den Dschungel Westpapuas und erlebte beim Stamm der Fayu eine abenteuerliche und glückliche Kindheit inmitten einfacher Menschen und wilder Tiere. Als der Teenager ein Schweizer Internat besuchte, lösten Heimatverlust und die Begegnung mit den unvertrauten Normen der modernen Gesellschaft bei ihm eine Identitätskrise aus, die erst die erwachsene Sabine Kuegler durch das Schreiben ihrer Kindheitsgeschichte zu bearbeiten begann. Mit ihrem Erstling »Dschungelkind« hatte die heute 33 Jahre junge Frau im Jahr 2004 einen überraschenden Welterfolg, der mittlerweile in über 20 Sprachen übersetzt wurde. Es folgten Auftritte in Fernsehtalkshows, aber auch scharfe Angriffe durch die Gesellschaft für bedrohte Völker und die FAZ. Man warf Kuegler unter anderem vor, über die Ausbeutung der Ureinwohner durch internationale Konzerne in dem von Indonesien regierten Land zu schweigen. Nun hat die wegen ihrer vier Kinder in Deutschland lebende Autorin mit »Ruf des Dschungels« ein Buch nachgelegt, daß solche Kritik gegenstandslos macht. Sie betreibt darin auf populäre und dennoch sensible Weise die dringend notwendige Aufklärung über politische Repression, kapitalistische Ausbeutung und Staatsterrorismus in einer hierzulande auch unter politisch Interessierten kaum bekannten Weltregion. Darüber hinaus dokumentiert das Buch den spannend zu lesenden Prozeß einer ganz individuellen Politisierung. Im Vorschulalter hatte Kuegler den Urwald Westpapuas zum ersten Mal betreten. Sie lebte dort zwölf Jahre als Kind einer Missionarsfamilie beim Stamm der Fayu und kehrte erst mit 17 Jahren nach Europa zurück, wo sie heute mit ihren Kindern in München lebt, ohne je heimisch geworden zu sein. Schon als Sechsjährige wird sie Zeugin einer Hinterhofexekution in der Hauptstadt West-Papuas, verdrängt das Erlebte jedoch und gewöhnt sich in der Dschungelgemeinschaft an die urkommunistischen Gepflogenheit des bedingungslosen Teilens von Nahrung, Gegenständen und Gefühlen. Der Mangel an Privatleben und persönlicher Freiheit störte Kuegler nicht, solange sie in ihrem Netzwerk geborgen war. Zurück in Europa erlebt sie das alltägliche Gegeneinander der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft als Psychokrieg, dem sie als Individuum fast schutzlos ausgeliefert ist. Erst als sie die Fayu nach vielen Jahren erneut besuchte, erlebte Kuegler eine Zeit lang so etwas wie Glück. Die neuentdeckte Geborgenheit unter alten Freunden ist freilich getrübt durch die erschreckende Einsicht, daß die geliebten Menschen zwischen den Mahlsteinen indonesischer Staatraison und der Profitgier US-amerikanischer Konzerne zermalmt zu werden drohen. Eindringlich schildert Kuegler die Armut, Kindersterblichkeit, die schlechte medizinische Versorgung der Bevölkerung der rohstoffreichen ehemaligen holländischen Kolonie West Papua, die sich der indonesische Staat unter Billigung der Vereinten Nationen in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen den Willen der Urbevölkerung als Provinz betrügerisch und gewaltsam einverleibt hat. Den Einheimischen werden durch die Rodung der Regenwälder und durch Bergbauprojekte die Lebensgrundlagen entzogen. Kuegler nimmt ihre Leser mit in den politischen Untergrund, trifft sich dort mit Zeugen grausamer Menschenrechtsverletzungen und Massaker durch das indonesische Militär, spricht mit Aktivisten der verbotenen Bewegung für ein freies Westpapua. Seit vierzig Jahren leisten Angehörige der rund 250 indigenen Gesellschaften Westpapuas mit Demonstrationen, zum Teil aber auch noch mit Pfeil und Bogen unermüdlich Widerstand gegen die indonesische Vorherrschaft und für die politische Selbstbestimmung ihres Landes. Dem staatlichen Völkermord an den Ureinwohnern fielen schon mehr als 100000 Menschen zum Opfer. Von den rund 2,2 Millionen Bewohnern des 422000 Quadratkilometer großen Territoriums der indonesischen Provinz sind etwa 700000 erst im Rahmen staatlicher Umsiedlungsaktionen aus anderen Teilen Indonesiens auf die Insel gebracht worden, um die Ureinwohner zur Minderheit im eigenen Land zu machen. Von dem Profit, den die Konzerne aus der Verwertung der Bodenschätze ziehen, bekommen die Einheimischen kaum etwas zu sehen. Daß Kuegler authentischen Stimmen aus der Unabhängigkeitsbewegung in ihrem Buch viel Platz einräumt, geht auf eine existentielle politische Entscheidung zurück, durch die sie auch ihren inneren Frieden wiedererlangt zu haben glaubt. Sie beschließt, ihre Popularität einzusetzen, um für die Sache der Papua zu streiten: »Genauso wie die Papua gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit kämpften, würde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um das Schweigen zu brechen, das wie ein düsteres Laken über ihnen hing, weil eine korrupte Wirtschaft und eine skrupellose Politik es so wollten. Bislang hatte ich in aller Stille gekämpft, aus Angst, meine Eltern könnten vertrieben werden, aus Angst, ich könnte nicht mehr zu den Fayu zurückkehren. Aber meine Brüder und Schwestern sind nicht nur Fayu, sondern gehören einem viel größeren Volk an, einem Volk namens Papua.«

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E-Info vom 27.06.2011

Am 15. Juni, gegen 09:00 Uhr, war es auf dem Gelände des Militärkommandoposten Kodim 1705 zu einer Demonstration von Zivilsten gekommen. Sie protestierten gegen das brutale Vorgehen von fünf Militärangehörigen, die am 14. Mai den indigenen Papua Derek Adii getötet haben sollen.
Familienangehörige und Freunde des Ermordeten forderten bei dem Protest eine Aufklärung des Verbrechens und die strafrechtliche Verfolgung der Täter. Dabei kam es zu gewalttätigen Übergriffen zunächst von Seiten der Demonstranten, die Fensterscheiben des Militärstützpunktes zerschlugen und mit Gegenständen warfen.
Yones Douw, der zur Beobachtung des Protests vor Ort war, lief auf das Militärgelände, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Die Demonstranten sollen daraufhin gemeinsam mit Yones Douw das Gelände verlassen haben.
Das Militär reagierte nun seinerseits mit Gewalt: Soldaten feuerten Warnschüsse ab und begannen, auf offener Straße auf Demonstranten einzuschlagen. Dabei hatten sie vor allem den in der Öffentlichkeit bekannten Menschenrechtsverteidiger Yones Douw im Visier.
Mindestens fünf Soldaten sollen mit Holzlatten auf Yones Douw eingeschlagen und ihm Verletzungen an Kopf, Schulter und Handgelenken zugefügt haben. Auch der Vater des Ermordeten Derek Adii, Damas Adii, wurde durch Militärangehörige mit Holzlatten attackiert. Während Yones Douw geschlagen wurde, hörte er die Soldaten sagen: „Diesen Tieren muss eine Lektion erteilt werden“ und „Tötet die Leute einfach“. Eine ärztliche Versorgung soll Yones Douw anschließend im Krankenhaus untersagt worden seien, da das Personal für die medizinische Behandlung einen Brief der Polizei verlangt habe.
Yones Douw leidet seitdem vor allem unter Kopfverletzungen und ist besorgt um seine Gesundheit und Sicherheit. 2009 war er bereits Opfer polizeilicher Gewalt gewesen.
Menschenrechtsorganisationen und Kirchen Papuas verurteilen die Gewalt an Yones Douw und anderen Menschenrechtsverteidigern in Papua. In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 17. Juni 2011 fordern sie explizit den Schutz von Menschenrechtsverteidigern durch den indonesischen Staat.
Amnesty International hat in einer Eilaktion (Urgent Action) dazu aufgerufen, zum Schutz von Yones Douw Briefe an die indonesischen Behörden zu schicken. Wer sich an der Aktion beteiligen möchte, kann bei der Koordinationsstelle des West Papua Netzwerkes weitere Informationen und einen entsprechenden Musterbrief anfordern.

Kristina Neubauer

(Q.: Amnesty International: UA:188/11 Index:ASA 21/014/2011 Indonesia, 17.06.2011; Sekretarias Biro Keadilan dan Perdamaian Klasis Nabire; Siaran Pers Bersama Koalisi Para Pembela HAM di Tanah Papua „Jaminan Perlindungan Pembela HAM…?).

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