“Papua: The Danger of Shutting Down Dialogue“.Eine Studie der International Crisis Group analysiert die schwierige Kommunikation zwischen der Provinzregierung in Jayapura und der Zentralregierung in Jakarta. Die International Crisis Group hat in ihrer Analyse „Papua: The Danger of Shutting Down Dialogue“ vom 23. März 2006 den Verlauf der Kommunikation zwischen der Zentralregierung in Jakarta und der Führerschaft der Papua nachgezeichnet. Die Analyse arbeitet einige typische Aspekte heraus, die erkennen lassen, wie gering Jakartas Interesse an einem wirklichen Dialog mit den Papua ist. Ich möchte diese Analyse hier zusammenfassend wiedergeben und auf einige wichtige Punkte aufmerksam machen. Die Analyse setzt beim in Kraft treten des Autonomiegesetzes (UU21/2001) im Januar 2002 ein. Doch „kaum war das Gesetz in Kraft, bedauerten einige Schlüsselfiguren in der Regierung ihre Zugeständnisse. Sie verfolgten eine doppelte Taktik: Verzögerung der Umsetzung des Gesetzes und Teilung der Provinz Papua.“ Ein zentraler Punkt im Gesetz war die Einrichtung des MRP (des Volksrates der Papua). Laut Gesetz sollte er ein halbes Jahr nach in Kraft treten eingerichtet werden. Das Provinzparlament (DPRP) machte seine Hausaufgaben und sandte einen Entwurf der Durchführungsbestimmungen (peraturan pelaksanaan) im August 2002 an das Innenministerium in Jakarta. Erst im März 2003 (!!) reagierte der Innenminister auf den Entwurf: er werde eine Alternative vorlegen. Doch das tat er nie. Inzwischen hatte der Präsidentenerlass zur Aufteilung der Provinz Papua in drei Provinzen (Inpres 1/2003) der damaligen Präsidentin Megawati Sukarnoputri überall für helle Empörung gesorgt. „Damit hat sie das Autonomiegesetz untergraben und die moderaten Papuaführer, die das Gesetz trotz der Skepsis weiter Teile der Bevölkerung unterstützten, diskreditiert. Sie hat damit einen rechtlichen und politischen Sumpf geschaffen.“ Mit ihrem Erlass reaktivierte Megawati ein Gesetz aus dem Jahr 1999 (UU45/1999), das damals wegen massiven Widerstandes der Papuabevölkerung und nach offizieller Ablehnung durch das Provinzparlament zurückgezogen worden war. Während des Gesetzgebungsverfahrens zum Autonomiegesetz war vereinbart worden, jenes ältere Teilungsgesetz mit dem neuen Gesetz kompatibel zu machen. Das geschah jedoch nie. Die erneute Teilung wurde offiziell damit begründet, dass die soziale Entwicklung der Regionen – Schulen und Gesundheitsstationen – basisnah gestaltet werden könnten, doch in Wirklichkeit ging es Jakarta darum, das Autonomiegesetz zu unterlaufen, die Papuaführerschaft zu spalten und vermuteten Unabhängigkeitstendenzen entgegen zu wirken. Außerdem hoffte Megawati, für ihre Partei Zugriff auf Gelder von BP (British Petroleum, Beyond Petroleum) zu bekommen, das in der West-Provinz operierte. Ihr williger Handlanger war ein Papua, Bram Atururi, ein ehemaliger Militär und Geheimdienstler, der zum amtierenden Gouverneur der West-Provinz „West-Irian-Jaya“ (Irian Jaya Barat) ernannt wurde. Sofort nach Ausrufung der Provinz West-Irian-Jaya klagte der Vorsitzende des Provinzparlaments, John Ibo, vor dem Verfassungsgericht gegen die Teilung. Das Verfassungsgericht sprach sein Urteil erst November 2004. Es erklärte jenes frühere Teilungsgesetz für verfassungswidrig, da es vom Autonomiegesetz überholt sei. Das Autonomiegesetz regele eindeutig das Verfahren für eine Teilung Papuas in mehrere Provinzen. Die gegen geltendes Recht geschaffene Provinz West-Irian-Jaya habe keine Rechtsgrundlage, man möge jedoch die bereits geschaffenen Fakten respektieren. Das Urteil vergrößerte nur die rechtliche Unsicherheit und Verwirrung. Ein halbes Jahr später, im Juni 2005, machte das Gericht einen Versuch der Klarstellung und verlangte von der Zentralregierung, der abgespaltenen Provinz einen „rechtlichen Schirm“ zu geben. Bei der Diskussion um die Rechtsgrundlage der abgespaltenen Provinz ging es auch um die Frage, ob das Autonomiegesetz auf die neue Provinz anzuwenden sei. Wenn ja, dann hätte der Volksrat der Papua (MRP) – der ja noch gar nicht existierte – laut Autonomiegesetz der Errichtung dieser Provinz zuzustimmen. Wenn nein, hätte West-Irian-Jaya keine Ansprüche auf die besonderen Autonomiegelder (dana otsus), die nur der Autonomieregion Papua zustehen. Atururi saß in der Zwickmühle, denn er wollte wohl die Gelder, aber keine Einmischung des MRP. Inzwischen war ein neuer Präsident Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) gewählt worden. Im Wahlkampf hatte er versprochen, dass Papua seine besondere Aufmerksamkeit erwarten dürfe und er das Autonomiegesetz konsequent umsetzen werde. Viele Papua gaben ihm deshalb bei der Wahl ihre Stimme. Bald nach seinem Amtsantritt erließ er die Ausführungsbestimmungen für die Errichtung des MRP (PP 54/2004). Darin heißt es: „Der MRP hat zusammen mit der Provinzregierung und dem Provinzparlament die Aufgabe, die Regierung bei einer Lösung der Teilungsproblematik zu unterstützen, wobei er die geltenden Gesetze und die Realitäten zu berücksichtigen hat.“ Trotz seiner wiederholten Zusage, das Autonomiegesetz voll umzusetzen, sagte er in einer Regierungserklärung am 23. August 2005: „Die Regierung stellt klar, dass die Provinz West-Irian-Jaya im Gesetz Nr. 23 / 2004 eine legale Grundlage hat“. Damit strafte er sich selbst Lügen, denn er brach früher gemachte Versprechungen. Viele Papua, die bisher seinen Zusagen vertraut hatten, fühlten sich von ihm betrogen. Doch zunächst ging es um die Einsetzung des MRP, um die Wahl seiner Mitglieder. Eine Wahlordnung, die von der Provinzregierung im Juli 2005 erlassen wurde, regelte das Wahlverfahren. 14 Wahlbezirke wurden festgelegt, vier davon in West-Irian-Jaya. Die Dörfer (kampung) sollten Vertreter wählen, die dann auf Kreisebene (kecamatan) wiederum Vertreter für die Bezirksebene (kabupaten) zu wählen hatten. Diese sollten dann die Mitglieder des MRP wählen, und zwar pro Wahlbezirk einen Adatverteter und eine Frau. Die 14 Vertreter der Religionen wurden von den Religionsgemeinschaften benannt. Als die Regierung Angst bekam, dass sie keinen Einfluss auf die Wahlentscheidungen nehmen könnte, ernannte sie die örtliche Vertretung des Innenministeriums, das sog. Büro für Nationale Einheit (Badan Kesatuan Negara oder kesbang) zur Aufsichtsbehörde für die Wahl. Es wurden mehrere Fälle berichtet, in denen diese Aufsichtsbehörde die Kandidaten auswählte und das MRP-Mitglied bestimmte. Dabei wurde mindestens in einem Fall ein gewähltes MRP-Mitglied gestrichen und dafür eine der Aufsichtsbehörde genehme Person ernannt. Inzwischen war der Adatrat, ein Zusammenschluss von lokalen Adatgemeinschaften, völlig frustriert. Er hätte ein Drittel der Mitglieder des MRP stellen können, wenn er sich aktiv beteiligt hätte. Am 12. August 2005 gab er in einer symbolischen Aktion das gesamte Autonomiegesetz an die Regierung zurück. Mehrere tausend Menschen nahmen an der Demonstration teil. Die Demonstration sollte als Protest gegen die schleppende Umsetzung des Autonomiegesetzes verstanden werden. Am 31. Oktober 2005 wurde der MRP schließlich vereidigt und der neue Rat wählte Agus Alua, ein Mitglied des Präsidiums, zu seinem Vorsitzenden. Er war nicht der Wunschkandidat Jakartas. Mit der Wahl dieses Vorsitzenden, der von der Bevölkerung uneingeschränkt hoch geschätzt wird, überzeugte der neue Volksrat nun wohl die Mehrheit der Papua. Trotz ständiger Einmischung der Regierung schien es gelungen zu sein, eine genuine Vertretung der Papuabevölkerung zu wählen. Die Hoffnung war groß, dass er sich für die Rechte der Papua einsetzen werde. Die erste Aufgabe des MRP war die Bestätigung der Kandidaten für die bevorstehende Gouverneurswahl. Laut Autonomiegesetz kann der MRP Kandidaten auf der Basis bestimmter Kriterien ablehnen. Am 18. November 2005 gab Agus Alua bekannt, dass der MRP zwei Kandidaten für das Amt des Vizegouverneurs nicht anerkenne und sie ersetzt werden müssen, und zwar Komaruddin Watubun und Mohammad Musa’ad. Sie seien aufgrund festgelegter Kriterien keine indigenen Papua und könnten daher nach dem Autonomiegesetz nicht für dies Amt kandidieren. Musa’ads Anhänger protestierten und drohten, das Sekretariat des MRP niederzubrennen. Es kam zu einer Schlägerei, bei der 27 Personen verletzt wurden, darunter 11 Polizisten. Jakarta schickte eine Delegation des Innenministerium, der Polizei und des Geheimdienstes nach Jayapura und warnte den MRP, sein Mandat nicht zu überschreiten. Doch der MRP blieb hart und am 23. November 2005 verlangte auch das Provinzparlament den Rücktritt der beiden Kandidaten. Der MRP hatte sich durchgesetzt und sich ersten Respekt verschafft. Da ein Viertel der Mitglieder des MRP in den vier Wahlbezirken West-Irian-Jayas gewählt bzw. ernannt worden waren, erkannte Jakarta seine Jurisdiktion über die abgespaltene Provinz an. Um die Gouverneurswahl in Papua – und West-Irian-Jaya – gab es ein Tauziehen zwischen Jakarta und Jayapura, das schon im Februar 2005 begann. Im Februar 2005 versprach der Innenminister, Jakarta werde sich an das Autonomiegesetz halten und die Gouverneurswahl erst dann abhalten, wenn der MRP sich etabliert habe. Er brach dies Versprechen, als der Wahltermin plötzlich auf den 28. Juli 2005 gelegt wurde. Jakarta misstraute einem MRP, den es noch nicht einmal gab. Vor allem die Golkar-Politiker in Jayapura versuchten zunächst ohne Erfolg, den Wahltermin zu verschieben. Am 26. Juli 2005 – zwei Tage vor dem Wahltermin – flog eine Delegation von Papua-Parlamentariern und Intellektuellen nach Jakarta. Die Delegierten setzten President Yudhoyono die Pistole auf die Brust: Entweder werde der Wahltermin verschoben, oder die gesamte Papuaelite werde – mit dem Adatrat zusammen – das Autonomiegesetz zurückgeben und ein Referendum fordern. Jetzt erst gab Yudhoyono Order an den Innenminister, den Wahltermin zu verschieben. Er versprach wieder, dass die Wahl erst nach Etablierung des MRP stattfinden würde. Er bekräftigte dies Versprechen in einem Gespräch mit Papua-Parlamentariern am 9. August 2005. Doch die Papua trauten ihm nicht mehr, mit Recht – denn eine neuer Wahltermin wurde für den November vorbereitet. Selbst wenn der MRP noch vor November zustande kommen würde, hätte er kaum Gelegenheit, die Kandidaten zu evaluieren und zu bestätigen. Der MRP nahm seine Arbeit am 31.Oktober 2006 auf. Am 11. November setzte der Innenminister den Wahltermin auf den 28. November fest. Wieder fühlten die Papua sich brüskiert, und drohten noch einmal damit, dass sie ein Referendum fordern würden, und wieder gab Jakarta klein bei. Eine Regierungsdelegation, bestehend aus dem Innenminister Ma’aruf, dem Geheimdienstchef Syamsir Siregar und dem Militärchef George Toisutta, kam nach Jayapura und Manokwari. Nach langen Verhandlungen wurde die sog. Vereinbarung vom 24. November 2005 unterzeichnet. Die Vereinbarung folgte den Vorgaben des Autonomiegesetzes über die Bildung einer neuen Provinz: Der Gouverneur solle eine Vorlage zur Teilung der Provinz im Provinzparlament einbringen, das Provinzparlament und der MRP würden zustimmen und Jakarta würde die Provinz dann legalisieren. Die Vereinbarung wurde jedoch unterschiedlich interpretiert und rief bei vielen Mitgliedern des MRP Entrüstung hervor. Der MRP stellte dann schriftlich sieben Bedingungen, die erfüllt bzw. garantiert werden müssten, wenn er denn zustimmen solle. Da es in den sieben Punkten um die Existenz des Papuavolkes und nicht nur um Formfragen geht, sollen die Punkte hier genannt werden: 1. Die Teilung der Provinz soll nicht zum Aufbau neuer Militär- und Polizei-Standorte führen. 2. Die Teilung soll nicht zu einem unkontrollierten Zustrom von Migranten aus anderen Teilen Indonesiens führen. 3. Die speziellen Autonomiegelder (Dana Otsus) dürfen nicht für den Aufbau neuer Verwaltungen und Bürokratien gebraucht werden. 4. Bei einer Teilung sollte der Status Papuas als eine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Einheit garantiert werden. 5. Es soll gesetzlich verankert werden, dass nur ein MRP die Papua als kulturell geschlossene Einheit vertritt. 6. Bei einer Teilung muss die besondere Förderung und Weiterentwicklung der indigenen Papua garantiert sein. 7. Der Anteil der indigenen Papua an der Gesamtbevölkerung Papuas darf nicht abnehmen – wie zur Zeit der Fall – sondern muss erheblich zunehmen. Es gab Verhandlungen zwischen MRP, Provinzparlament und Zentralregierung am 30. Dezember 2005 und am 9. Januar 2006. Da Gouverneur Salossa plötzlich verstarb, zeigte sich Jakarta flexibel hinsichtlich des Zeitplans für die Gouverneurswahl. Am 9. Januar 2006 legte der MRP die Sieben-Punkte-Forderung vor und kündigte seinen Plan an, eine Volksbefragung in der abgespaltenen Provinz West-Irian-Jaya durchzuführen. Die Atmosphäre in diesem Gespräch war äußerst gespannt. Jakarta verlangte wiederholt vom MRP Anerkennung der politischen Realitäten. Verärgert über den arrogant ausgeübten Druck, sagte die zweite stellvertretende Vorsitzende des MRP, Hana Hikoyabi, es gebe viele subjektive Realitäten. Für Jakarta sei die Provinz West-Irian-Jaya Realität, aber es gebe auch Menschen, die die Unabhängigkeitserklärung Papuas vom Jahre 1961 als eine politische Realität ansehen würden. Daraufhin stimmte Jakarta dem Plan der Volksbefragung zu. Die Volksbefragung wurde vom 19. Januar bis zum 3. Februar 2006 in West-Irian-Jaya durchgeführt. MRP Mitglieder sprachen mit zahlreichen Adaträten, Frauen- und Jugendgruppen und den Kirchen. Die überwältigende Mehrheit der Befragten war gegen die Teilung, vor allem deshalb, weil sie unter Missachtung und Verletzung des Autonomiegesetzes (Artikel 76) zustande gekommen war. Es gab aber auch Befürworter unter den Arfak, den Meibrat und anderen Volksgruppen. Sie glaubten, dass die Provinzregierung in Manokwari näher am Volk sein könne als die in Jayapura. Natürlich waren auch viele der Nutznießer der neuen Provinz, die ihre Posten dem amtierenden Gouverneur Bram Aturui verdankten, für die Teilung. Der MRP schlug vor, dass die beiden Provinzparlamente, West-Irian-Jaya’s und Papua’s, sich am 13. Februar treffen und gemeinsam die Ergebnisse der Volksbefragung diskutieren sollten, doch West-Irian-Jaya lehnte ab. Wäre das Treffen zustande gekommen, dann wäre es eine Chance für die Papua gewesen, eine gemeinsame Politik gegenüber Jakarta zu formulieren. Der MRP empfahl folgendes: Die Teilung Papuas solle zunächst zurückgestellt und später entsprechend dem Autonomiegesetz vorbereitet und durchgeführt werden, die bevorstehende Gouverneurswahl solle in ganz Papua stattfinden und nur einen Gouverneur wählen, die sieben früher genannten Bedingungen für eine Teilung sollten in gesetzliche Regelungen einfließen. Die Zentralregierung schien entgegen kommen zu wollen, denn Vizepräsident Kalla erklärte am 15. Februar 2006 in Jakarta, dass eine Gouverneurswahl in West-Irian-Jaya auf keinen Fall vor der Wahl im übrigen Papua stattfinden werde. Man werde sich an das Autonomiegesetz halten. Am 20. Februar erklärte Vizepräsident Jusuf Kalla gegenüber MRP und Vertretern des Provinzparlamentes, die Provinz West-Irian-Jaya werde bei der Gouverneurswahl zwar nicht mitwählen, sondern eine eigene Wahl abhalten, aber die Regierung werde die Anregungen und Empfehlungen des MRP ernsthaft prüfen und nach der Gouverneurswahl darüber entscheiden. Er nahm diese entgegenkommende Haltung ein, weil die Vertreter des Provinzparlaments wieder gedroht hatten, sie würden das Autonomiegesetz in einer Sondersitzung ganz ablehnen, wenn Jakarta sich nicht daran halten würde. Nur wenige Tage später zeigte sich erneut der Zick-Zack-Kurs der Zentralregierung: Sie genehmigte den 11. März 2006 als den Wahltermin für die Gouverneurswahl in West-Irian-Jaya, einen Tag nach der geplanten Wahl des Gouverneurs in der Restprovinz Papua, die für den 10. März angesetzt war. MRP und Provinzparlament wurden von dieser Entscheidung völlig überrascht und versuchten noch einmal in Jakarta, den Termin zu verschieben, aber ohne Erfolg. Beide Wahlen fanden am 10. bzw. 11. März 2006 statt. Die Regierung erkannte den gewählten Gouverneur Bram Atururi und damit auch die Provinz als solche an. Der MRP war völlig übergangen und das Autonomiegesetz wieder einmal mit Füßen getreten. Völlig offen ist zur Zeit noch die Frage, ob das Autonomiegesetz auch in West-Irian-Jaya Gültigkeit hat. Auch die für das Papuavolk existentiellen Empfehlungen (Bedingungen), die der MRP formuliert hatte, sind völlig vom Tisch gewischt. Es scheint so, als ob Jakarta mit diesem bisher letzten Akt seiner Top-Down-Politik den MRP völlig in die Ecke gestellt hat und ihn nicht mehr als Gesprächspartner ansieht. Einige Schlussfolgerungen des Verfassers: 1. Die inkonsistente, autoritäre und teilweise gegen geltendes Recht verstoßende Politik Jakartas hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Studentendemonstrationen Ende Februar /Anfang März 2006 so eskalierten, dass sie in den folgenden Wochen und sogar bis heute im Vordergrund standen und stehen. 2. Immer dann, wenn die Papuavertreter einmütig und entschieden auftraten und mit der Möglichkeit eines Referendums oder gar der Unabhängigkeit drohten, gab Jakarta aus Angst vor separatistischen Tendenzen nach. Die Erhaltung des Einheitsstaates ist immer noch oberstes Ziel der Regierung. 3. Jakarta hat kein Interesse an einem Dialog, der die eigentlichen Probleme anspricht und aufarbeitet, erkennen lassen. Jakarta wehrt sich grundsätzlich gegen jeden „Geist der Autonomie“, der zu mehr Selbstverwaltung und Selbstverantwortung, zu regionaler Freiheit und Entscheidungsbefugnis führt, sondern will alle Fäden in der Hand halten. 4. Jakarta verfolgt nach wie vor eine Politik der Spaltung der Papua, eine Politik des Divide et Impera, und macht immer wieder die Erfahrung, dass die Papua diese Politik nicht durchschauen, sich allzu leicht auseinander dividieren lassen und ihre politischen Möglichkeiten nicht nutzen. Anmerkungen: 1) Der Artikel der International Crisis Group vom 23. März ist unter www.crisigroup.org zu finden. Er umfasst mit den Anhängen 23 Seiten. Für den Ablauf der vielen Zusammenkünfte und Sitzungen sowie für die hier wiedergegebenen Gesprächsergebnisse und Entscheidungen werden in der Analyse der ICG alle Quellen angegeben. 2) MRP = Majelis Rakyat Papua = Volksrat der Papua. 3) Das Gesetz Nr. 23 /2004 ist das revidierte Autonomiegesetz, das für alle Provinzen außer für Aceh und Papua Gültigkeit hat. Aceh und Papua haben ein „Sonderautonomiegesetz“. 4) Der MRP sollte sich zu je einem Drittel aus Adatvertretern, Frauen und Religionsgemeinschaften zusammensetzen. Die jeweiligen Vertreter sollten aus 14 Regionen kommen. 5) Das so genannte Präsidium war ein Führungsgremium der Papua, im politischen Frühling des Jahres 2000 gewählt, inzwischen aber von der Regierung verboten, weil es sich für die Unabhängigkeit Papuas einsetzte. Verfasser: Siegfried Zöllner
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