WPN 7. Dezember 2007
„..Um 4.30 Uhr am 7. Dezember, einem Donnerstag, drang vom Wachraum her Lärm durch die Pfropfen, die ich mir zum Schlafen in die Ohren gestopft hatte…Ich ging zur Eingangstür…Was ich da sah, war unvorstellbar und schockierend. Etwa ein halbes Dutzend Polizisten schwangen ihr Knüppel auf Leiber ein, die am Boden lagen und ein leises Stöhnen von sich gaben. Nach ein paar langen Sekunden sah mich ein Wärter und schlug seinen Stock gegen das Gitter. Ich ging wieder auf meinen Stammplatz zurück, von wo aus ich die niedersausenden Knüppel, Stöcke und aufsplitternden Bambuspeitschen sehen konnte. Deren Enden waren blutverschmiert, und das Blut spritzte an die Wände und bis an die Decke. Manchmal sah ich, wie die Polizisten auf die Bänke hüpften, von dort aus weiter schlugen oder auf die (für mich uneinsehbar) am Boden liegenden Opfer nieder sprangen…. Um 10 Uhr ging der Lärm wieder los. Die Gefängnistüre wurde geöffnet und die Wärter trieben mit Stockhieben etwa drei Dutzend Gefangene herein, deren Haar mit weißer Farbe aus einer Spraydose gekennzeichnet war, wie bei Schafen, die geschoren werden. Sie wurden in einer Einzelzelle zusammengepfercht. Dann ging die Eingangstüre nochmals auf. Und ein Körper nach dem andern wurde in die Zelle geworfen, einige mehr tot als lebendig. Reglos blieben die meisten liegen, wo sie gerade hinstürzten, entweder ohnmächtig oder völlig erschöpft. Es mussten die Gefolterten der ersten Morgenstunden sein. Ein Maskenbildner hätte Mühe gehabt, seiner Phantasie auf so vielseitige Weise so grausam entstellte Gesichter und zerschundene Körper abzuringen. Ein Gefolterter war blind und wurde von einem anderen Gefangenen an der Hand hereingeführt. Ich konnte nicht sehen, ob seine Augen vollends zerstört oder bloß aufgeschwollen waren. Als letzter fiel ein großer Mann über die am Boden liegenden Leiber, und er stöhnte furchtbar…Nach einer Stunde und 25 Minuten Stöhnen und Aufbäumen des Mannes, bei dem ich ein münzengroßes Loch am Hinterkopf auszumachen glaubte, mit einem sichtbaren Stück Hirn, näherte sich dessen Leiden unverkennbar dem Ende… Später erfuhr ich, dass der zu Tode gefolterte Ori Doronggi hieß… Am 11. Dezember wurde ich nochmals Zeuge einer grässlichen Szene. Um 2 Uhr 45 wurden drei Häftlinge eingeliefert. Zwei wurden außer meiner Sichtweite zusammengeschlagen. Der dritte Papua fiel gerade vor die Gittertür der Einzelzelle, in die mich inzwischen Polizeichef Daud Sihombing verbannt hatte. Ein Wächter kickte dem Mann mit dem Stiefel an den Kopf, der gegen meine Gittertüre knallte. Das Blut spritzte auf meine Beine. Weil der Beamte das Kopf-Pingpong zwischen Stiefel und Gitter faszinierend fand, wiederholte er den Kick noch ein paar Mal. Ein zweiter Polizist versetzte das Opfer mit einem Absatzkick mitten ins Gesicht in den Ohnmachtzustand. Das war noch nicht genug: ein dritter Wächter, der die Szene mit dem Gewehr in der Hand verfolgt hatte, schlug nun etwa fünf Mal den Kolben über den Schädel des besinnungslosen Mannes….“ Dieser Bericht, den wir nur in wenigen Auszügen wiedergegeben haben, erschien am 22. Dezember 2000 in der Neuen Züricher Zeitung. Verfasser ist der Journalist Oswald Iten, der vom 2. bis zum 13. Dezember 2000 wegen unerlaubter journalistischer Tätigkeit im Polizeigefängnis Jayapura festgehalten wurde. Gegen den Polizeichef Daud Sihombing wurde 2005 auf internationalen Druck hin eine Verfahren wegen Verletzung der Menschenrechte angestrengt, er wurde aber vom Menschenrechtsgerichtshof in Makassar freigesprochen. Der Sonderberichterstatter der UNO, Prof. Dr. Manfred Nowack, der im November 2007 West-Papua besuchte, musste feststellen, dass Folter – von Sicherheitskräfte ausgeübt – kein Straftatbestand ist. Die indonesische Regierung hätte ihm nicht einen einzige Fall nennen können, bei dem ein Beamter des Sicherheitsapparates wegen Folter oder Misshandlung verurteilt wurde. (Vergleiche E-Info Nr. 197 vom 29. November 2007 unter dem Menü Aktuelles/E-Infos) Beteiligen Sie sich an unserer Postkartenaktion! Danke!
WPN 7. Dezember 2007
„..Um 4.30 Uhr am 7. Dezember, einem Donnerstag, drang vom Wachraum her Lärm durch die Pfropfen, die ich mir zum Schlafen in die Ohren gestopft hatte…Ich ging zur Eingangstür…Was ich da sah, war unvorstellbar und schockierend. Etwa ein halbes Dutzend Polizisten schwangen ihr Knüppel auf Leiber ein, die am Boden lagen und ein leises Stöhnen von sich gaben. Nach ein paar langen Sekunden sah mich ein Wärter und schlug seinen Stock gegen das Gitter. Ich ging wieder auf meinen Stammplatz zurück, von wo aus ich die niedersausenden Knüppel, Stöcke und aufsplitternden Bambuspeitschen sehen konnte. Deren Enden waren blutverschmiert, und das Blut spritzte an die Wände und bis an die Decke. Manchmal sah ich, wie die Polizisten auf die Bänke hüpften, von dort aus weiter schlugen oder auf die (für mich uneinsehbar) am Boden liegenden Opfer nieder sprangen…. Um 10 Uhr ging der Lärm wieder los. Die Gefängnistüre wurde geöffnet und die Wärter trieben mit Stockhieben etwa drei Dutzend Gefangene herein, deren Haar mit weißer Farbe aus einer Spraydose gekennzeichnet war, wie bei Schafen, die geschoren werden. Sie wurden in einer Einzelzelle zusammengepfercht. Dann ging die Eingangstüre nochmals auf. Und ein Körper nach dem andern wurde in die Zelle geworfen, einige mehr tot als lebendig. Reglos blieben die meisten liegen, wo sie gerade hinstürzten, entweder ohnmächtig oder völlig erschöpft. Es mussten die Gefolterten der ersten Morgenstunden sein. Ein Maskenbildner hätte Mühe gehabt, seiner Phantasie auf so vielseitige Weise so grausam entstellte Gesichter und zerschundene Körper abzuringen. Ein Gefolterter war blind und wurde von einem anderen Gefangenen an der Hand hereingeführt. Ich konnte nicht sehen, ob seine Augen vollends zerstört oder bloß aufgeschwollen waren. Als letzter fiel ein großer Mann über die am Boden liegenden Leiber, und er stöhnte furchtbar…Nach einer Stunde und 25 Minuten Stöhnen und Aufbäumen des Mannes, bei dem ich ein münzengroßes Loch am Hinterkopf auszumachen glaubte, mit einem sichtbaren Stück Hirn, näherte sich dessen Leiden unverkennbar dem Ende… Später erfuhr ich, dass der zu Tode gefolterte Ori Doronggi hieß… Am 11. Dezember wurde ich nochmals Zeuge einer grässlichen Szene. Um 2 Uhr 45 wurden drei Häftlinge eingeliefert. Zwei wurden außer meiner Sichtweite zusammengeschlagen. Der dritte Papua fiel gerade vor die Gittertür der Einzelzelle, in die mich inzwischen Polizeichef Daud Sihombing verbannt hatte. Ein Wächter kickte dem Mann mit dem Stiefel an den Kopf, der gegen meine Gittertüre knallte. Das Blut spritzte auf meine Beine. Weil der Beamte das Kopf-Pingpong zwischen Stiefel und Gitter faszinierend fand, wiederholte er den Kick noch ein paar Mal. Ein zweiter Polizist versetzte das Opfer mit einem Absatzkick mitten ins Gesicht in den Ohnmachtzustand. Das war noch nicht genug: ein dritter Wächter, der die Szene mit dem Gewehr in der Hand verfolgt hatte, schlug nun etwa fünf Mal den Kolben über den Schädel des besinnungslosen Mannes….“ Dieser Bericht, den wir nur in wenigen Auszügen wiedergegeben haben, erschien am 22. Dezember 2000 in der Neuen Züricher Zeitung. Verfasser ist der Journalist Oswald Iten, der vom 2. bis zum 13. Dezember 2000 wegen unerlaubter journalistischer Tätigkeit im Polizeigefängnis Jayapura festgehalten wurde. Gegen den Polizeichef Daud Sihombing wurde 2005 auf internationalen Druck hin eine Verfahren wegen Verletzung der Menschenrechte angestrengt, er wurde aber vom Menschenrechtsgerichtshof in Makassar freigesprochen. Der Sonderberichterstatter der UNO, Prof. Dr. Manfred Nowack, der im November 2007 West-Papua besuchte, musste feststellen, dass Folter – von Sicherheitskräfte ausgeübt – kein Straftatbestand ist. Die indonesische Regierung hätte ihm nicht einen einzige Fall nennen können, bei dem ein Beamter des Sicherheitsapparates wegen Folter oder Misshandlung verurteilt wurde. (Vergleiche E-Info Nr. 197 vom 29. November 2007 unter dem Menü Aktuelles/E-Infos) Beteiligen Sie sich an unserer Postkartenaktion! Danke!