Menschenrechtsverteidiger haben die indonesischen Strafverfolgungsbehörden wegen ihres mangelnden Engagements bei der Organisation der Rückkehr papuanischer Angeklagter aus Haftanstalten außerhalb Westpapuas kritisiert. Im vergangenen Jahr haben die Strafverfolgungsbehörden in der Provinz Papua acht Angeklagte in Gefangenenlager in Balikpapan und Jakarta überstellt. Die Staatsanwälte und die Regionalpolizei von Papua (Polda Papua) argumentierten, dass die Prozesse ein beträchtliches Risiko für die Sicherheitslage in Westpapua darstellen würden.
Sieben politische Gefangene, die angeblich die papuaweiten Antirassismusproteste im August und September 2019 angezettelt hatten, wurden nach Balikpapan in der Provinz Kalimantan Timur verlegt. Inzwischen sind sie alle aus der Haft entlassen worden. Steven Itlay, Buchtar Tabuni und Agus Kossay (siehe Eingangsbild: Agus Kossay (Mitte rechts) mit Anwälten und Verwandten nach der Freilassung) waren die letzten der „Balikpapan 7“, die Anfang August 2020 nach Verbüßung ihrer elfmonatigen Haftstrafe aus der Haft entlassen wurden. Die anderen vier papuanischen Aktivisten erhielten Strafen von zehn Monaten und wurden im Juli freigelassen. Das Team aus Anwälten, Verwandten und NGOs musste Gelder aufbringen, um ihren Transport nach Westpapua zu bezahlen.
Ebenso wurde der 16-jährige Mispo Gwijangge am 10. Mai 2019 in der Stadt Wamena verhaftet und später zum Prozess nach Jakarta überstellt. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen Mordes an, weil er angeblich an der Hinrichtung von 19 Straßenarbeitern im Landkreis Nduga beteiligt gewesen sein soll. Der Prozess gegen Mispo Gwijangge endete vorzeitig, nachdem die Verteidigung vor Gericht nachgewiesen hatte, dass Mispo noch keine 18 Jahre alt war. Das Verfahren deckte auch zahlreiche Mängel in der polizeilichen Untersuchung auf. Am 13. Juli 2020 durfte Mispo Gwijangge schließlich nach Westpapua zurückkehren, nachdem der Hohe Gerichtshof das Urteil des Bezirksgerichts von Zentral-Jakarta, ihn freizusprechen, bestätigt hatte. Die Regierungsinstitutionen haben seine Rückkehr nach Westpapua jedoch weder arrangiert noch bezahlt.
Gustaf Kawer, Menschenrechtsanwalt und Direktor der Association of Human Rights Lawyers for Papua (PAHAM Papua), kritisierte die Strafverfolgungsinstitutionen dafür, dass sie die Angeklagten in andere Städte Indonesiens verlegt hatten, ohne ihre Rückführung nach Westpapua zu arrangieren“. Dies ist die Aufgabe der Staatsanwälte, der Strafvollzugsanstalten oder der Haftanstalten. Die Staatsanwaltschaft sollte sie nach Hause bringen lassen. Dort übernimmt der Staat jedoch nicht die Verantwortung. Der Staat hat nichts arrangiert“, sagte Kawer in einem Interview mit dem papuanischen Nachrichtensender Jubi.