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Eine erste Zwischenbilanz (Foto: WPN)

Prabowo Subiantos Präsidentschaft: Die ersten vier Monate und ihre Bedeutung für Westpapua

Acht Monate nachdem er im Februar 2024 deutlich die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, wurde Ende Oktober 2024 Prabowo Subianto als neuer indonesischer Präsident vereidigt.

Mittlerweile sind fast vier Monate vergangen und erste Akteur*innen ziehen eine Zwischenbilanz seiner ersten Monate als Präsident. So auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die den Präsidenten Prabowo Subianto dazu aufruft, die Rechte aller Menschen in Indonesien zu fördern und zu schützen. Wichtige Themen, die dazu aufgegriffen werden müssen, seien die Rechte religiöser und ethnischer Minderheiten, diskriminierende Bestimmungen des neuen Strafgesetzbuches sowie der Schutz der Wälder und damit einhergehend der Schutz der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen.

Politisches Erbe

„Die Prabowo-Regierung, die wie alle neuen Regierungen die menschenrechtlichen Herausforderungen ihrer Vorgänger erbt, sollte zügig handeln, um problematische Politiken rückgängig zu machen und Reformen einzuführen“, sagte Meenakshi Ganguly, stellvertretende Asien-Direktorin bei Human Rights Watch. „Die indonesische Regierung hat viel zu tun, um die Rechte religiöser und ethnischer Minderheiten, von Frauen, indigenen Gemeinschaften und Menschen mit Behinderungen zu schützen und die Sicherheitskräfte für schwere Verstöße in Westpapua zur Rechenschaft zu ziehen.“

Fokus auf Wirtschaft

Der Fokus auf den Anbau von Ölpalmenplantagen vertreibt gewaltsam Indigene in Sumatra, Kalimantan und Westpapua und bleibt eine der Hauptursachen für die Entwaldung in Indonesien. Die Prabowo-Regierung sollte sicherstellen, dass Unternehmen die Gesetze und internationalen Menschenrechtsstandards einhalten, die die Landrechte von Gemeinschaften schützen, erklärte Human Rights Watch.

Für Aufsehen sorgten jedoch Prabowos Äußerung von Ende Dezember, in denen er die indonesische Palmölindustrie verteidigte und deren Ausbau unterstützte. „Und ich denke, in Zukunft müssen wir auch mehr Ölpalmen pflanzen. Wir müssen keine Angst davor haben, was – wie heißt das – Entwaldung, oder?“, sagte der Präsident am 30. Dezember 2024. Er fügte hinzu, dass Ölpalmen Bäume seien und Blätter hätten, wodurch sie Sauerstoff produzierten und Kohlendioxid absorbierten. Daher frage er sich, warum Indonesien der Entwaldung beschuldigt werde, und verteidigte weiter, dass diese Vorwürfe keinen Sinn ergäben. Expert*innen kritisierten diese Äußerungen scharf und sehen darin vor allem den Versuch, die indonesische Palmölindustrie gegen Kritik an ihren Umweltauswirkungen zu verteidigen. Insbesondere die Entwaldungsverordnung der EU führt strengere Vorgaben ein und gibt an, dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in den Unionsmarkt ein -oder ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Kritik, die besonders die Palmölindustrie in Südostasien betrifft.

Neben Investitionen im Agrarsektor wird in Westpapua derzeit auch ein Fokus auf die Entwicklung der 2022 geschaffenen vier neuen Provinzen gelegt. Um die neue politische Verwaltung in den vier Provinzen sicherzustellen, werden ganze Infrastrukturen neu geschaffen. Auch dies fördert die Wegnahme indigener Landrechte und die Korruption in Westpapua.

Forderung nach zivilen Freiheiten und dem Schutz politischer Rechte in Westpapua

In Westpapua kommt es weiterhin zu schweren Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte, die größtenteils straflos bleiben. HRW fordert ein Ende dieser Straflosigkeit sowie eine Öffnung Westpapuas für internationale Menschenrechtsbeobachter*innen und ausländische Journalist*innen. Ein Vorschlag zur Gewährung von Amnestie für Papua, die an Unabhängigkeitsbewegungen beteiligt sind, würde das Recht auf Meinungsfreiheit und friedliche Versammlung fördern. Die Regierung sollte auch die Verwendung der Morgenstern-Symbole in Westpapua entkriminalisieren, so die Forderungen von HRW.

Seit Amtsantritt von Prabowo kommt es jedoch weiterhin zu der Stationierung von Militär, das unter anderem – so die offizielle Begründung – die Programme der Regierung zur Verbesserung der Ernährungssicherheit in Westpapua unterstützen soll. Eine Aufgabe, die über das bloße Mandat der Verteidigung hinausgeht.

Im Einsatz gegen die Freiheits- und Unabhängigkeitskämpfer der TPNPB-OPM ist besonders weiterhin das Hochland von Westpapua der Schwerpunkt militärischen Handelns. Schulen und andere öffentliche Gebäude werden von Militärs besetzt und tausende Menschen sind auf der Flucht.

„Einheit in Vielfalt“ durch Transmigration?

Besonders stark kritisiert werden auch die Pläne der neuen Regierung, das Transmigrasi-Programm nach Westpapua wieder aufzunehmen, „um die Einheit zu stärken und der lokalen Bevölkerung soziale Unterstützung zu bieten“. Das Programm förderte die Binnenmigration von Menschen aus dicht besiedelten Regionen in weniger dicht besiedelte Regionen Indonesiens – besonders nach Westpapua. Dies führte bereits in der Vergangenheit zu einem Verlust indigener Geschichte und Kultur in Westpapua und zu einer Diskriminierung der indigenen Bevölkerung. Zudem besteht die Sorge, dass eine Wiederaufnahme des Programms den mittlerweile auch horizontalen Konflikt in Westpapua weiter befeuern wird. Mehrere Proteste gegen diese Pläne wurden im November 2024 gewaltsam von Sicherheitskräften in Westpapua zerschlagen.

Zukünftiges Rollenprofil

Indonesien versucht seine Rolle in der Welt durch den Fokus auf Geo- und Wirtschaftspolitik zu stärken. Am 6. Januar wurde Indonesien Vollmitglied der BRICS-Gruppe. Die BRICS-Gruppe umfasst derzeit elf Länder: Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Indonesien, Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Einst als Gegengewicht zum Westen gegründet, machen die BRICS-Staaten jetzt 46% des globalen BIP und 55% der Weltbevölkerung aus.

Die Prabowo-Regierung sollte jedoch auch weltweit eine führende Rolle bei der Förderung der Menschenrechte übernehmen, einschließlich des Schutzes von Zivilist*innen in bewaffneten Konflikten und der Förderung internationaler Gerechtigkeit, so Human Rights Watch.

Dass dieses Rollenprofil jedoch zunächst innenpolitisch ausgefüllt wird, ist besonders für Westpapua und die Papua von großer Wichtigkeit.