Du betrachtest gerade Viertes Update: Gerichtsprozesse nach Anti-Rassismus-Protesten in Westpapua
Dano Tabuni und fünf andere der "Jakarta-Sechs" bleiben bis Ende Mai in Haft

Viertes Update: Gerichtsprozesse nach Anti-Rassismus-Protesten in Westpapua

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Prozesse im Zusammenhang mit papuaweiten Antirassismus-Protesten zwischen Ende August und Ende September 2019 sowie über die nachfolgende Welle der Strafverfolgung von Menschenrechtsverteidigern und politischen Aktivisten. Zuvor hatte das Westpapua-Netzwerk drei Artikel zum Verlauf der Gerichtsverfahren auf der WPN Webseite veröffentlicht (erste Zusammenfassung, erstes Update, zweites Update, drittes Update). Dieser Artikel fasst die wichtigsten Entwicklungen in den Prozessen im April 2020 zusammen.

 

Update zur Lage von sieben politischen Gefangenen Papuas in Kalimantan

Der Prozess gegen die sieben Angeklagten Fery Kombo, Alexander Gobay, Hengki Hilapok, Buchtar Tabuni, Irwanus Uropmabin, Stevanus Itlay und Agus Kossay vor dem Bezirksgericht Balikpapan ist noch nicht abgeschlossen. Der Prozess wurde wegen der wachsenden Zahl von Coronainfektionen in Indonesien vorübergehend unterbrochen und am 13. April 2020 wieder aufgenommen. Die Richter entschieden, dass der Prozess in Form von Telekonferenzsitzungen fortgesetzt werden sollte. Eine Online-Gerichtssitzung am 20. April 2020 wurde wegen technischer Schwierigkeiten unterbrochen und auf den 22. April 2020 mit der Vernehmung von Zeugen und Experten verlegt. Die Anwälte äußerten Bedenken, dass das Telekonferenzformat ihre Interventionsmöglichkeiten vor Gericht einschränkt. Die Bewertung erfolgte im Anschluss an die Gerichtssitzung vom 22. April, in der das Richtergremium Berichten zufolge dem Staatsanwalt erlaubte, die Zeugen und Angeklagten länger als die Anwälte zu befragen. Die Richter hinderten ein Mitglied des Anwaltsteams daran, an der Zeugenvernehmung teilzunehmen, mit der Begründung, dass die Anwälte die Vernehmung untereinander koordinieren sollten. Die Teammitglieder befanden sich jedoch in zwei verschiedenen Städten, was es unmöglich machte, während der Online-Sitzung innerhalb des Teams zu diskutieren. Darüber hinaus kritisierten die Anwälte, dass ein Sprachexperte der Gajah-Mada-Universität in Yogyakarta bei seiner Vernehmung vor Gericht mehrere Beurteilungen vornahm, die nichts mit seinem Fachgebiet zu tun hatten.

 

Update zum Prozess gegen sechs pro-Papua-Aktivisten in Jakarta 

Am 24. April 2020 befand das Richtergremium die sechs Angeklagten des Hochverrats und der kriminellen Verschwörung für schuldig. Paulus Suryanta Ginting, Dano Tabuni (siehe Bild), Charles Kossay, Arina Lokbere und Ambrosius Mulait wurden zu neun Monaten, Isay Wenda zu acht Monaten Haft verurteilt. Die Strafen sollen um die Dauer der Haft verringert werden. Der Staatsanwalt hatte für die Angeklagten eine Strafe von einem Jahr und fünf Monaten gefordert, mit Ausnahme von Isay Wenda, für den die Staatsanwälte eine Strafe von zehn Monaten verlangten. Die Angeklagten haben das Recht, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Isay Wenda wird seine Strafe am 2. Mai 2020 verbüßt haben. Die anderen fünf Aktivisten werden einen weiteren Monat im Gefängnis bleiben müssen.  

Internationale Menschenrechtsorganisationen haben das Urteil angeprangert. Amnesty International und TAPOL kritisierten, dass die Angeklagten unrechtmäßig verhaftet und strafrechtlich verfolgt wurden, weil sie ihre Meinung friedlich in der Öffentlichkeit geäußert haben. Die Teilnahme an einem friedlichen Protest und das Schwenken von Fahnen sind Teil der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die beide durch das Völkerrecht garantiert sind. TAPOL äußerte sich besonders besorgt darüber, dass fünf der politischen Gefangenen noch immer über einen Monat im Gefängnis verbringen müssen, wenn die Covid-19-Pandemie in Indonesien wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreichen wird. TAPOL forderte die Regierung nachdrücklich auf, alle politischen Gefangenen freizulassen, um eine rasche Ausbreitung des Coronavirus in den überfüllten Haftanstalten Indonesiens zu verhindern.

Zuvor hatten die Anwälte gefordert, den Prozess vorübergehend einzustellen und die sechs politischen Gefangenen freizulassen. Die Richter entschieden jedoch, dass der Prozess im Rahmen von Telefonkonferenzen stattfinden soll. Die erste Online-Gerichtssitzung fand am 13. April 2020 statt.

 

Update zum Prozess gegen neun Angeklagte im Zusammenhang mit den September-Unruhen in Wamena

Mehrere Verfahren vor dem Bezirksgericht Jayawijaya in Wamena sind noch nicht abgeschlossen. Das WPN erhielt keine Informationen über den aktuellen Stand der Prozesse, die in die Zuständigkeit des Bezirksgerichts im Landkreis Biak-Numfor übergegangen waren. Die Prozesse in Wamena verliefen trotz der von der Zentralregierung und den Provinzregierungen geförderten Politik der sozialen Distanzierung wie üblich. Das Richtergremium lehnte die Anträge des Anwalts auf Verschiebung des Prozesses wegen der Corona-Pandemie ab.

Einer der Angeklagten namens Eliezer Siep wurde wegen Verstoßes gegen Artikel 170 des indonesischen Strafgesetzbuches (KUHP) über die Ausübung kollektiver Gewalt gegen Personen oder Gegenstände für schuldig befunden und zu acht Monaten Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte für Eliezer Siep eine Strafe von einem Jahr beantragt. Die Prozesse gegen Ricky Wanimbo und Pilatus Pahabol wurden wiederholt vertagt. Weitere Prozesse in Wamena sind noch im Gange.

 

Aktueller Stand der Prozesse im Zusammenhang mit den Zusammenstößen zwischen papuanischen Studenten und Sicherheitskräften in Waena am 23. September 2019

Einige der Prozesse im Zusammenhang mit den Zusammenstößen in Waena am 23. September 2019 laufen noch immer vor dem Bezirksgericht von Jayapura. In der Zwischenzeit haben die vier Angeklagten Biko Kogoya, Tenak Waker, Pailes Yiggibalom, Bendira Tabuni und Alpon Meku ihre Strafen verbüßt. Sie wurden am 6. April 2020 freigelassen.

 

Update zu den Prozessen gegen drei papuanische Aktivisten in Manokwari

Der Prozess gegen Erik Aliknoe, Yunus Aliknoe und Pende Mirin vor dem Bezirksgericht in Manokwari wurde mit der Vernehmung weiterer Zeugen fortgesetzt. Den drei Aktivisten wird Hochverrat vorgeworfen, weil sie eine friedliche Demonstration gegen Rassismus in Manokwari organisiert haben. Alle Gerichtssitzungen im April 2020 wurden wiederholt verschoben, weil vom Staatsanwalt geladene Zeugen nicht vor Gericht erschienen sind. Auch der Prozess gegen Sayang Mandabayan wurde wiederholt vertagt, weil der Richter aus verschiedenen Gründen nicht an der Verhandlung teilnehmen konnte. In beiden Verfahren gab es keine wesentlichen Entwicklungen. Aufgrund der schnellen Ausbreitung des Coronavirus in verschiedenen Teilen Westpapuas haben die Richter geplant, die Prozesse in Online-Konferenzen fortzusetzen.

 

Update zum Prozess gegen vier politische Aktivisten in Sorong

Im Prozess gegen die vier Aktivisten Yoseph Laurens Syufi, Ethus Paulus Miwak Kareth, Manase Baho und Herman Sabo gab es keine wesentlichen Entwicklungen. Der Prozess vor dem Bezirksgericht in Sorong ist im Gange. Die Aktivisten hatten am 17. und 18. September 2019 eine friedliche Demonstration in Sorong organisiert. Die Demonstranten hatten während der Demonstration Morgensternfahnen geschwenkt. Während der Gerichtsverhandlung am 16. April 2020 erklärten die vier Angeklagten, sie hätten die Demonstration organisiert, um gegen rassistische Akte zu protestieren, ohne eine politische Agenda zu haben. Sie sagten auch aus, dass sie nicht wüssten, wer die Morgensternflaggen und ähnliche Kennzeichen zu der Demonstration mitgebracht habe. Die Aktivisten hatten die Demonstration, wie gesetzlich vorgeschrieben, bei der örtlichen Polizeibehörde angemeldet.