Wird Munirs Mörder doch noch bestraft

WPN 21. Juni 2008.
Am Abend des 19. Juni 2008 verhaftete die indonesische Polizei den ehemaligen Armee-General Muchdi Purwopranjono. Er soll wegen vorsätzlichen Mordes angeklagt werden und könnte – falls er schuldig gesprochen wird – mit dem Tode bestraft werden. 2004 war er Vizedirektor des Nationalen Indonesischen Geheimdienstes (BIN). Ihm wird vorgeworfen, den Mord an dem Menschenrechtler Munir in Auftrag gegeben zu haben. Munir Munir, Träger des alternativen Friedensnobel-Preises, war im September 2004 auf einem Flug der KLM von Singapur nach Amsterdam gestorben. Nach einer Autopsie in den Niederlanden stellte sich heraus, dass er mit Arsen vergiftet worden war. Nur schleppend und auf internationalen Druck hin untersuchte die indonesische Polizei das Verbrechen. 2005 wurde der Garuda-Pilot Pollycarpus zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Munir das Gift bei einer Zwischenlandung in Singapur verabreicht hatte. In dem Gerichtsprozess gegen Pollycarpus wurde weder nach den Motiven für den Mord noch nach den Auftraggebern gefragt, obwohl Pollycarpus zur fraglichen Zeit erwiesenermaßen immer wieder mit dem Büro des Geheimdienstes telefoniert hatte. Chef des Geheimdienstes zur Zeit des Mordes an Munir war ein Freund des jetzt verhafteten Muchdi, Makhmud Hedropriyono. Er war ein enger Vertrauter der damaligen Präsidentin Megawati Sukarnoputri. Sie machte ihn nicht nur zum Geheimdienstchef, sondern gab ihm auch einen Platz am Kabinettstisch – natürlich als Minister. Unter ihrer Präsidentschaft wurde auch der bekannte Papuaführer Theys Eluai ermordet. Nur aufgrund internationalen Drucks kam es damals zu einer Untersuchung des Mordes, die ergab, dass Militärs verantwortlich waren. Man darf vermuten, dass damals in höchsten Regierungskreisen eine Reihe von Mordaufträge vergeben wurden. Munir hatte herausgefunden, dass Hendropriyono verantwortlich war für ein Massaker mit 246 Toten und dass Muchdi 14 Aktivisten hatte verschwinden lassen, deren Verbleib bis heute ungeklärt ist. Die beiden Generäle verloren dadurch ihre Posten in der Armee, doch sie fielen weich. Die neue Aufgabe im Geheimdienst gab ihnen die Möglichkeit, sich an Munir zu rächen. Die Verhaftung von Ex-General Muchdi gilt als „Sensation“ (FR), da pensionierte Generäle in Indonesien sich mit den Aktiven gemeinsam als eine Familie verstehen. Als festgefügte Seilschaft sind sie ein inoffizieller Machtfaktor, der nicht unterschätzt werden darf. Die meisten von ihnen waren unter dem Diktator Suharto aktiv und daher in unzählige Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Bisher ist noch nie einer von ihnen vor Gericht zur Rechenschaft gezogen worden, sie standen außerhalb des Gesetzes. Sollte es tatsächlich zu einer Verurteilung Muchdis kommen, hat Indonesien einen kleinen Schritt in die Richtung einer unabhängigen Justiz getan. Damit könnte das Ende der Kultur der Straflosigkeit eingeläutet sein.(sz)

WPN 21. Juni 2008.
Am Abend des 19. Juni 2008 verhaftete die indonesische Polizei den ehemaligen Armee-General Muchdi Purwopranjono. Er soll wegen vorsätzlichen Mordes angeklagt werden und könnte – falls er schuldig gesprochen wird – mit dem Tode bestraft werden. 2004 war er Vizedirektor des Nationalen Indonesischen Geheimdienstes (BIN). Ihm wird vorgeworfen, den Mord an dem Menschenrechtler Munir in Auftrag gegeben zu haben. Munir Munir, Träger des alternativen Friedensnobel-Preises, war im September 2004 auf einem Flug der KLM von Singapur nach Amsterdam gestorben. Nach einer Autopsie in den Niederlanden stellte sich heraus, dass er mit Arsen vergiftet worden war. Nur schleppend und auf internationalen Druck hin untersuchte die indonesische Polizei das Verbrechen. 2005 wurde der Garuda-Pilot Pollycarpus zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Munir das Gift bei einer Zwischenlandung in Singapur verabreicht hatte. In dem Gerichtsprozess gegen Pollycarpus wurde weder nach den Motiven für den Mord noch nach den Auftraggebern gefragt, obwohl Pollycarpus zur fraglichen Zeit erwiesenermaßen immer wieder mit dem Büro des Geheimdienstes telefoniert hatte. Chef des Geheimdienstes zur Zeit des Mordes an Munir war ein Freund des jetzt verhafteten Muchdi, Makhmud Hedropriyono. Er war ein enger Vertrauter der damaligen Präsidentin Megawati Sukarnoputri. Sie machte ihn nicht nur zum Geheimdienstchef, sondern gab ihm auch einen Platz am Kabinettstisch – natürlich als Minister. Unter ihrer Präsidentschaft wurde auch der bekannte Papuaführer Theys Eluai ermordet. Nur aufgrund internationalen Drucks kam es damals zu einer Untersuchung des Mordes, die ergab, dass Militärs verantwortlich waren. Man darf vermuten, dass damals in höchsten Regierungskreisen eine Reihe von Mordaufträge vergeben wurden. Munir hatte herausgefunden, dass Hendropriyono verantwortlich war für ein Massaker mit 246 Toten und dass Muchdi 14 Aktivisten hatte verschwinden lassen, deren Verbleib bis heute ungeklärt ist. Die beiden Generäle verloren dadurch ihre Posten in der Armee, doch sie fielen weich. Die neue Aufgabe im Geheimdienst gab ihnen die Möglichkeit, sich an Munir zu rächen. Die Verhaftung von Ex-General Muchdi gilt als „Sensation“ (FR), da pensionierte Generäle in Indonesien sich mit den Aktiven gemeinsam als eine Familie verstehen. Als festgefügte Seilschaft sind sie ein inoffizieller Machtfaktor, der nicht unterschätzt werden darf. Die meisten von ihnen waren unter dem Diktator Suharto aktiv und daher in unzählige Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Bisher ist noch nie einer von ihnen vor Gericht zur Rechenschaft gezogen worden, sie standen außerhalb des Gesetzes. Sollte es tatsächlich zu einer Verurteilung Muchdis kommen, hat Indonesien einen kleinen Schritt in die Richtung einer unabhängigen Justiz getan. Damit könnte das Ende der Kultur der Straflosigkeit eingeläutet sein.(sz)