Komnas HAM stuft Vorfall in Paniai als schwerwiegende Menschenrechtsverletzung ein – Fall an Generalstaatsanwaltschaft weitergereicht

Die Nationale Menschenrechtskommission in Indonesien (Komnas HAM) hat den so genannten „Paniai Fall“ offiziell als schwerwiegende Menschenrechtsverletzung eingestuft. Im Dezember 2014 hatten Sicherheitskräfte in der Kleinstadt Enarotali das Feuer auf eine Gruppe indigener Papuas eröffnet und dabei mehrere Demonstranten getötet und verletzt. Während einer internen Plenarsitzung am 3. Februar 2020 diskutierte Komnas HAM die Ergebnisse einer fünfjährigen Ermittlung. Die Experten kamen zu dem Ergebnis, dass der Fall die Kriterien schwerer Menschenrechtsverletzungen erfülle. Der Vorfall in Paniai sei ein systematischer Angriff durch das Militär auf die Zivilbevölkerung gewesen. Nach Angaben des Komnas HAM Vorsitzenden Ahmad Taufan Damanik wurden die Ergebnisse der Untersuchung am 11. Februar 2020 dem Generalstaatsanwalt vorgelegt.

Fünf Jahre lang hatte ein Ad-hoc-Ermittlungsteam unter der Leitung von Choirul Anam 26 Zeugen befragt und den Tatort in Enarotali, im Landkreis Paniai, untersucht. Das Untersuchungsteam kam zu dem Ergebnis, dass Mitglieder des XVII/Cenderawasih Militärkommandos für die Tötung von vier jungen Männern verantwortlich seien. Darüber hinaus hätten die Militärs 21 indigene Papua schwer bei dem Angriff verletzt. Das Ad-hoc-Team fand auch Hinweise auf Verstöße durch Polizeibeamten, welche jedoch nicht als schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen eingestuft wurden. Die Untersuchungen ergaben auch strukturelle Mängel in der Aufarbeitung des Falls. Die Behinderung der Justiz hätte zur Verschleierung von Tatsachen und zu einem verzögerten Strafverfolgungsprozess geführt.

Die Nachrichten aus Jakarta lösten in Westpapua Reaktionen aus. Der Indigenen Rat Papuas (Dewan Adat Papua) forderte die schnellstmögliche Einrichtung eines Menschenrechtsgerichtshofes in Westpapua, damit die Menschen in Westpapua den Prozess direkt mitverfolgen können. Die einzige Menschenrechtsverletzung in Westpapua, die je vor einem Menschenrechtsgericht verhandelt wurde, ereignete sich im Jahr 2000 in Abepura, einem Vorort der Stadt Jayapura. Der Prozess fand 2004 an einem Ad-Hoc Menschenrechtsgericht in der Stadt Makassar in Süd-Sulawesi statt. Der mutmaßliche Täter wurde schließlich freigesprochen. Viele andere Fälle, die von Komnas HAM untersucht worden waren, wurden erst gar nicht von der Generalstaatsanwaltschaft bearbeitet und die Akten für unvollständig erklärt.

Der Mechanismus für die rechtliche Bearbeitung von Fällen des Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist im Gesetz 22/2000 über Menschenrechtsgerichte festgelegt. Gemäß Kapitel vier und fünf des Gesetzes hat Komnas HAM das Mandat einen Fall zu untersuchen. Der Generalstaatsanwalt hat die Pflicht die Akten der Ermittlungen zu prüfen und bei einem Ad-hoc-Gericht für Menschenrechte einzureichen, sobald diese alle gesetzlichen Anforderungen für ein Gerichtsverfahren erfüllen.

Die Realität hat gezeigt, dass der Mechanismus bei der effektiven Bearbeitung schwerer Menschenrechtsverletzungen versagt hat. Seit 2002 wurden die Akten von neun Fällen zwischen Komnas HAM und der Generalstaatsanwaltschaft hin und her gereicht. In keinem der Fälle kam es zu einem Strafverfahren gegen die Täter.