Der 1. Dezember – Tag der Erinnerung in Papua

WPN 1. Dezember 2008.
Der 1. Dezember ist nicht nur Welt-Aids-Tag, für die Papua ist er auch ein Tag der Erinnerung an ein freies, unabhängiges West-Papua. Am 1. Dezember 1961 erklärte der damalige West-Papua-Rat, die legitime Vertretung der Bevölkerung, seine Absicht, in wenigen Jahren einen unabhängigen Staat West-Papua zu gründen. Die Niederlande, die damals Niederländisch Neuguinea noch als Kolonie verwalteten, setzten 1970 als Termin für die Unabhängigkeit fest. Am 1. Dezember 1961 wurde bereits ein Beschluss gefasst über die nationalen Symbole, Flagge und Wappen, der jungen Republik. Der damalige indonesische Präsident Sukarno verhinderte alle Pläne durch eine militärische Intervention und annektierte West-Papua. Bis heute ist der 1. Dezember für die Papua ein Tag der Erinnerung. In vielen Städten und Dörfern finden Gottesdienste und Gedenkfeiern statt. Man gedenkt auch der vielen Opfer, die durch die indonesische Besetzung seit 1963 ums Leben gekommen sind. Nichtregierungsorganisationen schätzen ihre Zahl auf 100.000. Wir erhielten heute Berichte von Gedenkfeiern in Manokwari, Nabire und Jayapura. In Manokwari zog ein Demonstrationszug durch die Stadt, Ausgangspunkt war das Büro des Adatrates. Manokwari wurde streng durch viele zusätzlich eingeflogene Militärs bewacht. Dort soll am 20. Dezember der Präsident S.B. Yudhoyono einen Weihnachtsbesuch machen. In Nabire fand ein Gottesdienst unter freiem Himmel statt. In der Predigt hieß es: „Papua ist ein freies Land; frei von jeglicher Abhängigkeit, frei von Alkoholmissbrauch, frei von illegalem Holzeinschlag, frei von illegalem Bergbau, frei von HIV und AIDS frei von jeglicher Art von Mord. Diese Freiheit können uns müssen wir selbst schaffen. Papua ist nicht frei von immer neuer Aufteilung in kleinere Landkreise, nicht frei vom Zustrom vieler Migranten, nicht frei von immer neuen Militäreinheiten, nicht frei von immer neuem Töten und Erschießen.“ Ein Oberschüler las einige Gedichte vor, dabei kam es zu hysterischen Tränenausbrüchen. Anschließend zogen viele Teilnehmer/innen an die Gräber der Opfer des „blutigen Nabire“ vom Jahr 2001 und legten dort Blumen nieder. In Jayapura wollte der Adatrat eine Gedenkfeier am Grab von Theys Eluai in Sentani abhalten. Theys Eluai, charismatischer Vorsitzender des Papua-Adatrates, wurde 2001 zusammen mit seinem Chauffeur auf Anweisung hoher Regierungsstellen in Jakarta von Militärs ermordet. Im Vorfeld der Gedenkfeiern hatte der Polizeipräsident von Papua darauf hingewiesen, dass das Hissen der Morgensternflagge durch den Präsidialerlass 77/2007 verboten ist. Polizei und Militär waren an diesem Tag überall in Alarmbereitschaft. (sz)

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Amnesty international (ai) bittet um Amnestie für Filep Karma und Yusak Pakage

WPN 27. Juni 2008
Die Gütersloher ai-Gruppe bittet den Präsidenten der Republik Indonesien in einen Schreiben um Begnadigung der beiden Gefangenen Filep Karma und Yusak Pakage. Der Brief wird von Mitgliedern der Gruppe individuell geschrieben und versandt, ein Musterbrief dient als Vorlage. Filip Karma und Yusak Pakage hatten im Dezember 2004 bei einer friedlichen Demonstration in Jayapura die Morgensternflagge – ein kulturelles Symbol der Identität der Papua – geschwenkt. Schon zehn Minuten später wurde die Flagge von der Polizei beschlagnahmt und die beiden verhaftet. Filep und Yusak (allein) Yusak Pakage (links) und Filep Karma im Gefängnis Im Mai des Jahres 2005 verurteilte das Landgericht Jayapura Filep Karma zu 15 Jahren und Yusak Pakage zu 10 Jahren Haft. Das Urteil erregte auch deshalb internationale Empörung, weil der Staatsanwalt für beide „nur“ fünf Jahre Haft gefordert hatte. Amnesty international übernahm die beiden in die Liste der von ai besonders betreuten politischen Gefangenen. Die indonesische Regierung sieht in der Morgensternflagge ein politisches Symbol des Unabhängigkeitsstrebens der Papua. Erst seit November 2007 ist das Zeigen der Flagge und gleicher Symbole in der Öffentlichkeit durch eine Präsidialverordnung verboten (PP 77/2007). Für die Verurteilung der beiden im Jahr 2005 gab es folglich noch keine rechtliche Grundlage. Im Gegenteil – von 1999 bis 2001 war es erlaubt, die Flagge neben der indonesischen rot-weißen Nationalflagge zu hissen, danach war es erlaubt, die Flagge „als kulturelles Symbol“ in der Öffentlichkeit zu zeigen. Viele Papua hatten Sticker, Anhänger, Armbänder, Abzeichen u.a. mit diesem Symbol. Die Präsidialverordnung (PP 77/2007) ist ein Rückfall in die Zeit des Diktators Suharto, der nicht nur die Flagge, sondern auch das Wort „Papua“ streng verboten hatte, um die kulturelle Identität der Papua zu zerstören. Wir fügen den Musterbrief der Gütersloher ai-Gruppe an und bitten unsere Leser, sich an der Briefaktion zu beteiligen. Musterbrief President Susilo Bambang Yudhoyono President of the Republik of Indonesia Istana Merdeka Jakarta 10 110 Indonesia Fax: 62213452685 Highly honored President, I am addressing this letter to you, since together with Amnesty International I am observing the cases of Filep Karma and Yusak Pakage in the Province of Papua. In December 2004 they have taken part in a peacefull demonstration and were arrested. Afterwards, in May 2005, Filep Karma was sentenced to fifteen years of imprisoment and Yusak Pakage was sentenced to ten years. They are imprisoned in Abepura since then. Amnesty International does not ask for independence of Papua, but demonstrating peacefully for one’s conviction or belief may not be a reason for penalty. These rights are covered by the Declaration of Human Rights of the United Nations ( Articles 19 and 20 ) As President it is your duty to be aware of human rights’ violations in Indonesia. On August 17 your country celebrates the Day of Independence. It could be a great day for the human rights, if you arrange the release of Filep Karma and Yusak Pakage. Sincerely

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Einschüchterung und Bedrohung – Bewaffnete Militärs stören Kirchenkonferenz

WPN 20 .März 2008
„Ich saß auf meinem Platz etwa in der Mitte der Kirche. Da kam ein Soldat mit eine Maschinenpistole auf mich zu. In der Hand hielt er einen Fotoapparat, er fotografierte mich.“ Das erzählte der Pfarrer S.Yoman, als er von der Eröffnung der regionalen Kirchenkonferenz (Synode) der baptistischen Gemeinden berichtete. „Bewaffnete Militärs gingen in der Kirche umher – wir wussten nicht, was das zu bedeutet hatte.“ Die Synode der Baptistischen Gemeinden in dem kleinen Ort Magi, nördlich von Wamena, begann am 13. März 2008. Es ist in Indonesien üblich, dass Regierungsvertreter auch zur Eröffnung größerer kirchlicher Veranstaltungen eingeladen werden. Doch nicht nur der Distriktschef, also der Chef der zivilen Verwaltung, sondern auch der Polizeichef und der Militärchef kamen in Begleitung von fünf bis an die Zähne bewaffneter Soldaten! „Einige von ihnen standen mitten in der Kirche, andere gingen in der Kirche umher, während die Konferenzteilnehmer eingeschüchtert auf ihren Bänken oder auf dem Boden saßen“, erzählte Pfr. Yoman. Was tut das Militär in der Kirche? Einschüchterungen, Drohungen, Demonstration von Stärke und Überlegenheit entspricht der Politik der indonesischen Regierung gegenüber den Papua, den Ureinwohnern der östlichsten Provinz in westlichen Neuguinea. Ein besonderes Ziel dieser Operation sind die Menschen in Hochland, in der Umgebung von Wamena. Der Bildungsstand ist hier noch relativ niedrig, die Dörfer sind isoliert, die Menschen bestellen Süßkartoffelfelder und züchten Schweine. Nur wenig Geld ist im Umlauf. Die Dorfbewohner sind arm. Das indonesische Militär sieht diese Menschen als rückständig und primitiv an. Menschenleben zählen hier nicht, und Nachrichten dringen nur selten nach draußen. Statt sich um die Entwicklung des Landes zu kümmern und einen offenen Dialog mit den Papua zu führen, setzt die indonesische Regierung auf Einschüchterung, Unterdrückung, Drohung und Gewalt. Dazu ist das Militär nötig – auch in der Kirche! (sz)

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Er hatte den Soldaten nicht gegrüßt…darum musste er sterben

WPN 14. Dezember 2007.
Am 1. November 2007 misshandelte Yance Korwa, ein Militär der Landstreitkräfte der indonesischen Armee, Krinus Pagawak, er schlug ihn mit einem schweren Holzstab. Zunächst schlug er ihn mit der Hand, dann holte er das Stück Holz und stieß es dem Opfer mehrfach in den Bauch und fügte ihm schwere innere Verletzungen zu. Dann schleppte er sein Opfer an einen morastigen tiefen Wassertümpel und warf es hinein. Krinus Pagawak ertrank. So steht es in einem Bericht, den das Menschenrechtsbüro der evangelischen Kirche dem Sonderberichterstatter der UNO bei seinem Besuch in Papua übergab. Wir veröffentlichen Teile des Berichtes. Der vollständige Bericht ist unter dem Menü Aktuelles/E-Info nachzulesen. Menschenrechte in Papua – Schlaglichter – ein Bericht der Kirche Im November 2007 besuchte der Sonderberichterstatter der UNO für Folter, Prof. Dr. Manfred Nowack, Indonesien und konnte auch in West-Papua Gespräche führen. Wir begrüßen die Offenheit der indonesischen Regierung, die ihn eingeladen und ihm auch die Möglichkeit einer Reise nach Papua gegeben hat. Er besuchte Gefängnisse, führte Gespräche und nahm auch schriftliche Berichte entgegen. Das Menschenrechtsbüro der evangelischen Kirche (GKI-TP) hatte einen Bericht vorbereitet, der einzelne Fälle von schweren Übergriffen der Sicherheitskräfte dokumentiert. Der Bericht zeigt Schlaglichter auf, nennt einzelne gut dokumentierte Fälle von Gewaltmissbrauch und Misshandlungen, u.a. mit Todesfolge. Die Schlaglichter zeigen, dass sich die Menschenrechtslage in West-Papua in den letzten Monaten in keiner Weise verbessert hat. Fälle wie die hier dokumentierten sind längst nicht die einzigen, aber sie zeigen die Haltung der Sicherheitsbehörden gegenüber der Bevölkerung. Misshandlungen sind an der Tagesordnung, weil die Täter bisher immer straffrei ausgegangen sind. Prof. Nowack schrieb in seinem Abschlussbericht: „Die indonesischen Behörden konnten mir keinen einzigen Fall nennen, bei dem ein Beamter oder Militär wegen Misshandlung und Folter bestraft wurde.“ In einem der unten geschilderten Fälle wurde von uns der Name des Zeugen geändert. (sz) Die Menschenrechtslage in Papua (Juli – November 2007) Situationsbericht des Menschenrechtsbüros der evangelischen Kirche in Papua – GKI-TP – vom November 2007, dem Sonderberichterstatter der UNO für Folter bei seinem besuch überreicht. Denis Kasibmabin (21) und seine Freunde im Bezirk (Kabupaten) Pegunungan Bintang Am 19. Juli 2007 haben drei Polizisten, nämlich Irfan, Saiman und Sirait, willkürlich drei Bürger zu Tode gefoltert, nämlich Denis Kasipmabin (21), Markus Uropka (23) dan Deni Sasaka (25). Die Polizisten waren Beamte der Polizeistation (Polres) des neuen Bezirks (Kabupaten) Pegunungan Bintang. Die Augenzeugen bestätigen, dass die drei Bürger, als sie zur Polizeistation gebracht wurden, zwar angetrunken, aber ansonsten völlig gesund waren. Als sie in ihre Häuser zurückgebracht wurden, waren sie in einem schlimmen Zustand und sind kurz darauf verstorben. Die Ironie der Geschichte: Sie wurden geschlagen, weil sie Alkohol konsumiert hatten, welchen die Polizei ihnen vorher verkauft hatte. Benny Atek (45) im Bezirk (Kabupaten) Pegunungan Bintang Im Mai 2007 wurde Benny Atek (45), der Leiter des Landwirtschaftsamtes, von vier Polizisten in der Polizeistation des Bezirks gefoltert. Er war schwer verletzt und starb am 4. Juli 2007 an den Folgen der Misshandlungen. Ein Arzt bestätigte, dass der Tod eine Folge der Verletzungen war, die ihm die Polizisten beigebracht hatten. Yoseph Rahawarin (47), im Bezirk (Kabupaten) Timika Am 3. August 2007 überfielen sieben Militärs der Landstreitkräfte das Haus des Grundschullehrers Yoseph Rahawarin (47). Er war Lehrer an der Schule Mapuru Jaya im Bezirk Timika. Er hatte eine Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn. Dieser ging zum Militär und beklagte sich über Yoseph. Daraufhin wurde Yoseph von den Militärs zu Tode geprügelt. Yuli Wanaris (21) im Bezirk (Kabupaten) Jayapura Am 26. September 2007 wurde Yuli Wanaris (21), Jura-Studentin im 1. Semester an der Cenderawasih-Universität, von einer Patrouille des Geheimdienstes aufgegriffen und 18 Stunden an unbekanntem Ort festgehalten. Sie wurde geschlagen und bedroht. Eine Pistole wurde ihr an den Kopf gehalten, Nadeln unter ihre Fingernägel und Fußnägel gesteckt, man stach sie mit einer Spritze in die rechten und linken Hand- und Ellenbogengelenke, in die Knie- und Fußgelenke sowie in den Bauch und Rücken und in die Herzgegend. Sie wurde gefoltert, weil sie gezwungen werden sollte, über die Aktivitäten ihres Vaters Efraim Wanaris zu berichten. Ihr Vater ist Mitglied in der sog. Otoritas Nasional Papua, welche sich für die Unabhängigkeit Papuas einsetzt. Die Geheimdienstler riefen mit Yulis Mobiltelefon ihre Mutter an und ließen sie das Schreien ihrer Tochter hören. Sie sagten ihr, sie würden ihre Tochter zu Tode foltern, auch wenn ihr Vater seine politischen Aktivitäten einstellen würde. Zur letzten Folterstufe wurde Yuli vor einen heißen Ofen gezerrt, auf dem man sie braten wollte. Der Ofen war schon vorbereitet, doch diese Folter wurde dann nicht mehr ausgeführt. Yuli berichtete, dass sie in ein Privathaus nach Abepura gebracht worden war, wo sich die beschriebenen Ereignisse abspielten. Krinus Pagawak (23) im Bezirk (Kabupaten) Jayapura-Land Am 1. November 2007 misshandelte Yance Korwa, ein Militär der Landstreitkräfte der indonesischen Armee, Krinus Pagawak, er schlug ihn mit einem schweren Holzstab. Zunächst schlug er ihn mit der Hand, dann holte er das Stück Holz und stieß es dem Opfer mehrfach in den Bauch und fügte ihm schwere innere Verletzungen zu. Dann schleppte er sein Opfer an einen morastigen tiefen Wassertümpel und warf es hinein. Krinus Pagawak ertrank. Sein Freund Jekpot wurde ebenfalls geschlagen, konnte sich aber retten und berichtete den Vorfall. Der Grund für die Misshandlung: die beiden hatten den Soldaten, der an einem Kontrollposten Wache hielt, nicht gegrüßt. Der Vorfall ereignete sich in Lereh.

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Gesundheit – Recht und Würde

Das Seminar wurde gemeinsam verantwortet vom West Papua Netzwerk (WPN), dem AK Papua der Ev. Kirche der Pfalz und weiteren Partnerschaftsgruppen aus dem Rheinland, Westfalen und den Niederlanden sowie der Ev. Arbeits-stelle Bildung und Gesellschaft, Regionalstelle Rockenhausen.

Die Gesundheitsproblematik ist eines der klassischen Themen im Nord-Süd-Verhältnis. In den Diskussionen der vorangegangenen Papua-Partnerschaftsseminare wurde deutlich, daß neben Kultur und Bildung Gesundheit ein wichtiger Indikator für die Wahrung der Rechte und der Würde von Menschen und Völkern ist. Dies zu untersuchen sollte einer der Diskussionsgegenstände des Seminars sein. Die historisch begründeten und aktuellen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens in Papua näher kennenzulernen, war eines der Ziele des Seminars; es galt, konkrete Aspekte der Gesundheitsproblematik zu reflektieren.

ReferentInnen, die unterschiedliche Facetten des Themas fachlich kompetent beleuchten sollten, konnten gewonnen werden:

– Dr. Eny Kenangalem, eine Ärztin, die heute in der zentralen Malariaforschung der Republik Indonesien tätig ist, selbst als Kind nomadisierender Eltern im tropischen Regenwald beinahe Opfer der Adat geworden wäre und heute neben ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit immer wieder in abgelegenen Regionen Papuas in der medizinischen Grundversorgung mitarbeitet; Malaria, HIV Aids, Tuberkulose und das Konfliktfeld „moderne“ Medizin und Adat waren Inhalte ihres Beitrages.

– Jemima Krey, die Präsidentin der Ev. Kirche im Lande Papua (GKI -Gereja Kristen Injili di Tanah Papua), bedachte v.a. aus der Sicht der Frauen -und damit nach wie vor einer der HauptOpferGruppen- die Gesundheitsmisere in Westpapua. Sie stellte zugleich theologische Reflexionen über das vergangene und gegenwärtige Verhältnis der GKI zu diakonischen Initiativen in ihrem Bereich an, und brachte grundlegende Gedanken und Strukturvorschläge zu Gestaltung der GKI als einer diakonischen Kirche ein.

– Dr. Remco van de Pas, ein Soziologe und Politologe, beleuchtete aus europäischen Hintergrund kommend, aber durch lange Aufenthalte im Indonesischen Archipel zum profunden Kenner der Situation geworden, das Gesundheitswesen Indonesiens und speziell Papuas. Vor Ort war Dr. van de Pas für die internationale Nichtregierungsorganisation „Weltärzte“ (Médecines du Monde)  zwei Jahre lang beschäftigt und an der Entwicklung von Grasroot-Modellen des Gesundheitswesens beteiligt.

– Klaus Reuter und Friedrich Tometten, zwei ehemalige Missionare, die auch Jahre nach ihrer Dienstzeit vor Ort immer wieder Entwicklungen in Papua begleiten, berichteten von ihren Projekten: der eine als Dozent der Theologie, der andere als Techniker. Beide tragen damit zwar nicht zu einem direkten Gesundheitsthema bei, wohl aber arbeiten sie durch Persönlichkeitsbildung und in der technologischen Umbruchsituation der Papua mit an der sozialen Stabilisierung des Gesundheitswesens.

Aus der Fülle der Aspekte, die im Rahmen des Seminars angesprochen wurden, sollen einige erinnert werden:

– kulturelle Identität ist die soziale Voraussetzung von Gesundheit

– der Charme alter Heilmethoden aus den Adat (Traditionen der Papua-Völker) besteht u.a. darin, den Menschen in seiner Ganzheit und in seinem sozialen Kontext wahrzunehmen und darum mehr und anderes als nur medizinische Versorgung zu umfassen

– sozioökonomische Faktoren wie die Marginalisierung der Papua und die Majorisierung und Mißachtung der indigenen Traditionen und Lebenskonzepte durch die indonesische Mehrheitsgesellschaft haben erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Papua

– ökologische Faktoren wie Klimawandel, Holzeinschlag oder Monokulturen beeinträchtigen die Gesundheitssituation der Menschen

– die Zerstörung des angestammten Lebensraumes durch Abholzung und Landraub unter Beteiligung internationaler Konzerne zeitigt schwerwiegende Folgen für die Gesundheit

– gesundheitliche Aufklärung sollte unter Einbeziehung der traditionellen Medizin und Gesundheitsversorgung (Adat) Bewußtseins bildend wirken

– Malaria und Tuberkulose stellen weiterhin eine kontinuierliche Bedrohung der Bevölkerung Papuas dar (allerdings sind erfreulicherweise erste deutliche Erfolge in der Malariabehandlung durch die Heilpflanze Artemisia bekannt) 

– die nach wie vor hohe Rate der Mütter- und Kindersterblichkeit steht in Relation zu den Aspekten Sicherheit und Zerstörung der Lebensgrundlagen

– häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder und steigender Alkoholmissbrauch bei Erwachsenen und Jugendlichen als Zeichen sozialer Phobien und Desorientierung im Kontext des politischen und gesellschaftlichen Wandels sind zunehmend zu beklagen

– HIV/ AIDS sind neue und rasante Bedrohungen der Papuavölker (Hausfrauen sind zumeist die ersten Opfer der Aids-Pandemie; Sexualpraktiken, sexuelle Aufklärung und Erziehung sind Tabuthemen) auch die Kirche tabuisiert trotz der erhebliche Zuwachsraten von HIV AIDS das Thema weitgehend

– die Rolle des Staates und die Gesundheitspolitik (Tradition und Moderne: Gesundheitsfürsorge und medizinische Forschung; die Personalsituation in der lokalen Gesundheitsversorgung -v.a. in entfernteren Gebieten- ist oft desolat; soziale und ökologische Aspekte des staatlichen Gesundheitswesens sind nicht immer mit der Adat der Papua kompatibel; auch das Gesundheitswesen ist der allgemeinen Korruption zum Opfer gefallen; die Gesundheitspolitik in Papua spiegelt die Verfahrensweisen und Maßstäbe des politischen Umgangs der indonesischen Zentralregierung mit den Menschen und ihren Rechten in Papua wider; das Scheitern des staatlichen Sonderautonomiegesetzes hat nicht unwesentlich einen Großteil seiner Ursachen in der sozialen und medizinischen Unterversorgung der indigenen Papua durch die Regierung; die Bemühungen der Republik Indonesien um die Gesundheit der Bürger in Papua wirkt häufig unglaubwürdig, wenn die Rechte und Würde der indigenen Völker mit Füßen getreten werden; ein deutliches Bekenntnis des Staates zum Überleben der Papua wird immer wieder eingefordert)

– die Rolle der Kirche in der Gesundheitsversorgung (Vision und Wirklichkeit Diakonischer Arbeit und Verantwortung der Ev. Kirche in Papua (GKI-TP) klaffen weit auseinander; der Masterplan der GKI-TP zur zentralen und qualifizierten Erforschung, Bekämpfung und Vorbeugung von pandemischen Krankheiten ist eine verheißungsvolle Perspektive; die Qualifizierung des Personals in der medizinischen Forschung, Versorgung und Gesundheitspolitik ist hervorragendes Anliegen der GKI)

FAZIT: Grundsätzliche Ziele der Nord-Süd-Zusammenarbeit prägten –wie in den Jahren zuvor- auch in 2011 das entwicklungspolitische Seminar zu West Papua.

Die Veranstaltung
– ermöglichte gemeinsame Lernprozesse von Menschen unterschiedlicher Hintergründe, Kenntnisstände, sozialer Einbettung etc. zu zentralen entwicklungspolitischen, wirtschaftlichen, ökologischen, interkulturellen und ökumenischen Fragen

– sicherte den Erfahrungsaustausch und damit verbundene Reflexionen und qualifizierte auf diese Weise die kontinuierliche Partnerschaftsarbeit

– verortete den Nord-Süd-Dialog am konkreten Thema Gesundheit und verlieh ihm Authentizität durch persönliche Begegnungen

– transportierte Aspekte der Entwicklungspolitik in den allgemeinen gesellschaftlichen Raum durch öffentliche Teilveranstaltungen

– motivierte zur Mitarbeit in den Gruppen und zum begleitenden persönlichen und Gemeindegebet durch die Mitarbeit beim Gottesdienst in einer Kirchengemeinde des gastgebenden Kirchenkreises

– diente der Verabredung von Maßnahmen zur Initiierung und Begleitung von Projekten und Gemeinden in Papua und ggf. zur politischen Intervention hinsichtlich der Entwicklungen der Menschen- und Landrechte in Papua von Deutschland und Europa aus.

Zusammenfassung von Pfarrer Ruprecht Beuter, Kirchenkreis Rockenhausen

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Der Grasberg-Komplex in West-Papua

Der Ausbau der Grasberg-Mine startete im Jahr 1967. Damals schloss Freeport einen ersten Vertrag mit General Mohamed Suharto, der sich wenige Jahre zuvor in Indonesien an die Macht geputscht hatte. In der Folge startete das Unternehmen den Tagebau von Kupfererz. Die Ländereien, auf denen Freeport seither arbeitet, wurden der lokalen Bevölkerung ohne Entschädigung abgenommen.
Ende der 1980er Jahre wurden umfangreiche Goldvorkommen nahe der Kupfermine entdeckt. Freeport sicherte sich auch für diese die Abbaurechte.
An der Erschließung von Goldvorkommen in der gleichen Region ist mit Rio Tinto ein britisch-australischer Konzern beteiligt, der zu den größten Minenunternehmen der Welt gehört.
Der Grasberg-Komplex liegt in knapp 4000 Metern Höhe in der Heimat der Volksgruppe der Amungmes. Diese nennen die Landschaft des vom Schnee bedeckten Gipfels des Berges Puncak Jaya hinunter über die Hänge zur Küste „Unsere Mutter“.
Das Gebiet mit einer großen religiösen Bedeutung für die lokale Bevölkerung wurde durch den Tagebau zerstört (Hütz-Adams 2005: 27). Grasberg ist trotz erheblicher Produktionsschwankungen immer noch eine der ertragreichsten Goldminen der Welt und liegt zugleich in der Rangliste der größten Kupferminen der Welt lauf Platz 3. Rund um diesen Komplex werden jährlich Umsätze in Höhe von rund 6 Mrd. US-Dollar gemacht (Tabelle 6).

Tabelle 6
Kennzahlen der Grasberg-Mine (2010)
Kupferproduktion: 780.000
Tonnen Goldproduktion: 55,5
Tonnen Umsatz: 6,3 Mrd. US-Dollar
abgeführte Steuern: 1,7 Mrd. US-Dollar
Quelle: ICSG 2010: 11; Freeport-McMoRan 2011: 2, II, XXVII

Derzeit werden täglich rund 230.000 Tonnen Erze in der Mine vorverarbeitet und konzentriert (Freeport-McMoRan 2011: III). Der größte Teil dieser Erze bleibt nach der Erstverarbeitung als Abfall zurück und wird in Flüsse gekippt, die ihn den Berg herunter in das Tiefland spülen. Die Entsorgung der Produktionsreste über Flüsse ist in allen Industrienationen verboten. Das gesamte Flusssystem unterhalb der Mine inklusive des Regenwaldes wurde massiv geschädigt. Große Mengen Schwermetalle gelangten in das Wasser und damit auch in die Schwemmgebiete des Flusses.
Für die Anwohner bedeutet dies eine Einschränkung oder sogar das Ende von Fischfang, Jagd und Pflanzenbau. Selbst das Trinkwasser ist teilweise verseucht.
Ein weiteres Problem sind die Steinhalden in den Tälern rund um die Mine, auf denen weitere 360.000 bis 510.000 Tonnen Gestein täglich deponiert werden. Das Gestein enthält Schwefel, der durch Wasser- und Sauerstoffkontakt Schwefelsäure bildet. Diese löst Schwermetalle aus dem Gestein, und die giftige Mischung verseucht Grund- und Oberflächenwasser (Böge et al. 2006: 21; Friends of the Earth Netherlands 2009: 35–36).

„Für die Menschen hier ist ein Berggipfel der Kopf von Mutter Erde. Und die Flüsse sind Milch aus ihren Brüsten. Als nun die Firma Freeport begann, Berggipfel abzutragen, um Gold und Kupfer zu gewinnen, bedeutete das für das Volk der Amungme, dass ihrer Mutter der Kopf abgeschnitten wurde. Deshalb begannen etliche Amungme, Widerstand zu leisten. Für dieses Volk, das heute den Kopf seiner Mutter vernichtet und deren Brüste durch Chemikalien vergiftet sieht, gibt es kein friedliches Leben mit dem Bergbau.“ Neles Tebay, Priester und Theologieprofessor in Abepura/West-Papua.
Quelle: Deutschlandradio Kultur, 14.10.2009, Interview mit Theodor Müller

Übergriffe durch Sicherheitskräfte
Tausende Menschen wurden umgesiedelt, um die Mine aufzubauen. Gab es Widerstand, rief Freeport Polizei und Militär zu Hilfe. Seit Ende der 1970er Jahre kam es wiederholt zu Anschlägen auf Mineneinrichtungen. Doch oft war umstritten, ob Rebellengruppen oder Militärs, die ihre Präsenz in der Region rechtfertigen wollten, hinter den Angriffen steckten. Dennoch schlugen die Sicherheitskräfte hart zu und bombardierten sogar Dörfer. Es kam immer wieder zu Übergriffen der Sicherheitskräfte, Vergewaltigungen und Zwangsumsiedelungen, bei denen mindestens 200 Menschen – größtenteils Zivilisten – starben und viele andere verschwanden (Ballard 2001: 24–32; Böge et al. 2006: 21–23; IIED 2002: 189).
Mitte 2009 waren 600 Soldaten und 1.320 Polizisten in dem Gebiet rund um die Mine stationiert (Jakarta Post Online, 09.09.2009). Das Militär forderte lange Zeit von Freeport die Bezahlung der Einsätze. Mindestens bis 2004 flossen so Millionensummen, die teilweise direkt an Offiziere gingen (Global Witness 2007: 12; ICG 2002: 19; Böge et al. 2006: 21).
Anwohner rund um die Grasberg-Mine haben Freeport in Indonesien und in den USA verklagt. Sie fordern 20 Mrd. US-Dollar Schadensersatz für die Umweltzerstörungen und die Verletzung ihrer Landrechte sowie 10 Mrd. US-Dollar als Entschädigung für die Verletzungen der Menschenrechte rund um die Mine (WPAT 2009: 3). Ihnen reichen die Sozialprogramme nicht aus, die Freeport in den letzten Jahren ins Leben gerufen hat. Keine Lösung in Sicht Angesichts der großen Bedeutung des Berges für die Anwohner ist eine Entspannung der Situation nicht abzusehen. Für die lokale Bevölkerung kann es keinen Frieden mit der Mine geben. Dennoch sind sowohl die Zentralregierung Indonesiens als auch die beteiligten Unternehmen daran interessiert, die Förderung von metallischen Erzen weiter zu betreiben.

Friedel Hütz-Adams

Aus: SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene (Hg.): „Im Boden der Tatsachen. Metallische Rohstoffe und ihre Nebenwirkungen“. Siegburg, Mai 2011. S. 19 – 20

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Amnesty International

Am 15. Juni, gegen 09:00 Uhr, war es auf dem Gelände des Militärkommandoposten Kodim 1705 zu einer Demonstration von Zivilsten gekommen. Sie protestierten gegen das brutale Vorgehen von fünf Militärangehörigen, die am 14. Mai den indigenen Papua Derek Adii getötet haben sollen.
Familienangehörige und Freunde des Ermordeten forderten bei dem Protest eine Aufklärung des Verbrechens und die strafrechtliche Verfolgung der Täter. Dabei kam es zu gewalttätigen Übergriffen zunächst von Seiten der Demonstranten, die Fensterscheiben des Militärstützpunktes zerschlugen und mit Gegenständen warfen.
Yones Douw, der zur Beobachtung des Protests vor Ort war, lief auf das Militärgelände, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Die Demonstranten sollen daraufhin gemeinsam mit Yones Douw das Gelände verlassen haben.
Das Militär reagierte nun seinerseits mit Gewalt: Soldaten feuerten Warnschüsse ab und begannen, auf offener Straße auf Demonstranten einzuschlagen. Dabei hatten sie vor allem den in der Öffentlichkeit bekannten Menschenrechtsverteidiger Yones Douw im Visier.
Mindestens fünf Soldaten sollen mit Holzlatten auf Yones Douw eingeschlagen und ihm Verletzungen an Kopf, Schulter und Handgelenken zugefügt haben. Auch der Vater des Ermordeten Derek Adii, Damas Adii, wurde durch Militärangehörige mit Holzlatten attackiert. Während Yones Douw geschlagen wurde, hörte er die Soldaten sagen: „Diesen Tieren muss eine Lektion erteilt werden“ und „Tötet die Leute einfach“. Eine ärztliche Versorgung soll Yones Douw anschließend im Krankenhaus untersagt worden seien, da das Personal für die medizinische Behandlung einen Brief der Polizei verlangt habe.
Yones Douw leidet seitdem vor allem unter Kopfverletzungen und ist besorgt um seine Gesundheit und Sicherheit. 2009 war er bereits Opfer polizeilicher Gewalt gewesen.
Menschenrechtsorganisationen und Kirchen Papuas verurteilen die Gewalt an Yones Douw und anderen Menschenrechtsverteidigern in Papua. In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 17. Juni 2011 fordern sie explizit den Schutz von Menschenrechtsverteidigern durch den indonesischen Staat.
Amnesty International hat in einer Eilaktion (Urgent Action) dazu aufgerufen, zum Schutz von Yones Douw Briefe an die indonesischen Behörden zu schicken. Wer sich an der Aktion beteiligen möchte, kann bei der Koordinationsstelle des West Papua Netzwerkes weitere Informationen und einen entsprechenden Musterbrief anfordern.

Kristina Neubauer

(Q.: Amnesty International: UA:188/11 Index:ASA 21/014/2011 Indonesia, 17.06.2011; Sekretarias Biro Keadilan dan Perdamaian Klasis Nabire; Siaran Pers Bersama Koalisi Para Pembela HAM di Tanah Papua „Jaminan Perlindungan Pembela HAM…?).

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