Wieder mal die Morgensternflagge….

WPN 2. Januar 2008.
Indonesien ist nervös – auch wenn der Anlass nichtig ist. In einem kleinen Dorf am Rande West-Papuas auf der Insel Biak fand eine Hochzeit statt. Zur Tradition gehört es, dass der Brautpreis von der Familie des Bräutigams in einer feierlichen Zeremonie den Eltern und Brüdern der Braut überbracht wird. Die Überbringer kamen am Vormittag des 16. Dezember 2007 mit lockerem Tanzschritt zum Haus der Brauteltern. Zu ihrer Gruppe gehörte auch Großmutter Yuliana Rumbiak, sie ist 53 Jahre alt. Morgensternflagge Um die Anwesenden zu erheitern, entrollte sie während des Tanzes zunächst die rot-weiße indonesische Nationalflagge, dann die Morgensternflagge. 24 Stunden später stand die Polizei vor ihrem Haus, nahm sie fest und brachte sie ins Polizeigefängnis der Stadt Biak. Sie soll gegen die Paragrafen 106, 154, 155/55 des Strafgesetzbuches verstoßen haben: Landesverrat oder Hochverrat (makar). Ein ähnlicher Fall ereignete sich im Juli 2007 in Jayapura. Während eines Tanzes zur Einsetzung der neugewählten Leitung des Adatrates hatte die Tänzerin LEVINA BISAY von der Tanzgruppe SAMPARI aus Manokwari die Morgensternflagge entrollt. Die Gruppe konnte zwar nach Manokwari zurückkehren. LEVINA BISAY wurde jedoch schon zweimal von der Polizei in Jayapura vorgeladen. Sie leistete den Vorladungen keine Folge, weil sie kein Geld hat, nach Jayapura zu reisen. Sie wurde aber nicht gefangen gesetzt, weil der Fall bei der Polizei in Jayapura liegt und diese offensichtlich keine Amtshilfe von der Polizei in Manokwari erhält. Manokwari liegt 800 km westlich von Jayapura. Der Morgenstern und damit auch die Morgensternflagge ist ein wichtiges kulturelles Symbol vor allem für die Bewohner der Insel Biak. In der Biaksprache heißt der Morgenstern SAMPARI – wie jene Tanzgruppe aus Manokwari. Die Provinz Papua hat nach dem Autonomiegesetz das Recht, ein eigenes kulturelles Symbol in der Form einer Flagge zu besitzen. Längst ist beschlossen, dass dies die Morgensternflagge sein soll. Doch Indonesien sperrt aus Angst vor Separatismus alte Frauen ins Gefängnis. Die Regierung sollte sich um Verständnis für die Kultur der Papua bemühen.

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E-Info vom 27.06.2011

Am 15. Juni, gegen 09:00 Uhr, war es auf dem Gelände des Militärkommandoposten Kodim 1705 zu einer Demonstration von Zivilsten gekommen. Sie protestierten gegen das brutale Vorgehen von fünf Militärangehörigen, die am 14. Mai den indigenen Papua Derek Adii getötet haben sollen.
Familienangehörige und Freunde des Ermordeten forderten bei dem Protest eine Aufklärung des Verbrechens und die strafrechtliche Verfolgung der Täter. Dabei kam es zu gewalttätigen Übergriffen zunächst von Seiten der Demonstranten, die Fensterscheiben des Militärstützpunktes zerschlugen und mit Gegenständen warfen.
Yones Douw, der zur Beobachtung des Protests vor Ort war, lief auf das Militärgelände, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Die Demonstranten sollen daraufhin gemeinsam mit Yones Douw das Gelände verlassen haben.
Das Militär reagierte nun seinerseits mit Gewalt: Soldaten feuerten Warnschüsse ab und begannen, auf offener Straße auf Demonstranten einzuschlagen. Dabei hatten sie vor allem den in der Öffentlichkeit bekannten Menschenrechtsverteidiger Yones Douw im Visier.
Mindestens fünf Soldaten sollen mit Holzlatten auf Yones Douw eingeschlagen und ihm Verletzungen an Kopf, Schulter und Handgelenken zugefügt haben. Auch der Vater des Ermordeten Derek Adii, Damas Adii, wurde durch Militärangehörige mit Holzlatten attackiert. Während Yones Douw geschlagen wurde, hörte er die Soldaten sagen: „Diesen Tieren muss eine Lektion erteilt werden“ und „Tötet die Leute einfach“. Eine ärztliche Versorgung soll Yones Douw anschließend im Krankenhaus untersagt worden seien, da das Personal für die medizinische Behandlung einen Brief der Polizei verlangt habe.
Yones Douw leidet seitdem vor allem unter Kopfverletzungen und ist besorgt um seine Gesundheit und Sicherheit. 2009 war er bereits Opfer polizeilicher Gewalt gewesen.
Menschenrechtsorganisationen und Kirchen Papuas verurteilen die Gewalt an Yones Douw und anderen Menschenrechtsverteidigern in Papua. In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 17. Juni 2011 fordern sie explizit den Schutz von Menschenrechtsverteidigern durch den indonesischen Staat.
Amnesty International hat in einer Eilaktion (Urgent Action) dazu aufgerufen, zum Schutz von Yones Douw Briefe an die indonesischen Behörden zu schicken. Wer sich an der Aktion beteiligen möchte, kann bei der Koordinationsstelle des West Papua Netzwerkes weitere Informationen und einen entsprechenden Musterbrief anfordern.

Kristina Neubauer

(Q.: Amnesty International: UA:188/11 Index:ASA 21/014/2011 Indonesia, 17.06.2011; Sekretarias Biro Keadilan dan Perdamaian Klasis Nabire; Siaran Pers Bersama Koalisi Para Pembela HAM di Tanah Papua „Jaminan Perlindungan Pembela HAM…?).

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Papua- Gipfel in Vanuatu – Papua wählen eine neue Führerschaft

von Ben Bohane in Port Vila – Montag, 7. April 2008, aus dem Pacific Magazine
Der wichtigste Gipfel in 45 Jahren Kampf um die Unabhängigkeit West Papuas findet zur Zeit in Vanuatu statt, wo sich Papuaführer treffen. Die Versammlung begann in einem kleinen Haus hinter einer Südseekirche mit einem feierlichen Gottesdienst und dem gemeinsamen Singen der Nationalhymne. Papuadelegierte aus aller Welt versuchen etwas zu schaffen, was ihnen bisher in ihrem langen Streit gefehlt hat – eine einige Führerschaft. Ihrem Kampf fehlte oft die Unterstützung, weil politische Gruppen und auch der militärische Flügel der OPM (Organisasi Papua Merdeka = Bewegung für ein freies Papua) über Jahre zersplittert waren. Diese Differenzen hatten vor allem mit der in Melanesien weit verbreiteten “Big Man”- Haltung – also persönliche Eifersüchtelei – zu tun, weniger mit unterschiedlichen oder widerstretenden Ideologien. Sie alle sehen die Notwendigkeit der Unabhängigkeit und lehnen die Autonomieversprechungen Indoensiens ab. Die vielen unterschiedlichen Volkgruppen in West Papua, die relative Armut und die schwierige geographische Konstellation hat dazu geführt, dass in der Vergangenheit ganz unterschiedliche Persönlichkeiten – Politiker oder Militärs – die Führerschaft im Widerstand gegen Indonesien beanspruchten und ziemlich autonom handelten. Es war Chief Theys Eluay, der Vorsitzende des Präsidiums des Papuarates, der eine Zeit lang mit großer Unterstützung rechnen durfte. Doch er wurde von einer indonesischen Sondereinheit (Kopasssus) ermordet. Seither gibt es eine Art Führerschafts-Vakuum, das zu Spannungen zwischen den verschiedenen Gruppen führte, z.B. zwischen dem Präsidium des Papua-Rates, das seither praktisch schweigt, und den OPM-Guerillias, die im Busch operieren. Die Konferenz in Vanuatu scheint einen Versuch machen zu wollen, die Gegensätze zu überbrücken und die diversen Gruppen wieder unter dem Banner der OPM zusammen zu bringen. Die Konferenz ist das bedeutendste Treffen von Persönlichkeiten aus West-Papua, seit die OPM 1964 gegründet wurde. “Dies ist ein historisches Treffen und der Abschluss eines Konsultationsprozesses, der im Jahr 2000 begann und seit acht Jahren andauert,” sagte Andy Ayamiseba, ein West Papua – Führer. Seine stille Diplomatie hat dazu beigetragen, dass Vanuatu eines der wenigen Länder ist, die West Papua kontinuierlich auf der politischen Bühne unterstützen. “Wir werden eine Pyramidenstruktur mit einem Führer an der Spitze schaffen, der von unserm Volk und der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden kann.“ Man könnte vielleicht auf Richard Yoweni tippen. Er ist OPM Kommandeur in der Manokwari – Region, 66 Jahre alt, am längsten von allen in der Widerstandsbewegung aktiv, Er schloss sich der Bewegung 1966 an, nachdem er aus Jakarta zurückgekehrt war, wo er einige Jahre zum Mechaniker ausgebildet wurde. Die Regierung von Vanuatu hat sich von dem Gipfeltreffen distanziert. In einer Fase der Vorbereitung wollte sie aus Sicherheitsgründen absagen. Doch Präsident Kalkot Mataskelekele bestätigte kürzlich im Parlament, dass West-Papua sich in Vanuatu der Unterstützung von allen Seiten sicher sein kann: “Der Kampf des Volkes von West-Papua um seine Freiheit wird immer in den Herzen des Volkes von Vanuatu Platz haben.“ Vanuatu wird weiterhin eine Art Rettungsseil (lifeline) für die West-Papuas bleiben, trotz Druck von Jakarta und Canberra. Das gehört zu Vanuatus robuster und unabhängiger Außenpolitik. Sie gründet sich auf den eigenen Kampf um die Unabhängigkeit von Großbritannien und Frankreich, die 1980 erreicht wurde. Vanuatu war die einzige Nation im Pazifik, die sich während des kalten Krieges der Bewegung blockfreier Staaten angeschlossen hatte und hat sich immer eingesetzt für den Unabhängigkeitskampf indigener Völker, sei es in Osttimor, Tahiti oder Neu Caledonien. (übersetzt aus dem Englsichen von sz) http://www.pacificmagazine.net/news/2008/04/07/towards

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Staatsanwalt lässt in Papua ein Buch beschlagnahmen

WPN 30. Dezember 2007
Am Freitag, dem 14. Dezember, drangen Polizisten in die große Buchhandlung GRAMEDIA in Jayapura ein und beschlagnahmten die 60 noch vorhandenen Exemplare des Buches Tenggelamnya Rumpun Melanesia ( = Der Untergang des melanesischen Volkes) von Sendius Wonda. Tenggelamnya Rudi Hartono, der Geheimdienstchef im Büro des Staatsanwaltes, sagte dazu auf einer Pressekonferenz: „Das Buch gibt falsche Informationen und könnte Ruhe und Ordnung stören und die Papua-Gemeinschaft spalten. Wir werden auch andere Buchhandlungen nach diesem Buch durchsuchen. Morgen werden wir auch den Verleger vorladen und verhören.“ Das Buch wurde vom Deiyai-Verlag, einem kleinen Verlag in Jayapura, herausgegeben. Sendius Wonda schildert auf 224 Seiten die politische Situation aus einer Sicht, die von den meisten Papua geteilt wird. Er beschreibt Menschenrechtsvergehen und kommt zu dem Schluss, dass die Papua als melanesisches Volk untergehen werden. Dies sei eine Folge der indonesischen Politik in West-Papua seit 1963. Beobachter sehen in diesem Bücherverbot einen erneuten Angriff auf die Meinungsfreiheit. Ein Kirchenführer aus Papua schreibt: „ Das Verbot zeigt wieder einmal, dass der indonesische Staat zwar unabhängig, aber noch nicht erwachsen ist. Er kann eine intellektuelle Meinungsvielfalt noch nicht ertragen.“ Der Pfarrer, der übrigens das Vorwort zu dem verbotenen Buch geschrieben hatte, erklärt weiter: „Auch ich habe ein Buch zu diesem Thema geschrieben. Es soll den Titel tragen: Die Vernichtung der melanesischen Ethnie. Ich werde dies Buch auf jeden Fall herausbringen.“ Bücherverbote sind in West-Papua keine Seltenheit. Vor einem Jahr wurde das Buch Pembunuhan Theys – Die Ermordung von Theys – von Dr. Benny Giay verboten und beschlagnahmt. Das Buch schildert die Ermordung des Papua-Politikers Theys H. Eluay und seines Fahrers am 10. November 2001 durch indonesische Militärs – und die Hintergründe. (sz)

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Gesundheit – Recht und Würde

Das Seminar wurde gemeinsam verantwortet vom West Papua Netzwerk (WPN), dem AK Papua der Ev. Kirche der Pfalz und weiteren Partnerschaftsgruppen aus dem Rheinland, Westfalen und den Niederlanden sowie der Ev. Arbeits-stelle Bildung und Gesellschaft, Regionalstelle Rockenhausen.

Die Gesundheitsproblematik ist eines der klassischen Themen im Nord-Süd-Verhältnis. In den Diskussionen der vorangegangenen Papua-Partnerschaftsseminare wurde deutlich, daß neben Kultur und Bildung Gesundheit ein wichtiger Indikator für die Wahrung der Rechte und der Würde von Menschen und Völkern ist. Dies zu untersuchen sollte einer der Diskussionsgegenstände des Seminars sein. Die historisch begründeten und aktuellen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens in Papua näher kennenzulernen, war eines der Ziele des Seminars; es galt, konkrete Aspekte der Gesundheitsproblematik zu reflektieren.

ReferentInnen, die unterschiedliche Facetten des Themas fachlich kompetent beleuchten sollten, konnten gewonnen werden:

– Dr. Eny Kenangalem, eine Ärztin, die heute in der zentralen Malariaforschung der Republik Indonesien tätig ist, selbst als Kind nomadisierender Eltern im tropischen Regenwald beinahe Opfer der Adat geworden wäre und heute neben ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit immer wieder in abgelegenen Regionen Papuas in der medizinischen Grundversorgung mitarbeitet; Malaria, HIV Aids, Tuberkulose und das Konfliktfeld „moderne“ Medizin und Adat waren Inhalte ihres Beitrages.

– Jemima Krey, die Präsidentin der Ev. Kirche im Lande Papua (GKI -Gereja Kristen Injili di Tanah Papua), bedachte v.a. aus der Sicht der Frauen -und damit nach wie vor einer der HauptOpferGruppen- die Gesundheitsmisere in Westpapua. Sie stellte zugleich theologische Reflexionen über das vergangene und gegenwärtige Verhältnis der GKI zu diakonischen Initiativen in ihrem Bereich an, und brachte grundlegende Gedanken und Strukturvorschläge zu Gestaltung der GKI als einer diakonischen Kirche ein.

– Dr. Remco van de Pas, ein Soziologe und Politologe, beleuchtete aus europäischen Hintergrund kommend, aber durch lange Aufenthalte im Indonesischen Archipel zum profunden Kenner der Situation geworden, das Gesundheitswesen Indonesiens und speziell Papuas. Vor Ort war Dr. van de Pas für die internationale Nichtregierungsorganisation „Weltärzte“ (Médecines du Monde)  zwei Jahre lang beschäftigt und an der Entwicklung von Grasroot-Modellen des Gesundheitswesens beteiligt.

– Klaus Reuter und Friedrich Tometten, zwei ehemalige Missionare, die auch Jahre nach ihrer Dienstzeit vor Ort immer wieder Entwicklungen in Papua begleiten, berichteten von ihren Projekten: der eine als Dozent der Theologie, der andere als Techniker. Beide tragen damit zwar nicht zu einem direkten Gesundheitsthema bei, wohl aber arbeiten sie durch Persönlichkeitsbildung und in der technologischen Umbruchsituation der Papua mit an der sozialen Stabilisierung des Gesundheitswesens.

Aus der Fülle der Aspekte, die im Rahmen des Seminars angesprochen wurden, sollen einige erinnert werden:

– kulturelle Identität ist die soziale Voraussetzung von Gesundheit

– der Charme alter Heilmethoden aus den Adat (Traditionen der Papua-Völker) besteht u.a. darin, den Menschen in seiner Ganzheit und in seinem sozialen Kontext wahrzunehmen und darum mehr und anderes als nur medizinische Versorgung zu umfassen

– sozioökonomische Faktoren wie die Marginalisierung der Papua und die Majorisierung und Mißachtung der indigenen Traditionen und Lebenskonzepte durch die indonesische Mehrheitsgesellschaft haben erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Papua

– ökologische Faktoren wie Klimawandel, Holzeinschlag oder Monokulturen beeinträchtigen die Gesundheitssituation der Menschen

– die Zerstörung des angestammten Lebensraumes durch Abholzung und Landraub unter Beteiligung internationaler Konzerne zeitigt schwerwiegende Folgen für die Gesundheit

– gesundheitliche Aufklärung sollte unter Einbeziehung der traditionellen Medizin und Gesundheitsversorgung (Adat) Bewußtseins bildend wirken

– Malaria und Tuberkulose stellen weiterhin eine kontinuierliche Bedrohung der Bevölkerung Papuas dar (allerdings sind erfreulicherweise erste deutliche Erfolge in der Malariabehandlung durch die Heilpflanze Artemisia bekannt) 

– die nach wie vor hohe Rate der Mütter- und Kindersterblichkeit steht in Relation zu den Aspekten Sicherheit und Zerstörung der Lebensgrundlagen

– häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder und steigender Alkoholmissbrauch bei Erwachsenen und Jugendlichen als Zeichen sozialer Phobien und Desorientierung im Kontext des politischen und gesellschaftlichen Wandels sind zunehmend zu beklagen

– HIV/ AIDS sind neue und rasante Bedrohungen der Papuavölker (Hausfrauen sind zumeist die ersten Opfer der Aids-Pandemie; Sexualpraktiken, sexuelle Aufklärung und Erziehung sind Tabuthemen) auch die Kirche tabuisiert trotz der erhebliche Zuwachsraten von HIV AIDS das Thema weitgehend

– die Rolle des Staates und die Gesundheitspolitik (Tradition und Moderne: Gesundheitsfürsorge und medizinische Forschung; die Personalsituation in der lokalen Gesundheitsversorgung -v.a. in entfernteren Gebieten- ist oft desolat; soziale und ökologische Aspekte des staatlichen Gesundheitswesens sind nicht immer mit der Adat der Papua kompatibel; auch das Gesundheitswesen ist der allgemeinen Korruption zum Opfer gefallen; die Gesundheitspolitik in Papua spiegelt die Verfahrensweisen und Maßstäbe des politischen Umgangs der indonesischen Zentralregierung mit den Menschen und ihren Rechten in Papua wider; das Scheitern des staatlichen Sonderautonomiegesetzes hat nicht unwesentlich einen Großteil seiner Ursachen in der sozialen und medizinischen Unterversorgung der indigenen Papua durch die Regierung; die Bemühungen der Republik Indonesien um die Gesundheit der Bürger in Papua wirkt häufig unglaubwürdig, wenn die Rechte und Würde der indigenen Völker mit Füßen getreten werden; ein deutliches Bekenntnis des Staates zum Überleben der Papua wird immer wieder eingefordert)

– die Rolle der Kirche in der Gesundheitsversorgung (Vision und Wirklichkeit Diakonischer Arbeit und Verantwortung der Ev. Kirche in Papua (GKI-TP) klaffen weit auseinander; der Masterplan der GKI-TP zur zentralen und qualifizierten Erforschung, Bekämpfung und Vorbeugung von pandemischen Krankheiten ist eine verheißungsvolle Perspektive; die Qualifizierung des Personals in der medizinischen Forschung, Versorgung und Gesundheitspolitik ist hervorragendes Anliegen der GKI)

FAZIT: Grundsätzliche Ziele der Nord-Süd-Zusammenarbeit prägten –wie in den Jahren zuvor- auch in 2011 das entwicklungspolitische Seminar zu West Papua.

Die Veranstaltung
– ermöglichte gemeinsame Lernprozesse von Menschen unterschiedlicher Hintergründe, Kenntnisstände, sozialer Einbettung etc. zu zentralen entwicklungspolitischen, wirtschaftlichen, ökologischen, interkulturellen und ökumenischen Fragen

– sicherte den Erfahrungsaustausch und damit verbundene Reflexionen und qualifizierte auf diese Weise die kontinuierliche Partnerschaftsarbeit

– verortete den Nord-Süd-Dialog am konkreten Thema Gesundheit und verlieh ihm Authentizität durch persönliche Begegnungen

– transportierte Aspekte der Entwicklungspolitik in den allgemeinen gesellschaftlichen Raum durch öffentliche Teilveranstaltungen

– motivierte zur Mitarbeit in den Gruppen und zum begleitenden persönlichen und Gemeindegebet durch die Mitarbeit beim Gottesdienst in einer Kirchengemeinde des gastgebenden Kirchenkreises

– diente der Verabredung von Maßnahmen zur Initiierung und Begleitung von Projekten und Gemeinden in Papua und ggf. zur politischen Intervention hinsichtlich der Entwicklungen der Menschen- und Landrechte in Papua von Deutschland und Europa aus.

Zusammenfassung von Pfarrer Ruprecht Beuter, Kirchenkreis Rockenhausen

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Der Grasberg-Komplex in West-Papua

Der Ausbau der Grasberg-Mine startete im Jahr 1967. Damals schloss Freeport einen ersten Vertrag mit General Mohamed Suharto, der sich wenige Jahre zuvor in Indonesien an die Macht geputscht hatte. In der Folge startete das Unternehmen den Tagebau von Kupfererz. Die Ländereien, auf denen Freeport seither arbeitet, wurden der lokalen Bevölkerung ohne Entschädigung abgenommen.
Ende der 1980er Jahre wurden umfangreiche Goldvorkommen nahe der Kupfermine entdeckt. Freeport sicherte sich auch für diese die Abbaurechte.
An der Erschließung von Goldvorkommen in der gleichen Region ist mit Rio Tinto ein britisch-australischer Konzern beteiligt, der zu den größten Minenunternehmen der Welt gehört.
Der Grasberg-Komplex liegt in knapp 4000 Metern Höhe in der Heimat der Volksgruppe der Amungmes. Diese nennen die Landschaft des vom Schnee bedeckten Gipfels des Berges Puncak Jaya hinunter über die Hänge zur Küste „Unsere Mutter“.
Das Gebiet mit einer großen religiösen Bedeutung für die lokale Bevölkerung wurde durch den Tagebau zerstört (Hütz-Adams 2005: 27). Grasberg ist trotz erheblicher Produktionsschwankungen immer noch eine der ertragreichsten Goldminen der Welt und liegt zugleich in der Rangliste der größten Kupferminen der Welt lauf Platz 3. Rund um diesen Komplex werden jährlich Umsätze in Höhe von rund 6 Mrd. US-Dollar gemacht (Tabelle 6).

Tabelle 6
Kennzahlen der Grasberg-Mine (2010)
Kupferproduktion: 780.000
Tonnen Goldproduktion: 55,5
Tonnen Umsatz: 6,3 Mrd. US-Dollar
abgeführte Steuern: 1,7 Mrd. US-Dollar
Quelle: ICSG 2010: 11; Freeport-McMoRan 2011: 2, II, XXVII

Derzeit werden täglich rund 230.000 Tonnen Erze in der Mine vorverarbeitet und konzentriert (Freeport-McMoRan 2011: III). Der größte Teil dieser Erze bleibt nach der Erstverarbeitung als Abfall zurück und wird in Flüsse gekippt, die ihn den Berg herunter in das Tiefland spülen. Die Entsorgung der Produktionsreste über Flüsse ist in allen Industrienationen verboten. Das gesamte Flusssystem unterhalb der Mine inklusive des Regenwaldes wurde massiv geschädigt. Große Mengen Schwermetalle gelangten in das Wasser und damit auch in die Schwemmgebiete des Flusses.
Für die Anwohner bedeutet dies eine Einschränkung oder sogar das Ende von Fischfang, Jagd und Pflanzenbau. Selbst das Trinkwasser ist teilweise verseucht.
Ein weiteres Problem sind die Steinhalden in den Tälern rund um die Mine, auf denen weitere 360.000 bis 510.000 Tonnen Gestein täglich deponiert werden. Das Gestein enthält Schwefel, der durch Wasser- und Sauerstoffkontakt Schwefelsäure bildet. Diese löst Schwermetalle aus dem Gestein, und die giftige Mischung verseucht Grund- und Oberflächenwasser (Böge et al. 2006: 21; Friends of the Earth Netherlands 2009: 35–36).

„Für die Menschen hier ist ein Berggipfel der Kopf von Mutter Erde. Und die Flüsse sind Milch aus ihren Brüsten. Als nun die Firma Freeport begann, Berggipfel abzutragen, um Gold und Kupfer zu gewinnen, bedeutete das für das Volk der Amungme, dass ihrer Mutter der Kopf abgeschnitten wurde. Deshalb begannen etliche Amungme, Widerstand zu leisten. Für dieses Volk, das heute den Kopf seiner Mutter vernichtet und deren Brüste durch Chemikalien vergiftet sieht, gibt es kein friedliches Leben mit dem Bergbau.“ Neles Tebay, Priester und Theologieprofessor in Abepura/West-Papua.
Quelle: Deutschlandradio Kultur, 14.10.2009, Interview mit Theodor Müller

Übergriffe durch Sicherheitskräfte
Tausende Menschen wurden umgesiedelt, um die Mine aufzubauen. Gab es Widerstand, rief Freeport Polizei und Militär zu Hilfe. Seit Ende der 1970er Jahre kam es wiederholt zu Anschlägen auf Mineneinrichtungen. Doch oft war umstritten, ob Rebellengruppen oder Militärs, die ihre Präsenz in der Region rechtfertigen wollten, hinter den Angriffen steckten. Dennoch schlugen die Sicherheitskräfte hart zu und bombardierten sogar Dörfer. Es kam immer wieder zu Übergriffen der Sicherheitskräfte, Vergewaltigungen und Zwangsumsiedelungen, bei denen mindestens 200 Menschen – größtenteils Zivilisten – starben und viele andere verschwanden (Ballard 2001: 24–32; Böge et al. 2006: 21–23; IIED 2002: 189).
Mitte 2009 waren 600 Soldaten und 1.320 Polizisten in dem Gebiet rund um die Mine stationiert (Jakarta Post Online, 09.09.2009). Das Militär forderte lange Zeit von Freeport die Bezahlung der Einsätze. Mindestens bis 2004 flossen so Millionensummen, die teilweise direkt an Offiziere gingen (Global Witness 2007: 12; ICG 2002: 19; Böge et al. 2006: 21).
Anwohner rund um die Grasberg-Mine haben Freeport in Indonesien und in den USA verklagt. Sie fordern 20 Mrd. US-Dollar Schadensersatz für die Umweltzerstörungen und die Verletzung ihrer Landrechte sowie 10 Mrd. US-Dollar als Entschädigung für die Verletzungen der Menschenrechte rund um die Mine (WPAT 2009: 3). Ihnen reichen die Sozialprogramme nicht aus, die Freeport in den letzten Jahren ins Leben gerufen hat. Keine Lösung in Sicht Angesichts der großen Bedeutung des Berges für die Anwohner ist eine Entspannung der Situation nicht abzusehen. Für die lokale Bevölkerung kann es keinen Frieden mit der Mine geben. Dennoch sind sowohl die Zentralregierung Indonesiens als auch die beteiligten Unternehmen daran interessiert, die Förderung von metallischen Erzen weiter zu betreiben.

Friedel Hütz-Adams

Aus: SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene (Hg.): „Im Boden der Tatsachen. Metallische Rohstoffe und ihre Nebenwirkungen“. Siegburg, Mai 2011. S. 19 – 20

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Amnesty International

Am 15. Juni, gegen 09:00 Uhr, war es auf dem Gelände des Militärkommandoposten Kodim 1705 zu einer Demonstration von Zivilsten gekommen. Sie protestierten gegen das brutale Vorgehen von fünf Militärangehörigen, die am 14. Mai den indigenen Papua Derek Adii getötet haben sollen.
Familienangehörige und Freunde des Ermordeten forderten bei dem Protest eine Aufklärung des Verbrechens und die strafrechtliche Verfolgung der Täter. Dabei kam es zu gewalttätigen Übergriffen zunächst von Seiten der Demonstranten, die Fensterscheiben des Militärstützpunktes zerschlugen und mit Gegenständen warfen.
Yones Douw, der zur Beobachtung des Protests vor Ort war, lief auf das Militärgelände, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Die Demonstranten sollen daraufhin gemeinsam mit Yones Douw das Gelände verlassen haben.
Das Militär reagierte nun seinerseits mit Gewalt: Soldaten feuerten Warnschüsse ab und begannen, auf offener Straße auf Demonstranten einzuschlagen. Dabei hatten sie vor allem den in der Öffentlichkeit bekannten Menschenrechtsverteidiger Yones Douw im Visier.
Mindestens fünf Soldaten sollen mit Holzlatten auf Yones Douw eingeschlagen und ihm Verletzungen an Kopf, Schulter und Handgelenken zugefügt haben. Auch der Vater des Ermordeten Derek Adii, Damas Adii, wurde durch Militärangehörige mit Holzlatten attackiert. Während Yones Douw geschlagen wurde, hörte er die Soldaten sagen: „Diesen Tieren muss eine Lektion erteilt werden“ und „Tötet die Leute einfach“. Eine ärztliche Versorgung soll Yones Douw anschließend im Krankenhaus untersagt worden seien, da das Personal für die medizinische Behandlung einen Brief der Polizei verlangt habe.
Yones Douw leidet seitdem vor allem unter Kopfverletzungen und ist besorgt um seine Gesundheit und Sicherheit. 2009 war er bereits Opfer polizeilicher Gewalt gewesen.
Menschenrechtsorganisationen und Kirchen Papuas verurteilen die Gewalt an Yones Douw und anderen Menschenrechtsverteidigern in Papua. In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 17. Juni 2011 fordern sie explizit den Schutz von Menschenrechtsverteidigern durch den indonesischen Staat.
Amnesty International hat in einer Eilaktion (Urgent Action) dazu aufgerufen, zum Schutz von Yones Douw Briefe an die indonesischen Behörden zu schicken. Wer sich an der Aktion beteiligen möchte, kann bei der Koordinationsstelle des West Papua Netzwerkes weitere Informationen und einen entsprechenden Musterbrief anfordern.

Kristina Neubauer

(Q.: Amnesty International: UA:188/11 Index:ASA 21/014/2011 Indonesia, 17.06.2011; Sekretarias Biro Keadilan dan Perdamaian Klasis Nabire; Siaran Pers Bersama Koalisi Para Pembela HAM di Tanah Papua „Jaminan Perlindungan Pembela HAM…?).

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