Internationaler Tag der Menschenrechte in Papua

Für uns überraschend – der 10. Dezember als Internationaler Tag der Menschenrechte wird in Papua überall auf unterschiedliche Weise begangen, mit Umzügen, Konzerten, Vorträgen … Ein Menschenrechtsaktivist aus Wamena schrieb, dass er einen Umzug durch die Stadt organisieren werden. Aus Sorong erfuhren wir, dass ein Konzert mit vielen Musikgruppen geplant ist. Die Zeitung CEPOS berichtete über unterschiedliche Aktivitäten in Jayapura folgendes: An der Hauptverkehrsstraße gab es eine Aktion „Blumen verteilen“. Vorbeifahrende Autos wurden angehalten, der Chauffeur bekam mit den Worten „Heute ist der Internationale Tag der Menschenrechte“ eine Blume in die Hand. In der Aula der kirchlichen theologischen Hochschule in Abepura fand ein Gottesdienst zum Thema Menschenrechte statt. Höhepunkt der Aktivitäten war ein Zug zu den Gräbern der Opfer des „Blutigen Abepura“ (Abepura Berdarah) vom 7. Dezember 2000. Es sind die Gräber von Ori Doronggi, Jhoni Karunggu und Elkius Suguniap Grab Abepura1 Die Gräber von Ori Doronggi, Jhoni Karunggu und Elkius Suhuniap in Abepura Am 7. Dezember 2000 wurden nach einem nächtlichen Überfall von Unbekannten auf einen Polizeiposten vier Studentenheime und einige Wohnviertel von bewaffneten Polizeieinheiten überfallen, die Studenten aus dem Schlaf gerissen, aus den Betten geprügelt, auf Lastwagen getrieben und in verschiedene Polizeigefängnisse gefahren. Dort wurden sie auf brutalste Weise misshandelt und gefoltert. Ori Doronggi und Jhoni Karunggu wurden faktisch totgeschlagen, Elkius Suhuniap wurde erschossen, als er bei der Verhaftung fliehen wollte. Über hundert Personen, darunter auch Frauen und Kinder, wurden festgenommen und z.T. schwer gefoltert. Bis heute leiden einige Personen unter den Folgen jener Misshandlungen. Da das indonesische Parlament wenige Wochen vorher ein Gesetz zur Wahrung der Menschenrechte in Kraft gesetzt hatte, wurden die beiden für die Aktion verantwortlichen Polizeioffiziere – nach jahrelanger Verschleppung des Verfahrens – im September 2005 vor Gericht gestellt – und zum Entsetzen der gesamten Papuabevölkerung – frei gesprochen. An den Gräbern der damaligen Opfer wurde an diese leidvolle Geschichte erinnert. Ein Vertreter der Opfer – selbst am 7.12.2000 blutig geschlagen – sagte: „Wir bitten nichts anderes von der indonesischen Regierung als Gerechtigkeit. Und bisher ist uns noch keine Gerechtigkeit zuteil geworden.“ (Quelle: Cendrawasih Pos vom 11. Dezember 2006)

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Säbelrasseln aus Jakarta

WPN 31.Oktober 2007.
„Wenn die Situation es erfordert, werde ich den Separatisten in unserem Land den Krieg erklären, selbst wenn andere Nationen uns daraufhin angreifen sollten, das erkläre ich vor Gott, der mich hier hört!“ Das sagte Präsident Susilo Bambang Yudhyono vor etwa 1000 aktiven und pensionierten Militärs laut einem Bericht von TVRI News Jakarta von Dienstag, dem 30. Oktober 2007. Weitere Passagen aus seiner Rede: „Unser Land ist aufgrund der internen Konflikte zur Zeit in einer gefährlichen Lage. Als ein demokratischen Land werden wir selbstverständlich die Konflikte am Verhandlungstisch zu lösen versuchen. Doch wenn es keine andere Lösung gibt, zögern wir nicht, militärische Gewalt als Lösung zu wählen. Als Präsident und Oberster Befehlshaber in diesem Land werde ich alle politischen Optionen sorgfältig prüfen. Ich bin selbst ein erfahrener Soldat, und halte daran fest, dass ich niemals aufgeben werde, die nationale Integrität von Sabang bis Merauke zu verteidigen. Die Einheit Indonesiens darf durch nichts gefährdet oder zerstört werden.“

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Neues Video: West Papua – Der geheime Krieg in Asien

Die Freunde der Naturvölker e.V. (fPcN Germany) präsentieren am 6.September 2007 eine West Papua Video Installation bei der Biennale in Venedig Lüneburg, am 03.07.2007 Freunde der Naturvölker e.V. (fPcN Germany) Liebe Freunde West Papuas, Wir, Freunde der Naturvölker e.V., deutsche Sektion von friends of Peoples close to Nature, möchten Ihnen mitteilen, dass wir am 6. September 2007 um 11.45 Uhr ein Video auf der Biennale in Venedig unter dem Motto: “Die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit – Vorwärts zu einer ökologischen Kultur” präsentieren werden. Danach ist Raum für Diskussion mit dem Filmemacher Steffen Keulig. Der Titel unseres Videos: “West Papua – Der geheime Krieg in Asien” Der Inhalt ist der vergessene Krieg gegen Stammesvölker auf der Insel Papua Neuguinea. West Papua wird von Indonesien verwaltet und von internationalen Konzernen ausgebeutet. Die Papuas kämpfen für ihre Unabhängigkeit von Indonesien. Mindestens 100.000 Papuas haben bislang in diesem Konflikt ihr Leben verloren. Es ist eine große Ehre für uns, weil die Biennale in Venedig mit zur größten Kunst Ausstellung der Welt gehört. Es wäre sehr hilfreich, wenn alle West Papua Gruppen und Organisationen diesen Event auf ihren Mailing Listen und Webseiten veröffentlichen. Eventuell werden auch Benny Wenda, Vorsitzender des Koteka Tribal Assembly und der Free West Papua Campaign UK sowie das “Dschungelkind” und Bestsellerautorin Sabine Kuegler anwesend sein. Danke für Ihre Kooperation! Mit freundlichen Grüßen Steffen Keulig Chairman of Freunde der Naturvölker e.V. German Branch of the World Wide Network „friends of Peoples close to Nature“ Katzenstr. 2 D-21335 Lüneburg Germany Email: FdN@fPcN-global.org Tel: +49 (0) 4131 68 22 32 begin_of_the_skype_highlighting +49 (0) 4131 68 22 32 end_of_the_skype_highlighting Mobil: +49 (0)17624022969 http://www.naturvoelker.org

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Verurteilter Papua stirbt in Polizeigewahrsam – Hunderte Studenten demonstrieren in Jakarta

Am 7. Dezember demonstrierten Hunderte Papuastudenten in Jakarta vor dem Büro des Bergbauunternehmens Freeport im Stadtteil Kuningan, weil Hardy Tsugumol (26) in Polizeigewahrsam verstarb. „Wir werden wiederkommen und Freeport belagern! Freeport ist verantwortlich für den Tod unseres Freundes,“ sagte der Sprecher der Demonstranten. Die Demonstration war organisiert von der sogenannten „Vereinigung für den Kampf des Papuavolkes“ (Persatuan Perjuangan Rakyat Papua Barat – PEPERA PB) Grund für die Demonstration war der Tod von Hardy Tsugumol (26) am 1. Dezember 2006 in einem Gefängnis in Jakarta. Hardy Tsugumol gehörte zu einer Gruppe von acht Papua, die am 11. Januar 2006 durch Kooperation der US-amerikanischem FBI mit der indonesischen Polizei in Timika verhaftet und nach Jakarta gebracht worden waren (siehe E-Info Nr. 168 vom 18. Januar 2006). Später wurden sie dort zu Gefängnisstrafen verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie an einem Überfall auf einen Autokonvoi auf dem Gelände der Gold- und Kupfermine Freeport in Papua am 31. August 2002 beteiligt waren. Bei diesem Überfall wurden zwei amerikanische und ein indonesischer Lehrer getötet. Der FBI hatte sich in die Untersuchungen eingeschaltet und hatte einen Papua namens Antonius Wamang als Haupttäter identifiziert. Auch er sitzt in Jakarta im Gefängnis. Die Untersuchungen des damaligen Überfalls durch die indonesische Polizei hatte so viel Ungereimtheiten und offenen Fragen aufgedeckt, dass sie eine Verwicklung des indonesischen Militärs im Hintergrund des Überfalls nicht ausschließen mochte. Bald darauf wurde der Polizei das Mandat für die Recherchen entzogen und die verantwortlichen Polizeichefs in andere Teile Indonesiens versetzt. Diese Handhabung des Falles nährt natürlich den Verdacht, dass das indonesische Militär – und die Regierung – kein Interesse an einer Aufdeckung der tatsächlichen Vorgänge und ihrer Hintergründe haben. Die Polizeiberichte lagen bei der Gerichtsverhandlung gegen Antonius Wamang und seine Gruppe, zu der auch Hardy Tsugumol gehörte, nicht vor. Der Leichnam von Hardy Tsugumol wurde bis heute noch nicht der Familie übergeben. Die Familie solle sich Genehmigungsschreiben vom Gericht und der Staatsanwaltschaft besorgen, hieß es. (sz)

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Menschenrechtler in West-Papua verhaftet – Die evangelische Kirche in Papua (GKI-TP) sorgt sich um seine Sicherheit und um sein Leben

Am 18. Oktober wurde der Rechtsanwalt Sabar Iwanggin Olif (43) in Jayapura auf offener Straße von Angehörigen einer indonesischen Anti-Terroreinheit verhaftet. Heute (am 25. Oktober 2007) wurde er in ein Gefängnis in die Hauptstadt Jakarta überführt. Das Menschenrechtsbüro der evangelischen Kirche (GKI) schreibt dazu folgendes: „Der Anwalt und Menschenrechtsaktivist wurde verhaftet, ohne dass ein offizieller Haftbefehl vorlag, der den Grund der Verhaftung angab. Inzwischen wurde bekannt, dass man ihn verdächtigt, den indonesischen Präsidenten (SBY) verleumdet zu haben. Man beschuldigt ihn, folgende sms verbreitet zu haben: Eine neue Information: Seid wachsam, SBY hat Befehl gegeben, die Papua auszurotten und ihr Land und seine Bodenschätze in Besitz zu nehmen. Dazu sollen Maßnahmen wie Vergiftung der Nahrung, Bezahlung von Ärzten, von Lebensmittelläden, Motorrad-Taxifahrern und Militär ergriffen werden. leitet diese Information an alle in Papua weiter, bevor es zu spät ist…Maya IPDN Bandung. Sabar Olif erklärte, dass eine Person namens Marto Yowey ihm diese sms auf sein Handy gesandt habe. Darauf hin habe er sie an fünf Freunde und an seinen Bruder weitergeleitet. Er habe sie gebeten, vorsichtig zu sein, weil gerade in diesen Tagen überall Berichte über vergiftete Lebensmittel kursierten. Es ist unklar, warum Sabar als Empfänger dieser sms inhaftiert wurde, während nach dem Absender offenbar nicht gesucht wird. Die Verhaftung von Sabar und seine Überführung nach Jakarta wurden von dem sog. Detachment 88 – einer Anti-Terroreinheit der indonesischen Polizei – vorgenommen. Bei der Verhaftung hatten sich Kommissar Rafli und seine Leute als Angehörige dieser Einheit vorgestellt. Später bestritt die Polizei jedoch in einer Erklärung, dass es sich um Angehörige der Anti-Terroreinheit gehandelt habe. Sabar Iwanggin Olif gehörte zu dem Anwaltsteam, welches im vorigen Jahr die Studenten verteidigt hat, die wegen der Demonstrationen in Abepura im März 2006 vor Gericht gestellt und zu vier bis sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden waren. Das Menschenrechtsbüro der Kirche ruft zu einer Briefaktion auf. Die Briefe sollen an den Staatspräsidenten und den Polizeipräsidenten gerichtet werden. Näheres dazu im Untermenü E-Infos, wo auch der gesamte Text der E-Info zu lesen ist. Dort finden sich auch Musterbirefe. Kommentar des WPN: In den letzten Monaten wurden Hunderte oder Tausende sms mit ähnlichem Inhalt verbreitet. Es gab heftige Diskussionen unter Papua, ob man solche Nachrichten überhaupt ernst nehmen könne. Man fragte auch, wer wohl hinter der Verbreitung solcher sms stehe und ob bestimmte Institutionen, z.B. der Geheimdienst, eine Absicht damit verfolgten. Die fragliche sms wurde von Java aus einem Regierungsinstitut versandt. Es ist ein bisher einmaliger und ungewöhnlicher Vorgang, dass ein Bürger deswegen nicht nur verhaftet, sondern sogar mit hohen Kosten in die Hauptstadt Jakarta überführt wurde. Diese harten und ungewöhnlichen Maßnahmen der Polizei müssen uns mit Sorge erfüllen. Es stellt sich auch die Frage, warum gerade ein Menschenrechtsaktivist Zielobjekt dieser Aktion ist. Amnesty International hatte in den letzten Wochen mehrfach über Drohungen gegenüber Menschenrechtlern und Pfarrern berichtet und zu Eilaktionen aufgerufen. (sz)

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E-Info vom 14.7.2011

Über 500 indigene VertreterInnen aus Tradition, Religion, Frauen- und Jugendgruppen diskutierten vom 5. bis 7. Juli 2011 an der Cenderawasih Universität in Jayapura die Konflikte, die einen Frieden in Papua behindern.
Die TeilnehmerInnen identifizierten Probleme in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Umwelt, Soziales, Kultur, Sicherheit und Menschenrechte. Ein Dialog unter internationaler Mediation soll nach Ansicht der Konferenzteilnehmer diese Themenfelder behandeln und eine friedliche Lösung zwischen Papua und Jakarta ermöglichen.
Die Friedenskonferenz war ein erster Höhepunkt interner Dialogkonsultationen, die seit Ende 2009 in verschiedenen Regionen Papuas und zwischen verschiedenen Gruppierungen der indigenen Gesellschaft stattfinden. Die öffentlichen Veranstaltungen, die von dem Papua Friedensnetzwerk JDP organisiert werden, geben der indigenen Bevölkerung die Möglichkeit, bestehende Probleme Papuas und einen möglichen Dialog mit der Zentralregierung in Jakarta zu diskutieren. Diese internen Konsultationen gipfelten nun in einer ersten gemeinsamen Friedenskonferenz. Die Konferenzteilnehmer benannten die Kriterien, nach denen das Papuavolk mögliche Verhandlungsführer für einen Dialog mit der Zentralregierung in Jakarta bestimmen soll. Zu diesen Qualifikationen zählen unter anderem englische Sprachkenntnisse, Verhandlungserfahrungen, Kenntnisse der Geschichte und des Widerstandes Papuas, Friedfertigkeit und Ablehnung von Gewalt sowie die Unterstützung von Seiten des Papuavolkes. In der Erklärung werden die im Ausland lebenden Papuaführer Rex Rumakiek (Australien), John Otto Ondawame (Vanuatu), Benny Wenda (England), Octovianus Motte (USA) und Leony Tanggahma (Niederlande) genannt. Eine endgültige Entscheidung, wer die Papua bei einem möglichen Dialog mit der Zentralregierung in Jakarta vertreten soll, wird erst im Rahmen einer zweiten großen Papua-Konferenz getroffen. Diese ist für Anfang nächsten Jahres im Ausland geplant und soll Exil-Papua sowie Vertreter der bewaffneten Unabhängigkeitsbewegung OPM/ TPN (Organisasi Papua Merdeka/ Tentara Pembebasan Nasional) einbeziehen. Die OPM/ TPN wie auch die Unabhängigkeitsgruppe KNBP (Komitee Nasional Papua Barat) lehnen einen Dialog mit der Zentralregierung gegenwärtig ab.
Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono (SBY) hat inzwischen drei Vertreter aus Jakarta bestimmt, die die Möglichkeiten eines Dialoges mit Papua prüfen sollen. Dabei handelt es sich um den ehemaligen General Bambang Darmono, Farid Husain und Velix Wanggai. Bambang Darmono und Farid Husain waren an den Friedensverhandlungen mit Aceh beteiligt; Velix Wanggai stammt aus Papua und arbeitet als Sonderberater des indonesischen Präsidenten in Entwicklungs- und Autonomiefragen. Die drei Vertreter sollen vor allem Kontakte mit bewaffneten Unabhängigkeitsgruppen in Papua herstellen und deren Dialogbereitschaft prüfen.
Die Situation in Papua sei wesentlich komplexer als in Aceh, hieß es aus dem Jakarta-Team.

Kristina Neubauer

(Q.: Deklarasi Perdamaian Papua, 07.07.11; Jaringan Damai Papua (JDP): Benarkah posisinya di ‚tengah-tengah?’, The Jakarta Post, 09.07.11; Tabloid Yubi Online, 07./ 10.07.11; Bintang Papua, 06.07.11; Tempo Magazine No. 43/XI/June 22-28, 2011)

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West Papua befreien

Von Thomas Wagner In: junge Welt, 10.11.2006 / Feuilleton / Seite 12

Es war einmal ein kleines Mädchen aus Deutschland. Das ging mit seinen Eltern in den Dschungel Westpapuas und erlebte beim Stamm der Fayu eine abenteuerliche und glückliche Kindheit inmitten einfacher Menschen und wilder Tiere. Als der Teenager ein Schweizer Internat besuchte, lösten Heimatverlust und die Begegnung mit den unvertrauten Normen der modernen Gesellschaft bei ihm eine Identitätskrise aus, die erst die erwachsene Sabine Kuegler durch das Schreiben ihrer Kindheitsgeschichte zu bearbeiten begann. Mit ihrem Erstling »Dschungelkind« hatte die heute 33 Jahre junge Frau im Jahr 2004 einen überraschenden Welterfolg, der mittlerweile in über 20 Sprachen übersetzt wurde. Es folgten Auftritte in Fernsehtalkshows, aber auch scharfe Angriffe durch die Gesellschaft für bedrohte Völker und die FAZ. Man warf Kuegler unter anderem vor, über die Ausbeutung der Ureinwohner durch internationale Konzerne in dem von Indonesien regierten Land zu schweigen. Nun hat die wegen ihrer vier Kinder in Deutschland lebende Autorin mit »Ruf des Dschungels« ein Buch nachgelegt, daß solche Kritik gegenstandslos macht. Sie betreibt darin auf populäre und dennoch sensible Weise die dringend notwendige Aufklärung über politische Repression, kapitalistische Ausbeutung und Staatsterrorismus in einer hierzulande auch unter politisch Interessierten kaum bekannten Weltregion. Darüber hinaus dokumentiert das Buch den spannend zu lesenden Prozeß einer ganz individuellen Politisierung. Im Vorschulalter hatte Kuegler den Urwald Westpapuas zum ersten Mal betreten. Sie lebte dort zwölf Jahre als Kind einer Missionarsfamilie beim Stamm der Fayu und kehrte erst mit 17 Jahren nach Europa zurück, wo sie heute mit ihren Kindern in München lebt, ohne je heimisch geworden zu sein. Schon als Sechsjährige wird sie Zeugin einer Hinterhofexekution in der Hauptstadt West-Papuas, verdrängt das Erlebte jedoch und gewöhnt sich in der Dschungelgemeinschaft an die urkommunistischen Gepflogenheit des bedingungslosen Teilens von Nahrung, Gegenständen und Gefühlen. Der Mangel an Privatleben und persönlicher Freiheit störte Kuegler nicht, solange sie in ihrem Netzwerk geborgen war. Zurück in Europa erlebt sie das alltägliche Gegeneinander der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft als Psychokrieg, dem sie als Individuum fast schutzlos ausgeliefert ist. Erst als sie die Fayu nach vielen Jahren erneut besuchte, erlebte Kuegler eine Zeit lang so etwas wie Glück. Die neuentdeckte Geborgenheit unter alten Freunden ist freilich getrübt durch die erschreckende Einsicht, daß die geliebten Menschen zwischen den Mahlsteinen indonesischer Staatraison und der Profitgier US-amerikanischer Konzerne zermalmt zu werden drohen. Eindringlich schildert Kuegler die Armut, Kindersterblichkeit, die schlechte medizinische Versorgung der Bevölkerung der rohstoffreichen ehemaligen holländischen Kolonie West Papua, die sich der indonesische Staat unter Billigung der Vereinten Nationen in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen den Willen der Urbevölkerung als Provinz betrügerisch und gewaltsam einverleibt hat. Den Einheimischen werden durch die Rodung der Regenwälder und durch Bergbauprojekte die Lebensgrundlagen entzogen. Kuegler nimmt ihre Leser mit in den politischen Untergrund, trifft sich dort mit Zeugen grausamer Menschenrechtsverletzungen und Massaker durch das indonesische Militär, spricht mit Aktivisten der verbotenen Bewegung für ein freies Westpapua. Seit vierzig Jahren leisten Angehörige der rund 250 indigenen Gesellschaften Westpapuas mit Demonstrationen, zum Teil aber auch noch mit Pfeil und Bogen unermüdlich Widerstand gegen die indonesische Vorherrschaft und für die politische Selbstbestimmung ihres Landes. Dem staatlichen Völkermord an den Ureinwohnern fielen schon mehr als 100000 Menschen zum Opfer. Von den rund 2,2 Millionen Bewohnern des 422000 Quadratkilometer großen Territoriums der indonesischen Provinz sind etwa 700000 erst im Rahmen staatlicher Umsiedlungsaktionen aus anderen Teilen Indonesiens auf die Insel gebracht worden, um die Ureinwohner zur Minderheit im eigenen Land zu machen. Von dem Profit, den die Konzerne aus der Verwertung der Bodenschätze ziehen, bekommen die Einheimischen kaum etwas zu sehen. Daß Kuegler authentischen Stimmen aus der Unabhängigkeitsbewegung in ihrem Buch viel Platz einräumt, geht auf eine existentielle politische Entscheidung zurück, durch die sie auch ihren inneren Frieden wiedererlangt zu haben glaubt. Sie beschließt, ihre Popularität einzusetzen, um für die Sache der Papua zu streiten: »Genauso wie die Papua gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit kämpften, würde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um das Schweigen zu brechen, das wie ein düsteres Laken über ihnen hing, weil eine korrupte Wirtschaft und eine skrupellose Politik es so wollten. Bislang hatte ich in aller Stille gekämpft, aus Angst, meine Eltern könnten vertrieben werden, aus Angst, ich könnte nicht mehr zu den Fayu zurückkehren. Aber meine Brüder und Schwestern sind nicht nur Fayu, sondern gehören einem viel größeren Volk an, einem Volk namens Papua.«

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