Menschenrechte in Indonesien 2016 – Gemeinsamer Bericht des WPN und Watch Indonesia!

Gemeinsam mit Watch Indonesia veröffentlicht das Westpapua-Netzwerk einen Überblick der aktuellen Menschenrechtslage in Indonesien.

 

Dem Recht Geltung verschaffen!

Präsident Joko Widodo hat sein Amt im Jahr 2014 mit dem Versprechen zahlreicher Reformbemühungen angetreten. Insbesondere im Bereich der Menschenrechte und der Anwendung geltenden Rechts blieb seine Administration bis heute die Einlösung vieler Versprechen schuldig. Menschenrechtsverbrechen der Vergangenheit werden nicht juristisch aufgearbeitet; neuerliche Menschenrechtsverletzungen werden begangen, ohne dass die Täter sich zur Verantwortung stellen müssen. In Westpapua nahm das Vorgehen gegen Demonstranten zu. Insbesondere in dieser Region erlaubt es die verschleppte Reform der Militärgerichtsbarkeit Soldaten oft ungestraft gegen Zivilisten vorzugehen.

Religionsfreiheit: Ungehindert durch die Exekutive bedrohen gewaltbereite Banden (vigilante groups) religiöse und gesellschaftliche Minderheiten. Muslimische Glaubensgruppen wie Ahmadis und Schiiten erleben gewaltsame Übergriffe, Vertreibung und die Hinderung an der Ausübung ihres Glaubens. Christlichen Gemeinden wird der Bau von Kirchen verwehrt, »illegale« Kirchengebäude werden abgerissen. Der Oberste Gerichtshof Indonesiens urteilte bereits 2010, dass der Bau der Yasmin-Kirche in Bogor, Westjava, nach Recht und Gesetz unverzüglich zur Nutzung freigegeben werden müsse. Die Umsetzung dieses Urteils lässt fast sechs Jahre später noch immer auf sich warten. In zahlreichen Provinzen und Kommunen wurden gesetzliche Regelungen erlassen, die beispielsweise Frauen das Tragen des Kopftuchs vorschreiben oder nächtliche Ausgehverbote für unbegleitete Frauen verfügen. Obgleich offenkundig verfassungswidrig greift das Innenministerium als einzige nationale Aufsichtsbehörde nicht gegen diese Regelungen ein. Das Mandat des Verfassungsgerichts beschränkt sich auf die Beurteilung nationaler Gesetze.

Minderheiten: Die rasche Zunahme von Angriffen und Bedrohungen auf sexuelle Minderheiten (LGBT) während der letzten Monate gibt Anlass zu größter Sorge. Sie steht für die schleichend um sich greifende Einschränkung individueller Rechte aller Bürgerinnen und Bürger. Diese wird beflügelt durch Äußerungen von Politikern und anderen Personen des öffentlichen Lebens.

Scharia in Aceh: Besonders eklatant ist die Situation in Aceh. Die Provinz genießt den Status einer Sonderautonomie, innerhalb dessen islamisches Recht der Scharia angewendet wird. Während der Erlass eigenen Strafrechts nicht zu den Autonomiefreiheiten der Provinzregierung zählt, wurden dort dennoch neue Straftatbestände eingeführt. Für z.B. vor- und außerehelichen Geschlechtsverkehr, Homosexualität, Glücksspiel, Alkoholkonsum und -vertrieb werden Körperstrafen verhängt und öffentlich vollzogen, auch an Nicht-Muslimen. Kürzlich wurde eine christliche Frau fortgeschrittenen Alters öffentlich mit 28 Peitschenhieben bestraft, weil sie Alkohol verkauft hatte. Das Regierungskabinett von Präsident Joko Widodo lässt keine Bemühungen erkennen die Autoritäten in der Sonderautonomieprovinz Aceh in die Grenzen zu weisen und an ihre nationalen und internationalen Verpflichtungen zu erinnern.

In Westpapua im Osten des Landes saßen zu Beginn des Jahres 25 politische Gefangene Haftstrafen ab. Im Rahmen des anhaltenden politischen Konflikts kam es allein am 2. Mai 2016 zu mehr als 1.700 Verhaftungen von Demonstranten wegen friedlicher politischer Meinungsäußerungen. Wiederholt wird von Fällen von Tötungen von indigenen Papuas durch Sicherheitskräfte berichtet. Indigene Papuas sind durch Landraub und Zuwanderung existentiell bedroht. Der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung für indigene Papuas (ca. 2 Mio.) ist deutlich eingeschränkter als der für Transmigranten (ca. 2,5 Mio.) aus anderen Teilen Indonesiens. Ausländische Journalisten dürfen trotz einer gegenteiligen Ankündigung von Präsident Joko Widodo im Mai 2015 nicht einreisen, um über die Situation frei berichten zu können. Lokale Journalisten sind häufig Drohungen und Übergriffen ausgesetzt. Politische Aktivisten werden verfolgt. Einige flohen innerhalb der letzten 12 Monate nach Papua-Neuguinea.

Die Todesstrafe wird in Fällen von Höchststrafen weiterhin häufig verhängt. Ende 2014 befanden sich 136 Gefangene in Todeszellen, 64 davon wegen Drogendelikten. Im Januar 2015 wurden sechs Personen, im April 2015 weitere acht hingerichtet. Zwölf der 14 Hingerichteten waren AusländerInnen. Für den Mai 2016 hat die indonesische Staatsanwaltschaft die Hinrichtung weiterer 15 Menschen, darunter 10 AusländerInnen vorgesehen.

Klimabeitrag: Ende 2015 tobten in Sumatra, Kalimantan und Westpapua einmal mehr massive Waldbrände. Die allein dadurch verursachte CO2-Emission wirft die weltweiten Bemühungen um die Begrenzung des Klimawandels um Jahre zurück. Die Abholzungsraten in Indonesien sind die höchsten weltweit. Vielfach sind große Unternehmen dafür verantwortlich, die Raum für neue Palmöl- und Holz-/ Zellstoffplantagen zu schaffen suchen. Sie eignen sich Waldgebiete häufig unter Zwang an. Sie gefährden nicht nur Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten, sondern auch die Lebensgrundlage indigener Gemeinden. Die verantwortlichen Firmen sind Indonesiens Regierung und Justiz bekannt. Konsequente Maßnahmen bleiben dennoch aus.

Vergangenheitsaufarbeitung: Massive Gewaltverbrechen der indonesischen Vergangenheit werden nicht aufgearbeitet und Täter nicht zur Verantwortung gezogen. Dazu zählen die Massaker gegen Kommunisten 1965, denen bis zu eine Mio. Menschen zum Opfer fielen, Massentötungen in Westpapua in den 1970er Jahren, schwere Kriegsverbrechen in Aceh sowie Gewaltakte vor und nach dem erzwungenen Rücktritt von Diktator Suharto 1998. Die letztendlich Verantwortlichen für den Mord des prominenten Menschenrechtsverteidigers Munir 2004 wurden bis heute nicht verurteilt.

Wissenschaftliche oder kulturelle Veranstaltungen zur Vergangenheitsaufarbeitung stehen unter dem Generalverdacht der »Wiederbelebung des Kommunismus« und erleben dieselbe Bedrohung durch »vigilante groups« wie bereits in Zusammenhang mit Religion und LGBT beschrieben. Anstatt das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Versammlung und die Freiheit von Wissenschaft und Kultur zu verteidigen, verbieten Polizei und Behörden solche Veranstaltungen, um eine Konfrontation zu vermeiden, wie es dann offiziell heißt.

 In den Beziehungen mit Indonesien muss nachdringlich auf folgende Reformnotwendigkeiten hingewirkt werden:

• geltendes Recht muss auf allen Ebenen konsequent durchgesetzt werden,

• Harmonisierung der Gesetze und Verordnungen, die mit der Verfassung und Gewährleistung der Menschenrechte in Widerspruch stehen, z.B. der Erlass gegen die Ahmadiyah, das Schariagesetz in der Provinz Aceh, etc.. Diese müssen überarbeitet oder ersatzlos annulliert werden,

• Schutz aller Religionsgruppen, sexueller, indigener oder anderer gesellschaftlicher Minderheiten, einschließlich der überlebenden Opfer von 1965 und ihren Angehörigen,

• effektiver Schutz friedlicher politischer, wissenschaftlicher oder kultureller Aktivitäten bzgl. »sensibler« Themen und deren TeilnehmerInnen,

• Durchführung justizieller Untersuchungen durch die Staatsanwaltschaft und geschichtliche Aufarbeitung aller Fälle von massiven Gewaltverbrechen der Vergangenheit,

• Öffnung Westpapuas für UN Menschenrechtsmechanismen und ausländische Beobachter,

• Freilassung aller politischen Gefangenen und ein Ende der Verhaftungswellen bei politischen Versammlungen in Westpapua

• Abschaffung der Todesstrafe,

• Konsequenter Schutz der Rechte lokaler Gemeinschaften durch Anwendung und Überprüfung der FPIC (Free, Prior and Informed Consent) Standards in Landrechtsfragen.

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Über 300 friedliche Demonstranten verhaftet

Bei Kundgebungen in mehreren Großstädten wurden im Zeitraum vom 28.-31. Mai 326 friedlich demonstrierende Menschen von indonesischen Sicherheitskräften verhaftet. Die Demonstrationen waren vom Nationalkomittee Westpapuas (KNPB) organisiert worden. Zu den Forderungen gehörten die Mitgliedschaft im Staatenbund Melanesian Spearhead Group (MSG) und die Freilassung von politischen Gefangenen.

In Städten wie Dekai, Wamena, Jayapura, Sentani and Timika sowie Manado in der Provinz Nord-Sulawesi fanden Demonstrationen statt, während in einigen Städten, unter anderem in Merauke and Makassar (Süd-Sulawesi), die Polizei die Demonstrationen verboten und die örtlichen Aktivisten bedroht haben sollen. Bei den rechtswidrigen Verhaftungen in Dekai und Wamena soll es zu Fällen von Folter und Misshandlung während der Festnahme und der Verhöre gekommen sein.

In diesem Jahr ist die Zahl rechtswidriger und willkürlicher Verhaftungen drastisch gestiegen. Laut der Rechtsberatungsstelle Jakarta (LBH Jakarta) wurden allein im Zeitraum vom 25. April bis zum 4. Mai 2.282 Papuas vor und während Demonstrationen verhaftet. Bei den Demonstrationen ging es darum, Unterstützung für ein Treffen der International Parliamentarian for West Papua in London zu zeigen, eine Vollmitgliedschaft im Staatenbund MSG (Melanesian Spearhead Group) zu fordern und an den 1. Mai 1963 zu erinnern, dem Tag an dem Indonesien die Verwaltungskontrolle über Westpapua von der UN-Übergangsverwaltung übernahm..

In letzter Zeit wurden Mitglieder und Sympathisanten der KNPB vermehrt zur Zielscheibe der indonesischen Sicherheitskräfte und Geheimdienstler. Dabei kommt es immer wieder zu Fällen von willkürlichen Verhaftungen, Folter, Misshandlung und Verboten bzw. Auflösung angemeldeter Demonstrationen. Einige Journalisten teilten mit, dass die Sicherheitskräfte sie an der Berichterstattung bei den Demonstrationen zu hindern versuchten.

Lesen Sie hier den englischsprachigen Urgent Appeal einiger Organisationen in Westpapua zu diesem Fall

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1.783 rechtswidrige Verhaftungen zwischen 25. April und 2. Mai 2016

Die indonesische Nichtregierungsorganisation für rechtlichen Beistand (LBH – Lembaga Bantuan Hukum) in Jakarta veröffentlichte am 4. Mai 2016 einen Bericht in dem die jüngste Serie an willkürlichen Verhaftungen indigener Papuas dokumentiert wurde. Nach Angaben von LBH Jakarta wurden indonesienweit zwischen dem 25. April und dem 2. Mai über 1700 Papuas Opfer willkürlicher Festnahmen. Der Bericht stützt sich auf Zeugnisse und Daten, die von Mitgliedern verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisation in Westpapua gesammelt und von LBH verifiziert wurden.

Die Verhaftungen stehen in Zusammenhang mit friedlichen Massendemonstrationen zum Gedenken an den 1. Mai 1963, an dem Westpapua in den indonesischen Staat integriert wurde, zu der Forderung eines vollen Mitgliederstatus der Vereinigten Freiheitsbewegung für Westpapua (ULMWP) im pazifischen Staatenzusammenschluss Melanesian Spearhead Group (MSG) und zur Unterstützung des Forums Internationale Parlamentarier für Westpapua (IPWP), welches sich für ein Referendum unter internationaler Aufsicht in West Papua einsetzt. Die Mehrheit der rechtswidrigen Verhaftungen ereignete sich in den Städten Westpapuas. Eine geringere Zahl von Festnahmen wurden aus anderen indonesischen Großstädten in Sulawesi und Java berichtet.

Insgesamt geht LBH Jakarta von 1.783 rechtswidrige Festnahmen aus. Allein am 2. Mai 2016 nahm die Polizei Indonesienweit 1,735 indigene Papuas fest, davon 1,449 Verhaftungen in Jayapura, 118 in Merauke, 45 in Semarang, 42 in Makassar, 40 in Fakfak, 27 in Sorong und 14 in Wamena. Die Mehrzahl der festgenommenen Demonstranten wurde spätestens am darauffolgenden Tag freigelassen. In Jayapura schlugen Polizisten einen Journalisten und mehrere Demonstranten. In Manado wurde die Demonstration ohne rechtskräftige Gründe untersagt. Journalistische Berichterstattungen über die friedlichen Proteste wurden von der Polizei in Jayapura und Fakfak streng unterbunden.

 

Foto: Verhaftungen in Sorong (Quelle: örtlicher Aktivist)

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Polizei behindern Journalisten bei Demonstration

Nach Angaben der lokalen Medienplattform Tabloid Jubi haben Polizeibeamte der städtischen Bezirkspolizei Jayapua versucht, den papuanischen Journalisten Benny Mawel daran zu hindern, Fotos einer Demonstration anlässlich des Besuches des indonesischen Ministers für die Koordination von Politik, Justiz und Sicherheit, Luhut Panjaitan, zu machen. Der Protest war von Studierenden der Cenderawasih Universität organisiert worden. Eine Gruppe von Polizeibeamten umringte den Journalisten und forderten ihn auf, das Fotografieren der Demonstration zu unterlassen. Mawel zeigte den Beamten daraufhin seinen Presseausweis, woraufhin die Beamten ihm erlaubten mit der Berichterstattung weiterzumachen. Trotzdem unternahmen vereinzelte Beamte Versuche, Benny Mawel mit Sprüchen wie “du willst uns wohl herausfordern” einzuschüchtern.

 

Benny Mawel gab an, dass derartige Vorfälle keine Seltenheit sind, da viele Polizeibeamte in Papua ein unzureichendes Verständnis hinsichtlich des indonesischen Pressegesetztes (No. 40, 1999) haben. Dieses legt klar die Aufgaben der Presse und die Wichtigkeit der Pressefreiheit dar. Repressives Verhalten von Polizeibeamten gegenüber Journalisten sei besonders während Demonstrationen, die in Verbindung mit dem friedlichen Kampf um Unabhängigkeit stehen oder aber in Gerichtsverfahren mit politischer Dimension zu beobachten. Mawel nannte hierbei das Gerichtsverfahren gegen Forkorus Yaboisembut und andere Westpapuaaktivisten von 2012 als Beispiel. Die Aktivisten waren wegen Hochverrats zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil sie den dritten Papua Kongress in Abepura organisiert und veranstaltet hatten.

 

Benny Mawels Beobachtung deckt sich mit dem Bild, welches von der Allianz unabhängiger Journalisten in Jayapura (AJI) beschrieben wird. AJI hatte 2014 18 Fälle dokumentiert, bei denen Journalisten in Westpapua Opfer von Einschüchterung oder physischer Gewalt geworden waren. Die Einschränkungen der Pressefreiheit treffen nicht nur nationale und lokale Journalisten. Die indonesische Regierung verhindert den Zugang für ausländische Journalisten und Berichterstatter nach Westpapua. Ausländische Journalisten, welche in der Vergangenheit bei der Ausübung journalistischer Tätigkeit in Westpapua ertappt wurden, mussten mit Festnahme und Deportation rechnen. 2014 wurden zwei französische Journalisten strafrechtlich verfolgt und zu zwei Monaten und 15 Tagen Haft verurteilt, weil sie sich mit Mitgliedern der Unabhängigkeitsbewegung Westpapuas OPM getroffen hatten. Ende letzten Jahres gab Präsident Joko Widodo das öffentliche Versprechen, Westpapua für internationale Berichterstattung zu öffnen. Bisher wurde das Versprechen noch nicht in die Tat umgesetzt.

Bild: Mawel wird von Polizeibeamten bedrängt (Quelle: JUBI)

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Joko Widodo besucht Berlin

18.04.2016 – Der indonesische Präsident Joko Widodo (Jokowi) besucht heute Berlin. Obwohl Indonesien im südostasiatischen Vergleich oft vordergründig als Paradebeispiel für Demokratisierungs- und Reformprozesse angeführt wird, hat Jokowi doch mit grundlegenden Konflikten im Inland und dem Vorwurf von massiven Menschenrechtsverletzungen zu kämpfen.

Nachdem Deutschland 2013 Kampfpanzer, Schützenpanzer und gepanzerte Fahrzeuge an das indonesische Heer verkaufte ist nun nicht einsehbar, wie diese in internen Konflikten wie dem in Westpapua eingesetzt werden. In dieser östlichsten Region Indonesiens fordern indigene Papua ihre Unabhängigkeit worauf die staatlichen Sicherheitskräfte mit Gewalt und Festnahmen reagieren. 2015 kam es in den beiden Westpapua Provinzen zu hunderten von Festnahmen während politischer Demonstrationen. Politische Gefangene, Tötungen von Zivilisten, Folter und Rassismus gegen Indigene prägen das Bild Westpapuas. Die International Coalition for Papua brachte dazu unlängst einen umfangreichen Menschenrechtsbericht heraus.

Angesichts verübter Menschenrechtsverletzungen des indonesischen Militärs gewährt Indonesien Menschenrechtsbeobachtern der UN keinen und ausländischen Journalisten nur sehr kontrollierten Zugang zu der Konfliktregion. Dass deutsche Waffen keine Rolle bei den Menschenrechtsverletzungen spielen kann so nicht unabhängig überprüft werden.

Das Westpapua-Netzwerk fordert von der Bundesregierung stärkeres Engagement für eine friedliche Konfliktlösung in Westpapua. Dabei müssen Zugang für unabhängige Beobachter und Beendigung der Gewalt in der Konfliktregion gefordert werden.

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Staatsbesuch des indonesischen Präsidenten: Merkel und Gauck fordern Wahrung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit

von Alex Flor

„Ich habe große Hochachtung, vor dem was bereits erreicht ist. Und wir werden sehr eng zusammenarbeiten bei den Fragen, die noch zu klären sind: Rechtssicherheit, Menschenrechte, Rechtssysteme. All das sind große Aufgaben, in denen wir uns weiter austauschen werden.“ Mit diesen Worten schloss Bundeskanzlerin Merkel ihre Zusammenfassung über das Gespräch mit Indonesiens Staatspräsident Joko Widodo auf der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz.

Man habe aber auch über die Gefahren gesprochen, die sich aus der weiteren Rodung der Tropenwälder ergeben. „Ich habe den Präsidenten ermuntert, diesen sehr schwierigen Weg der nachhaltigen Landwirtschaft, des nachhaltigen Palmölanbaus zu gehen und die Natur zu schützen“, so die Kanzlerin. Bezüglich der Menschenrechte habe man sich intensiv über die Situation in Westpapua und Aceh ausgetauscht.

Bundespräsident Gauck forderte in seinem Gespräch mit dem indonesischen Präsidenten diesen dazu auf, die Todesstrafe abzuschaffen. Besonders, wenn es um Menschenrechte gehe, müssten Regierungschefs manchmal vorangehen, sagte Gauck.

Diese Äußerungen dürfen als Erfolg der Informations- und Lobbyarbeit gewertet werden, die von deutschen und europäischen Menschenrechts- und Umweltorganisationen kontinuierlich geleistet wird. Fast sämtliche Forderungen, die von Watch Indonesia!, Amnesty International, dem West Papua Netzwerk, Rettet den Regenwald und Robin Wood durch öffentliche Statements und Demoaktionen vor und während des Staatsbesuchs vorgetragen wurden, fanden Eingang in die Erklärungen der Kanzlerin wie auch des Bundespräsidenten.

Eine bedauerliche Ausnahme ist die Forderung nach Aufarbeitung der blutigen Vergangenheit Indonesiens in den Jahren 1965/66 als 500.000 bis eine Million Kommunisten und deren scheinbare Sympathisanten massakriert wurden. Watch Indonesia! sieht in diesem Ereignis den eigentlichen Beginn einer Kultur der Straflosigkeit, die bis heute anhält.

Indonesische Journalisten waren angewiesen, auf der Pressekonferenz keine Fragen zu stellen, die sich auf die Ereignisse von 1965 beziehen. Verschiedene in Deutschland lebende indonesische JournalistInnen und andere VertreterInnen der Zivilgesellschaft standen nicht auf der Einladungsliste der indonesischen Botschaft zum Empfang des Präsidenten oder wurden explizit wieder ausgeladen.

Auch sonst gab sich die Botschaft in Berlin alle Mühe, die Gepflogenheiten aus der Ära des früheren Diktators Suharto aufrecht zu erhalten. Zu einem Zeitpunkt, als ausgewählte indonesische Staatsbürger bereits ihre Einladungen erhalten hatten, verweigerte sie gegenüber Watch Indonesia! jegliche Information über den geplanten Programmablauf. „Wir wissen nichts und können keine Auskunft geben,“ hieß es. Während der Demonstration am Montag wurde versucht, den Präsidenten von den Protesten abzuschirmen. Bei der Einfahrt in die Botschaft verdeckte eine Schar bezahlter fähnchenschwingender „Jubelperser“ seine Sicht und versuchte die Stimmen der DemonstrantInnen zu übertönen. Aus Indonesien mitgereiste Presseleute wurden davon abgehalten, Aufnahmen oder Interviews mit den Protestierenden zu machen.

Es war nicht nur ein sinnloses Unterfangen, denn Präsident Joko Widodo (Jokowi) und Kabinettssekretär Pramono Anung hatten unsere Presseerklärung noch im Flugzeug sitzend bereits am Tag zuvor zur Kenntnis genommen. Vielmehr war die Abschottung auch unnötig, denn viele UnterstützerInnen der gestrigen Aktion sind indonesische StaatsbürgerInnen, die bei den letzten Wahlen für Jokowi gestimmt hatten. Ihr Protest sollte ihn an seine Versprechungen erinnern und ihm gegenüber rückwärts gewandten Leuten, die ihn umgeben, den Rücken stärken. Eine dieser Personen ist der amtierende Botschafter der Republik Indonesien in Berlin, Dr. Fauzi Bowo. Er war der ehemalige Gouverneur der Hauptstadt Jakarta, der trotz seines teilweise schmutzigen Wahlkampfes seinerzeit von Jokowi aus dem Amt gejagt wurde und vom damaligen Präsidenten als Entschädigung zum Botschafter ernannt wurde.

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Punks for West Papua

„Punks for West Papua“ ist eine Bewegung in Australien, die von Musiker Jody Bartolo und dessen Punkband „Diggers with Attitude“ gestartet wurde. Das Ziel ist, Bewusstsein für die Menschenrechtsverletzungen in Westpapua zu erwecken und Geld für die Befreiungsbewegung Westpapuas zu sammeln. Über 50 Bands in sieben Städten Australiens nahmen bisher an Benefizveranstaltungen von Punks for West Papua teil. Ein Dokumentationsfilm über die Bewegung ist auf der Website erhältlich. Die Erlöse des Filmverleihs und der Filmverkäufe gehen an die ULMWP Bewegung (United Liberation Movement of West Papua).

Hier geht´s zur Website von Punks for West Papua

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Kritik an Regierung wegen Umgang mit Unabhängigkeitsbewegung

Mitglieder der Kommission I des Indonesischen Repräsentantenhauses haben in einer öffentlichen Anhörung mit Regierungsvertretern Kritik wegen mangelnder Initiative im Umgang mit der Unabhängigkeitsbewegung Westpapuas geäußert. Die Kommission I ist verantwortlich für die Verteidigung und auswärtige Angelegenheiten. Nach Meinung mehrerer Kommissionsmitglieder fehle der Regierung, insbesondere dem Außenministerium, an einem einheitlichen Ansatz um gegen die internationale menschenrechtsbasierte Unabhängigkeitskampagne von Papuagruppen vorzugehen, welche langsam aber sicher immer mehr Zuspruch im Ausland finde.

Der Vorsitzende der Kommission I, Mahfud Siddiq, erklärte, dass die Regierung versagt habe Schadensbegrenzung in Hinblick auf die wachsende Unabhängigkeitsbewegung zu betreiben und forderte das Außenministerium dazu auf diesbezüglich enger mit anderen Regierungsinstitutionen und Ministerien zusammenzuarbeiten. Er schlug vor den Versuch zu unternehmen, sich mit Mitgliedern der Unabhängigkeitsbewegung auf Abkommen zu einigen, welche Separatisten dazu bewegen sollen deren Bestrebungen aufzugeben. Dabei nahm Mahfud vermutlich Bezug auf eine Gruppe von ehemaligen OPM Mitgliedern, die sich Ende Januar 2016 mit dem Chef des indonesischen Geheimdienstes (BIN) trafen um eine Amnestie sowie Wiedereingliederungsbeihilfe auszuhandeln.

Der Minister für politische-rechtliche Angelegenheiten und Sicherheit, Luhut Pandjaitan, reagierte positiv auf die Vorschläge des Repräsentantenhauses und betonte, dass die Regierung bereit für Gespräche mit Unabhängigkeitsgruppen sei. Die indonesische Außenministerin, Retno Mursadi, bezweifelte die These, dass die Unabhängigkeitsbewegung im Ausland zunehmende Unterstützung finde. Nach einer kurzen Stellungnahme bat sie schließlich darum die Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen, da es sich bei hierbei um ein äußerst heikles Thema für die Regierung handle.

Die Kritik des Repräsentantenhauses scheint auch Ausdruck für den Missmut vieler Abgeordneter gegenüber dem neuen politischen Kurs von Präsident Joko Widodo zu sein. Im Januar hatte Jokowi sein Kabinett dazu aufgefordert, statt eines sicherheitsbasierten Ansatzes einen gemäßigten Ansatz im Umgang mit Separatismus in Westpapua zu verfolgen. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte die indonesische Regierung in naher Zukunft hinsichtlich des politischen Konflikts in Westpapua unternehmen wird. Friedensaktivisten und das indonesische Institut für Wissenschaften LIPI fordern seit Jahren einen Dialog zwischen Westpapua und Jakarta. Mit der Kritik von Seiten der Legislative wächst der Druck auf die Regierung aktiv zu werden – bleibt die Frage ob sie hierbei einen gemäßigten Kurs in Richtung Dialog bevorzugt wird.

 

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Korruption in West Papua – Einzelfall oder gängige Praxis?

Seit der Einrichtung der Indonesischen Kommission zur Bekämpfung von Korruption KPK werden immer häufiger Ermittlungsverfahren gegen hohe Regierungsvertreter und Beamte eingeleitet. Im Zuge der nationalen Großoffensive gegen Korruption sind während des vergangenen Jahres auch Regierungsvertreter und Staatsbeamte in Westpapua wiederholt wegen Korruption verhaftet und verurteilt worden.

Im November 2015 wurde der ehemalige Gouverneur der Provinz Papua, Barnabas Suebu, zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Suebu soll während seiner Amtszeit über 43 Milliarden Rupiah staatliche Entwicklungsgelder für Bauprojekte in den Landkreisen Paniai, Sentani und Mamberamo veruntreut haben. Suebu hatte 2008, 2009 und 2010 Projekte für die Errichtung von Wasserkraftwerken an seine eigene Firma PT. Konsultasi Pembangunan Irian Jaya (KPIJ) vergeben, obwohl diese nicht die entsprechenden Ressourcen besaß, die Projekte umzusetzen. Die Staatsanwaltschaft hatte in Anbetracht der hohen Summe eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten gefordert.

Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Der Landrat von Sarmi, Mesak Manibor muss sich seit Mai 2015 wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht verantworten. Ermittlungen ergaben, dass der Landrat zweieinhalb Milliarden Rupiah aus der Staatskasse für die Renovierung und den Ausbau seines Privathauses verwendet haben soll. Der Prozess gegen den Landrat war bereits Mitte 2015 eröffnet worden – bisher kam es aufgrund von gesundheitlichen Schwierigkeiten zu wiederholten Verzögerungen im Prozessablauf. Der Fall ist einer von vielen Korruptionsverfahren, die gegen Landräte in West Papua in den vergangenen Jahren eingeleitet wurden. 2014 war der Landrat von Maybrat, Bernard Sagrim, wegen der Veruntreuung von drei Milliarden Rupiah zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt worden.

2014 hatte der Korruptionsfall von Labora Sitorus indonesienweit für öffentliche Empörung gesorgt. Der ehemalige Polizeibeamte des regionalen Polizeireviers Raja Ampat hatte seine Position als Polizeibeamter dazu missbraucht, um Unmengen von Geld mit illegaler Abholzung zu verdienen. Die Einnahmen wusch er anschließend mit mehreren Geschäften. Die illegalen Machenschaften des ehemaligen Polizeibeamten waren aufgefallen, weil sich auf seinem privaten Bankkonto eineinhalb Trillionen Rupiah angehäuft hatten. Bei der Beschlagnahmung von Beweismitteln konfiszierte die Polizei weitere Vermögenswerte von mehr als sechs Milliarden Rupiah. Labora Sitorus wurde im September 2014 zu 15 Jahren Haft verurteilt, die er derzeit im berüchtigten Gefängnis Cipinang in Einzelhaft verbüßt.

Foto: Barnabas Suebu. Quelle: Tabloid JUBI

 

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